Böse Schatten
- Penguin
- Erschienen: Januar 2018
- 2
- München: Penguin, 2018, Seiten: 416, Originalsprache
Zähflüssiger Anfang, dann kommt Leben in die Bude
Läuft im Hause Stachelmann?
Josef Maria Stachelmann hat es geschafft. Eigentlich. Ihm ist in Hamburg die Professur angetragen worden und er lebt mit seiner Freundin Anne und deren Sohn Felix zusammen. Man könnte sagen: Läuft. Dennoch könnte man das nur sagen: Die ersehnte Professur bringt die Einsicht, dass er sich offensichtlich auch mit Leuten herumschlagen muss, die aus Prestigegründen seine Beteiligung wünschen.
Die aber gebraucht werden, denn sie spülen Fördermittel in die leeren Unikassen. Das Zusammenleben mit Anne und Felix gestaltet sich auch wesentlich schwieriger als gedacht. Zwischen Anne und Stachelmann kommt es immer öfter zu Konflikten, wird nicht gestritten, schweigen sie sich an und auch die Beziehung zu Felix steht nicht unter allzu günstigen Sternen. Da kommt es doch schon fast wie gerufen, als die Polizei Stachelmann um Unterstützung in einem neuen Fall bittet. Zufällig wurde die Leiche eines vor mehr als 25 Jahren als vermisst gemeldeten Mannes gefunden, in seinem Mund befindet sich ein eigenartiges Papierstück und so wird der Historiker auf den Plan gerufen.
Die Sprache wirkt teilweise schroff und abgehakt
Was die Lektüre von von Ditfurths mittlerweile siebtem Band zu seinem Held Stachelmann eingangs nicht unbedingt einfach macht, ist die offensichtliche Abneigung des Autoren Nebensätzen zu verwenden. Subjekt, Prädikat, Objekt - fertig ist die Laube. Damit wirkt die Sprache teilweise schroff und abgehakt.
Die Motive und das Empfinden der Personen bleiben fremd, Sympathien können sich nur schwerlich entwickeln. Schwierig ist auch das Empfinden des Lesers gegenüber dem Helden Stachelmann, der sich ähnlich borstig präsentiert, wie es sein Name vermuten lässt. Warum geht er seine Probleme nicht an, warum sucht er nicht nach Lösungen? Warum vermutet er in jeder Frage seiner Lebensgefährtin eine Beleidigung oder eine Attacke?
Bombe "light" als kleine Bagatelle?
Nach diesem holprigen Start, der auch durch die unklare Frage erschwert wird, warum die Polizei ihn wegen eines - möglicherweise nach 20 Jahren belanglosen - Papierschnipsels in ihre Untersuchungen mit einbezieht, nimmt die Handlung langsam Fahrt auf. Anfangs passiert das durch eine gewisse Action, die an die Verstrickungen in Cobra 11 erinnert, wo auch mal gerne ein Wagen explodiert.
Hier stellt sich die Frage, ob sich der Autor nicht eine Bombenexplosion, die immerhin einen Wagen in Stücke reißt, nicht zu sehr als Bagatelle vorstellt, steigen doch die Insassen ohne eine Schramme wieder aus. Zu Bedenken gegeben werden sollte auch, ob ein gesuchter Mörder durch solche Aktionen nicht noch zusätzlich weiteres Augenmerk auf sich lenkt und daher vor einem solchen Schritt vermutlich eher zurückschrecken würde. Generell ist das Zünden von Bomben in deutschen Großstädten eher weniger an der Tagesordnung als hier möglicherweise konstruiert wird.
Das eigenwillige Helferlein Georgie bringt Schwung in die Geschichte
Glaubhafter und schwungvoller wird die Handlung aber erst, als Stachelmanns alter Weggefährte und eigenwilliges Helferlein Georgie wieder auf der Matte steht. Mit einer gehörigen Portion Frechheit ausgestattet, bringen seine Aktionen neuen Schwung in die bisher recht behäbige Handlung. Hier muss ich als Erstleserin der "Stachelmann-Reihe" aber auch bemerken, dass Georgies Handlungen teilweise weniger von gewissem Charme als von Unverschämtheit zeugen und sich mir daher nicht erschließt, warum sich ein erwachsener Mann, der immerhin mittlerweile einen hohen akademischen Grad bekleidet, so etwas gefallen lässt. Hier muss ich aber sicherlich auch einräumen, dass Georgie ja seit diversen Bänden eine Rolle spielt und somit sicherlich der Stammleserschaft als frischerer und unkonventionellerer Sidekick präsentiert wurde, als es hier den Eindruck macht.
Nicht nachvollziehbar auch die Liebesgeschichte, zwischen der eingangs ermittelnden Polizistin Rebekka Kranz und unserem Helden. Er - offensichtlich nicht mehr der Neueste, mit arthritischen Knien und ordentlichem Ranzen - schafft es im Handumdrehen, die als spröde beschriebene Polizistin um den kleinen Finger zu wickeln und das geht so weit, dass sie in kürzester Zeit bereit ist, ihm zuliebe eine bisher glänzende Karriere zu opfern. Überhaupt ist in diesem Roman den Liebesirrungen und -wirrungen des Helden ein großes Feld bereitet.
Dennoch: Mit zunehmend spannender Handlung, die verschiedene Aspekte des damaligen "kalten Krieges" zwischen Ost und West beleuchtet, konstruiert der Autor einen unterhaltsamen Roman mit einem schlüssigen Ende, wenn ich mich persönlich auch immer frage, warum Mörder offensichtlich Gefallen daran finden, ihr ureigenes Damokles-Schwert an prominenter Stelle anzubringen. Aber da ich nicht vorhabe, jemanden von Diesseits ins Jenseits zu befördern, erschließt sich mir vielleicht auch deren Gedankenwelt nicht.
Abschließend ist das Verbrechen aufgeklärt, nicht aber Stachelmanns private Befindlichkeiten. Aber da wird sich der manchmal borstigen Seele des Helden bestimmt im nächsten Band noch ein Feld eröffnen.
Christian von Ditfurth, Penguin
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