Das Gift der Wahrheit

  • Diana
  • Erschienen: Januar 2018
  • 3
  • München: Diana, 2018, Seiten: 432, Originalsprache
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Carola Krauße-Reim
30°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2018

Absurd konstruierte Geschichte tötet jede Spannung

Hier haben Frauen das Sagen

Wenn es für die Mannheimer Kripo und Staatsanwaltschaft eine Frauenquote geben sollte, so hat sie die Autorin in diesem Buch mit Sicherheit erfüllt. Alexis Hall, Karen Hellstern, Martina Dolce als Chefin der Kripo und Linda Landgraf als Staatsanwältin führen das Kommando. Für Männer sind lediglich Nebenrollen vorgesehen. Auch in Zeiten der Gleichberechtigung ist dieses Szenario wohl mehr Wunschvorstellung als Wirklichkeit. Dass die Frauen dann auch noch über den Beruf hinaus freundschaftlich verbunden sind macht das ganze nicht realistischer.

Völlig überzeichnete Protagonisten

Schon die Vorstellung der Mannheimer Kripo zu Beginn des Buches ruft ein Kopfschütteln hervor, was sich bei der Lektüre dann nicht abstellen lässt. Die Hauptkommissarin ist die Tochter von Serienmördern, die Kriminalbiologin fährt einen himmelblauen Bulli, die Chefin hält Besprechungen an den unmöglichsten Orten ab, weil sie an einer Abhörphobie leidet und die lesbische Staatsanwältin sieht aus wie ein Model.

Mit den wenigen männlichen Figuren ist es nicht anders. Hier gibt es den sexy Franzosen mit den grauen Augen, den lammfrommen Schrank von einem Polizisten, das rassistische, frauenfeindliche Arschloch und den Warmherzigen, der Tiere der Mordopfer bei sich aufnimmt. Die völlige Überzeichnung macht die Protagonisten nicht zu Charakteren, sondern zu unglaubwürdigen realitätsfernen Figuren, die der Geschichte die Grundlage der Glaubwürdigkeit nehmen.

Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt

Frei nach diesem Motto scheint die Autorin ihren Plot gestrickt zu haben, denn alle logischen Hürden (und davon gibt es wahrlich genug) werden einfach passend gebogen, damit die Geschichte weiter funktioniert. Es bedarf keiner großen Hintergrundrecherche, schon der simple Menschenverstand reicht um dieses Defizit zu erkennen. Dabei bleibt nicht nur die Plausibilität sondern auch die Spannung auf der Strecke. Wenn man Plot und Charaktere nicht ernst nehmen kann, fehlt der Einstieg in die Geschichte, die damit nur noch langweilig dahin plätschert anstatt fesselnd zu sein.

Auch der Versuch das durch Vielschichtigkeit wett zu machen, indem man zwei Nebenstränge eröffnet ging schief. In einem wird Kommissarin Hall von ihrem Onkel eines Verbrechens beschuldigt, das schon Jahrzehnte zurückliegt und damals ausgiebig untersucht wurde. Aber natürlich wird auch für dieses Problem eine Lösung präsentiert, die abwegiger nicht sein könnte. Logik, wo bist du? Der zweite Strang sind amouröse Abenteuer und Probleme der Protagonisten. Das ist ja ganz nett, aber unnötig und rettet die Geschichte auch nicht mehr.

Temperance Brennan lässt grüßen

Julia Corbin ist Biologin, was die ausgiebige Darstellung der kriminalbiologischen Arbeit erklärt und dabei doch stark an die von Kathy Reichs erdachte Temperance Brennan erinnert. Die Vorgänge in Hellsterns Labor werden weitschweifig und mit zahllosen Wiederholungen ausgebreitet, was keine Spannung sondern nur Langeweile generiert. Und obwohl die Autorin vom Fach ist, bleibt auch hier so manches fragwürdig. So kann Karen Hellstern Geschlecht und Alter einer halbverwesten Leiche auf Anhieb erkennen und kleine Fingerknochen aus meterweiter Entfernung ausmachen.

Ihr Meisterstück ist es, menschliche DNA und einen Einzeller aus dem Blut von einem, von einer Mücke Gestochenen zu extrahieren und zu bestimmen, wobei sich das Blut im Magen der Mücke befindet und diese sich wiederum im Magen einer kleinen Spinne, die in Kunstharz gegossen ist. Hier ist wohl wieder einmal die dichterische Freiheit mit der Autorin durchgegangen. Was als wissenschaftlicher Aufhänger gedacht war, wird zum abstrusen Durchhänger, der durch die doch recht simple Sprachgewandtheit der Figuren noch verstärkt wird.

Nur etwas für Arachnophobiker

Das Gift der Wahrheit ist bereits der zweite Thriller von Julia Corbin. Für mich wird es allerdings auch der Letzte sein. Plot, Figuren und Schluss sind so unrealistisch, dass die Lektüre einfach überhaupt keinen Spaß macht. Wer allerdings Spinnen so gar nicht mag, könnte sich bei den unzähligen Exemplaren, die immer en masse irgendwo rumkrabbeln und herzhaft zubeißen, vielleicht doch gruseln. Allerdings bleibt die Geschichte auch dann mehr Märchen als Thriller.

Das Gift der Wahrheit

Julia Corbin, Diana

Das Gift der Wahrheit

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