Bordertown - Der Puppenmeister
- headroom
- Erschienen: Januar 2017
- 1
- Helsinki: Gummerus, 2016, Titel: 'Nukkekoti', Originalsprache
- Köln: headroom, 2017, Seiten: 1, Übersetzt: Oliver Siebeck
Rasanter Wechsel zwischen den einzelnen Szenen
Kaum hat man sich in die Situation eingelesen, beginnt schon ein neues Kapitel. Da fällt es schwer, sich in die jeweiligen Figuren hineinzuversetzen und diese zu begleiten, was eine Distanz schafft, die leider bis zum Ende des Buches nicht aufgehoben werden kann. Dazu trägt ebenfalls bei, dass kaum Beschreibungen der Personen erfolgen, so dass die bildliche Vorstellung leidet. Selbst Kari als partieller Ich-Erzähler kann das nicht überbrücken.
Es bleibt alles vage, so wird zum Beispiel die Krankheit von Karis Frau nur als solche bezeichnet, aber nicht, was es genau ist, genauso wenig wie die Lage der langen Narbe bekannt gegeben wird. Man erfährt kaum Privates, auch nur wenige Charaktereigenschaften, so dass alles verschwommen und diffus bleibt wie in einem Nebel, in dem nur Schatten erkannt werden können.
Indirekte Rede nimmt Dynamik
Die Autoren, es handelt sich bei J. M. Ilves um ein Pseudonym zweier finnischer Schriftsteller, wechseln abrupt zwischen direkter und indirekter Rede, was den Szenen oft ihre Stärke und Entwicklung nimmt. Besonders auffällig ist dies in einem Verhör. Gerade hier lebt die Dynamik aus dem Frage- und Antwortspiel der Figuren, was komplett zunichte gemacht wird. Die Spannung kommt nicht voran, wirkt wie mit angezogener Handbremse erzählt.
Zu viele Aspekte werden nur kurz beschrieben, anstatt sie in direkter Rede wiederzugeben. Ein Beispiel: die Familie sitzt beim Abendbrot. Karis Tochter Janina lässt spitze Bemerkungen fallen, aber darauf wird nur hingewiesen und es wird nicht wiedergegeben, was sie konkret sagt ("&, wenn man einmal von Janinas hin und wieder eingeworfene Spitzen absieht. Doch selbst die sind nun eher witzelnd als verletzend gemeint.").
Deutlich wird das ebenfalls bei der Szene, als Johanna das Verhör übernehmen will und es schafft, den Verdächtigen zum Reden zu bringen. Als Leser erfährt man nur, was sie ihren Vorgesetzten erzählt, wie sie es anstellen will, aber als sie dann den Raum betritt, ist es eine Art Black Box, die sich auch im Nachhinein nicht aufklärt.
Autoren setzen auf visuelle Anreize
Wenn man sich den Roman als Fernsehfilm ansehen würde, dann würde die optische Komponente vermehrt greifen, so dass sich die Beschreibungen erübrigen würden. Dieses Gefühl wird im Laufe des Buches immer stärker: dass die Autoren die Szenen vor Augen haben und meinen, dem Leser würde es genauso gehen, weshalb sie auf eine ausführliche Darlegung verzichten. Allerdings braucht man beim Lesen eine gewisse Anleitung, die die Fantasie anregt.
Teilweise wird der Eindruck vermittelt, als wäre der Roman unfertig und ein erster Entwurf, um ihn später noch auszuschmücken. Manche Handlungen wirken plump und unüberlegt. Es ist nicht verwunderlich, dass ein Täter, der ein entführtes Mädchen in sein Autohaus bringt, dort von seinem Komplizen aufgestöbert wird."Bordertown - Der Puppenmeister" ist der erste Band einer neuen Krimiserie. Allerdings sollten weitere Teile sorgfältiger ausgearbeitet werden, um wirklich den Stil des Nordic Noirs zu erreichen.
J. M. Ilves, headroom
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