Stumme Wut

  • HarperCollins
  • Erschienen: Januar 2018
  • 2
  • London: Killer Reads, 2015, Titel: 'For reasons unknown', Seiten: 325, Originalsprache
  • Hamburg: HarperCollins, 2018, Seiten: 415, Übersetzt: Peter Friedrich
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2018

Mainstream at its best

Detective Chief Inspector Matilda Darke, Chefin der Mordkommission von Sheffield, war neun Monate nicht im Dienst. Zuerst starb ihr Mann, danach ging die Lösegeldübergabe bei der Entführung eines siebenjährigen Jungen schief, von dem seither jede Spur fehlt. Es folgten Therapiesitzungen, doch nun drängt es Matilda zurück an die Front. Nicht alle Kollegen freuen sich über ihre Rückkehr, vor allem der stellvertretende Chief Inspector Ben Hales versteht die Welt nicht mehr.

Nicht nur, dass er selber längst den Job von Matilda hätte bekommen müssen, sondern auch der Umstand, dass dieses menschliche Frack, offensichtlich noch nicht wieder dienstfähig und zeitweise dem Alkohol verfallen, überhaupt ermitteln darf, geht ihm gegen den Strich. Matilda bekommt zwar eine neue Chance, allerdings hat ihre Chefin ebenfalls Bedenken, sie direkt in ihrer alten Position einzusetzen. Sie soll erst beweisen, dass sie erneut voll einsatzfähig ist und daher einen "cold case", einen alten Fall lösen.

Enthüllungsjournalist fällt durch verdächtiges Detailwissen auf

Vor 20 Jahren wurden die Eltern von Jonathan Harkness, damals elf Jahre alt, brutal ermordet. Er selber war zur Tatzeit im Haus, blieb traumatisiert zurück und konnte erst anderthalb Jahre später wieder sprechen, ohne sich dabei an die Geschehnisse erinnern zu können. Sein 15-jähriger, verhasster Bruder Matthew verschwand damals für drei Tage, doch jetzt, zwei Jahrzehnte später, wird seine brutal entstellte Leiche gefunden. Hat der Mörder von damals wieder zugeschlagen? Während Matilda die alten Unterlagen durchsieht, ermittelt Hales im aktuellen Fall, wobei sich die Beiden ordentlich in die Quere kommen.

Jonathan selbst ist nach wie vor der typische Einzelgänger, dessen Nachbarin Maun ein auffälliges Interesse an ihm zeigt. Ebenso wie ein Enthüllungsjournalist, der über den damaligen Doppelmord ein erfolgreiches Buch schrieb, welches durch auffälliges Detailwissen überraschte...

Ein packender Thriller nach dem Baukasten-System

Michael Wood, quasi ein "Kollege", da er für das Internetmagazin Crimesquad Krimis rezensiert, legt mit "Stumme Wut" ("For Reasons Unknown") einen packenden Erstling vor, der sich zwar als Mainstream-Ware entpuppt, aber dennoch überzeugt. Wer nichts gegen gängige Konfektionsware hat, der wird hier bestens bedient. Zwar ist einiges konstruiert, nicht alles neu und schon gar nicht alles nachvollziehbar (zum Beispiel, dass eine nach Alkohol riechende Ermittlerin - Matilda - nicht suspendiert wird oder das spätere Verhalten von Hales), aber dies sind eher Kleinigkeiten über die man durchaus hinwegsehen kann. 

Dass das Ende nicht jeden Leser überraschen wird, ist da schon eher ein bisschen ärgerlich, aber bis dahin gibt es immerhin einige Kapriolen zu bestaunen.

"Ich habe außerhalb einer Waterstone-Filiale noch nie so viele Bücher auf einem Haufen gesehen."
"Hören Sie auf, Rory - wann haben Sie denn das letzte Mal einen Fuß in einen Buchladen gesetzt?"
"Ich habe letztes Jahr das Guinness-Buch der Rekorde gekauft."
"Nicht gerade ein Booker-Preisträger."
"Ein was?"

Die Polizeiarbeit wird gut dargestellt, was wenig überrascht, da der Autor als Gerichtsreporter über zahlreiche Fälle aus seiner Heimatstadt berichtet hat. Ebenfalls kommen die gesundheitlichen Einschränkungen von Jonathan und Matilda ausführlich zur Sprache so wie das extrem angespannte Verhältnis zwischen Matilda und Hales.

Vor allem die Figur der Haupt-Protagonistin ist sehr bildhaft und überzeugend gelungen, die nach den beiden Schicksalsschlägen (Tod des Ehemanns, missglückte Lösegeldübergabe) mit dem Wiedereinstieg in ihren Job zu kämpfen hat. Der Spannungsbogen ist ordentlich, da mehrere Figuren ihre Geheimnisse haben (die man im Fall des Enthüllungsjournalisten bei sorgfältiger Polizeiarbeit aber auch durchaus schon früher hätte lösen können). Fazit: Ein sauberes Debüt mit kleinen Schwächen und einer Ermittlerin, der man weitere Fälle wünscht.

Stumme Wut

Michael Wood, HarperCollins

Stumme Wut

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