Der Tote in der Kapelle

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2018
  • 2
  • Las Vegas: Thomas Mercer, 2015, Titel: 'A man of some repute', Originalsprache
  • München: Goldmann, 2018, Seiten: 413, Übersetzt: Peter Beyer
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Jörg Kijanski
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2018

Kurzweiliger englischer Landhauskrimi

1953. Eine Schussverletzung am Bein zwingt Geheimagent Hugo Hawksworth seine aktive Laufbahn aufzugeben. Notgedrungen willigt er ein, fortan nicht mehr in London, sondern im verschlafenen Städtchen Selchester zu arbeiten. Ausgerechnet ein Schreibtischjob in Thorn Hall, dem Kriegsarchiv, soll es sein. Gemeinsam mit seiner dreizehnjährigen Schwester Georgia kann Hawksworth in Selchester Castle wohnen, dessen Schlossherr im Januar 1947 verschwand.

Lord Selchester empfing an jenem Abend seinen Sohn Lord Arlingham, seine Tochter Lady Sonia, seine Nichte Freya sowie vier weitere illustre Gäste. Nachdem er sich auf sein Zimmer zurückzog fehlte plötzlich jede Spur von ihm. Man mutmaßte, er habe sich nach draußen begeben und wäre aufgrnud starker Schneefälle vom Weg abgekommen und in einen der Moraste unweit des Schlosses geraten. Hawksworth fürchtet sich bereits vor seiner langweiligen Bürotätigkeit, doch einen Tag nach seiner Ankunft wird bei Reparaturarbeiten unter den Steinfliesen in der Alten Kapelle des Schlosses ein Skelett gefunden.

"Denken die, es ist Mord?"
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es für etwas anderes halten können. In aller Regel vergraben sich Leichen nicht selbst unter Steinfliesen."

Superintendent Mac Leod übernimmt den Fall und findet anhand eines Zahnvergleichs heraus, dass es sich um die Überreste von Lord Selchester handelt. Für MacLeod ist der Fall schnell geklärt, da es an besagtem Abend im Jahr 1947 einen Streit zwischen Lord Selchester und seinem Sohn Lord Arlingham sowie seiner Nichte Freya, die heute das Schloss bewohnt, gab.

Da die beiden vorzeitig die Runde verließen, wird Lord Arlingham als Täter angenommen, was überaus praktisch ist, da dieser im März 1947 verstarb. Da MacLeod zudem vermutet, dass Freya an der Tat beteiligt war, will diese gemeinsam mit Hawksworth den Fall noch einmal aufrollen...

Ein klassischer Landhauskrimi in bester englischer Tradition

"Der Tote in der Kapelle" erfreute sich in Großbritannien großer Beliebtheit, was wenig überrascht, da der Roman ein klassischer Landhauskrimi in bester englischer Tradition ist. Dabei steht nicht nur die Familie des ermordeten Lords sowie seine Gäste am Abend seines Verschwindens (Todes) im Vordergrund, sondern ebenso die alltäglichen Begebenheiten, die das Leben auf dem Land auszeichnen, beispielsweise eine besonders gut informierte wie neugierige Nachbarschaft. So wird gerne viel getrascht und gelästert, was man wahlweise als Atmosphäre oder Seitenfüllerei bezeichnen kann. Gleichwohl gelingt es der Autorin sehr gut, einige Längen und Schleifen hin oder her, das Flair des Landlebens einzufangen. Dass die Geschichte dabei nur wenige Jahre nach Kriegsende spielt, hätte allerdings gerne ausführlicher thematisiert werden dürfen.

"In welchem Regiment war er?"
"Viertes Husaren. Aber er hat sich freiwillig für Sondereinsätze gemeldet und ist schließlich beim Special Air Services gelandet. Das ist einer der Gründe, weshaln Superintendent MacLeod glaubt, er habe es getan. Er war zum Töten ausgebildet worden."
"Ich dachte, Soldaten töten Feinde und keine Earls. Geschweige denn ihre Väter."

Zunächst wird der Leser mit einer großen Zahl beteiligter Personen erschlagen. Neben den sieben Gästen am Abend des Januar 1947 kommen noch diverse Hausangestellte und zahlreiche Dorfbewohner vor. Ein Namensverzeichnis wäre hilfreich gewesen. Freya und Hawksworth kommen nur langsam dem Verlauf des besagten Abends auf die Spur. Verständlich, denn die Beteiligten erzählen nahezu dasselbe, was sie vor Jahren der Polizei auch schon sagten.

Derweil zeigt sich, dass der Lord allseits höchst unbeliebt war und die meisten froh sind, dass er nun definitiv unter der Erde liegt. Auch innerhalb der hochadeligen Familie zeigen sich einige Risse, zumal Lady Sonia es kaum erwarten kann, dass Schloss zu verkaufen und ihren ohnehin schon stattlichen Reichtum zu vermehren.

Die junge Gloria wirkt wie ein üblicher Teenager, der manchmal etwas albern, dann wiederum sehr altklug daher kommt. Trotz einiger altersbedingter Quasselei eine nicht unwichtige Figur. Beim Finale überzeugt allerdings ausgerechnet Last Hurrah, das oft störrische Pferd von Freya. Viel Nebel (in jeder Hinsicht), englischer Humor und zahlreiche Sätze, in denen Tee zubereitet wird, runden den Lesespaß ab. Bei der Auflösung wird man übrigens ansatzweise an einen sehr bekannten Roman von Agatha Christie erinnert.

Der Tote in der Kapelle

Elizabeth Edmondson, Goldmann

Der Tote in der Kapelle

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