Der Preis des Todes

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2018
  • 3
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2018, Seiten: 416, Originalsprache
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Andreas Kurth
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2018

Tödliche Intrigen im Polit- und Medienzirkus

Eine Karriere im Medien-Zirkus ist auf höherer Ebene ein äußerst schmaler Grad. Das merkt auch Sarah Wolf, Produzentin und Moderatorin einer eigenen Polit-Talkshow. Ihre Arbeit wird nicht einfacher durch ihre Beziehung zu Christian Wagner, für die SPD parlamentarischer Staatssekretär im Gesundheitsministerium. Ihm wird aktuell Lobbyismus für den Krankenhauskonzern Samax AG vorgeworfen, dabei ist er nur ehrenamtlich für eine Stiftung des Konzerns tätig.

Am Unterbacher See in Düsseldorf wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Der sterbenskranke Kommissar Paul Sellin, der Vater von Sarah Wolf, findet heraus, dass die Tote Kontakt zu Christian Wagner hatte. Als der Staatssekretär tot in seiner Wohnung gefunden wird, sieht es nach Suizid aus. Aber weder Sarah noch ihr Vater glauben daran, und beide ermitteln zunächst unabhängig voneinander. Eine Spur führt in ein Flüchtlingslager in Kenia - und Sarah muss sich bald fragen, ob sie Christian wirklich kannte.

Die Geschichte ist mal wieder ziemlich dicht an der Realität

Horst Eckert gehört für mich ohne Zweifel zu den besten Autoren von Polit-Thrillern in Deutschland. Nach den drei Bänden seiner Reihe um Vincent Che Veih hat er nun wieder einen Einzelband vorgelegt, der es wahrlich in sich hat. Eckert erzählt einmal mehr eine verständliche und klare Geschichte, und wie so oft bei seinen Büchern denkt man als Leser: Verdammt, das ist mal wieder ziemlich dicht an der Realität.

Bei Polit-Thrillern wird ja stets darüber diskutiert, wie groß der Realitätsgehalt denn wohl sein könnte.

Horst Eckert ist Journalist und Politikwissenschaftler, schon deshalb schätze ich als Kollege seine Bücher außerordentlich. Er zeigt aber auch immer wieder, dass er sein Handwerk ausgezeichnet beherrscht. Akribische Recherche, gepaart mit großer Leidenschaft für das Erzählen einer spannenden Geschichte, führt zu gleichbleibend tollen Resultaten. So wird beispielsweise das Flüchtlingslager Dadaab überaus realistisch beschrieben. Und auch die kriminellen Vorgänge in der afrikanischen Einöde werden so geschildert, dass man als Leser gleich die entsprechenden Bilder im Kopf hat.

Unterschwellige Kritik an der Quoten-Orientierung im TV

Der Roman hat nichts mit der Veih-Reihe zu tun, aber Horst Eckert lässt dennoch ein paar bekannte Figuren aufmarschieren. Die Amtshilfe in Düsseldorf übernimmt Anna Winkler, und der Autor hat auch einen Verweis auf sein jüngstes Buch davor eingebaut - überaus geschickt, wie immer.

Vor allem aber gibt es hier eine neue Protagonistin. Sarah Wolf muss sich im Haifischbecken der Medienwelt nicht nur behaupten, sondern auch noch ständig innovativ sein. Eckert lässt unterschwellig einiges an Kritik an der Quoten-Orientierung der Programmverantwortlichen beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen einfließen. Und die Frage, ob man sich den Regierenden an den Hals werfen, oder doch kritisch mit ihnen umgehen kann, wird hier gut thematisiert - ohne am Ende beantwortet zu werden.

Über die harten Bandagen in der Medienwelt kann ja jeder genug nachlesen, hier dürfte der Autor so dicht an der Realität liegen wie nur möglich. Dennoch hat er Sarah Wolf als sympathische Person gezeichnet, die immer noch versucht, ihr eigenes Profil zu bewahren - so schwierig das auch sein mag. Die menschlich tragische Nebengeschichte mit ihrem todkranken Vater ist geschickt eingebaut und überaus lesenswert.

Kriminelle Egoismen verursachen Gänsehaut

Horst Eckert sorgt mit geschickten Szenenwechseln für ständig steigende Spannung. Als Leser will man nicht nur wissen, wie die Rätsel aufgelöst werden, sondern ist auch am persönlichen und beruflichen Schicksal von Sarah Wolf interessiert. Sie hat einen Kreis weitgehend loyaler Mitarbeiter, findet Verbündete im Umfeld von Christian Wagner - muss aber auch gehen etliche Widerstände ankämpfen.

Richtig klasse ist die Recherchereise nach Kenia, für mich wird da realitätsnah gezeigt, unter welch unglaublich schwierigen Bedingungen europäische Journalisten dort arbeiten müssen, wenn sie wirklich hinter die Kulissen blicken wollen. Wie am Ende Krankenhaus-Konzern, Politik und beteiligte Mediziner miteinander verwoben sind, ist mehr als spannend geschildert. Näher will ich auf die Inhalte nicht eingehen, denn die Hintergründe der ganze Affäre muss sich der Leser selbst erschließen, sonst geht die Spannung verloren.

Wer das Buch überkritisch lesen will, mag einwenden, das ihn oder sie die Auflösung am Ende nicht wirklich überrascht hat. Mag sein. Wenn man schon Krimis in vierstelliger Zahl gelesen hat, kennt man vielleicht schon alles oder vieles. Ich hoffe aber, es gibt genug Leser, die noch nicht abgestumpft sind und immer noch Gänsehaut bekommen und den Kopf schütteln, angesichts der kriminellen Energie und der Egoismen, die hier so spannend geschildert werden. Die von Horst Eckert so spannend erzählte Geschichte ist erschreckend realitätsnah - und schon deshalb überaus lesenswert.

Der Preis des Todes

Horst Eckert, Rowohlt

Der Preis des Todes

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