Die Party
- Heyne
- Erschienen: September 2018
- 6
- München: Heyne, 2018, Seiten: 416, Originalsprache
Gruselig waren nur die Klamotten
Zehn Personen werden auf eine Party eingeladen, sie geben ihre Handys ab, der Rückweg wird verschlossen und einer nach dem anderen beißt ins Gras. Das ist eine äußerst lieblose Zusammenfassung, und selbstverständlich könnte ich mir mehr Mühe geben. Wenn diese Geschichte nicht schon gefühlte 1000-mal erzählt worden wäre. Wenn sie nicht 1000-mal gut erzählt worden wäre – insbesondere zum Beispiel von Agatha Christie unter dem jetzt politisch korrekten Titel „Und dann gab’s keines mehr“. Wenn sie nicht ausgerechnet hier in gähnend langweilig und wirr erzählt worden wäre.
Möge das Sterben beginnen
Es sind dann auch die guten, alt-bekannten Zutaten: Brandon lädt zehn seiner alten Jugendfreunde in sein hoch über den Wäldern in einer Felswand gelegenes Haus ein. Nachdem vor 30 Jahren zuletzt alle bei einer Halloween-Party zusammenfanden und offensichtlich eigenartige Vorkommnisse für einen seltsamen Beigeschmack sorgten, soll nun eine Neuauflage im Stile der 80er Jahre erfolgen – was anlässlich der seinerzeit getragenen Mode tatsächlich gruselig sein sollte – aber das nur am Rande.
Unglücklicherweise hat Brandon nicht sonderlich viel von seiner eigenen Party und das liegt nicht daran, dass er sich mithilfe eines mehrstöckigen Cocktails namens Zombie direkt ins Jenseits – im übertragenen Sinne – schießt. Hier erledigt das ein herabsausender, glitzernder Kronleuchter im tatsächlichen Sinne. Damit eröffnet sich ein wahnwitziger Reigen, denn offensichtlich sind Brandons’ Freunde nun wild entschlossen, nimmermehr von seiner Seite zu weichen und folgen ihm alsbald auf die andere Seite, wobei die Wahl der Waffen wild variiert.
Garniert wird das ganze dann noch von einer kruden Geschichte über Experimente der amerikanischen Armee mit Fruchtbarkeitsversuchen, betäubten Frauen in der Gynäkologie und Verdachtsmomenten über bisher ungeahnte Geschwister und möglichen Inzest. Winner gelingt es dabei – trotz sämtlicher Gruselzutaten – nicht, seine Leser einzufangen oder zu fesseln. Die Unzahl der Namen, der Geschichten, der Kostüme, die gruselig anmuten sollen, sind nicht dazu geeignet, auch nur einen Funken Sympathie für seine Helden zu wecken.
Wer versucht, einen Zwischenstand zu abzugeben und zu erklären, wer denn jetzt tot ist und wer sich zügig zu diesem Zustand hinbegibt, stellt fest, dass das nicht möglich ist. Schlimm ist es aber auch nicht, da aus diversen ähnlichen Geschichten hinlänglich bekannt ist, dass zum Schluss einer übrig bleibt, der es aber dann nicht war, weil sich ein anderer tot gestellt hat. Offensichtlich wurde dieser Umstand auch dem Autor bewusst und so wurde neben dem eigentlichen Motiv für die Vielzahl der Morde noch ein weiteres Motiv zusammengestrickt, das den Personenkreis der Eingeladenen und neben dem eigentlichen immer simplen Tatmotiv noch eine weitere Schiene einbringen soll.
Fruchtbarkeitsexperimente, geklaute Föten, mysteriöse Methoden
Diese zusätzliche Schiene bezieht sich auf eigenartige Versuche, die ein offensichtlich ambitionierter Gynäkologe in seiner Praxis durchführte und auch wenn das erste Retortenbaby 1978 zur Welt kam, ist sicherlich auch heute die Technik, die zu einer erfolgreichen künstlichen Schwangerschaft führt, nicht so ausgereift, dass sie jeder in seiner Garage nachbauen kann. Von den 80er Jahren ganz zu schweigen. Unklar sind auch die eigentlichen Motive, die seinerzeit zu diesen eigenartigen Versuchen führte und somit eröffnet sich wieder ein Feld, über das spekuliert werden könnte. Wenn es zu einem interessanten Ergebnis führen könnte.
Fazit:
Wer in den 80ern groß geworden ist, erkennt ein paar lieb gewordene Elemente und kann zumindest ein kleines bisschen in Nostalgie schweben, womit dann auch die 30 Grad rechtfertigt seien – aber eine ganze Geschichte trägt so ein bisschen Emotion nun mal nicht.
Jonas Winner, Heyne
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