Totentanz am Strand
- Jumbo
- Erschienen: Januar 2018
- 10
- Hamburg: Jumbo, 2018, Seiten: 4, Übersetzt: Klaus-Peter Wolf
Ist der Killer in Wirklichkeit ein Softie?
Dr. Bernhard Sommerfeldt hat sich nach seinen Morden an der ostfriesischen Nordsee-Küste ins Ruhrgebiet zurück gezogen, wo er sich vor der Polizei versteckt. Er vermisst seine ostfriesische Wahlheimat, ist aber auch unentschlossen. Er hat Angst, in Norden von Kommissarin Ann Kathrin Klaasen geschnappt zu werden. Gleichzeitig will er eigentlich nach Bamberg, um endlich Rache an seiner Familie zu nehmen, die ihn aus der Firma ausgebootet hat.
Er fährt dann doch nach Ostfriesland, schleicht um das Haus seiner Ex-Freundin Beate herum - und tötet einen Mann, der ihr Probleme bereitet. Nun will er sich seiner Familie widmen - aber seine Schwäche gegenüber Frauen, vor allem gegenüber seiner Mutter, wird zu einem dramatischen Problem.
Autor und Mörder sind bekennende Ostfriesland-Fans
Wer die Kriminalromane von Klaus-Peter Wolf um seine ostfriesische Kommissarin Ann Kathrin Klaasen kennt, muss die Reihe um Dr. Bernhard Sommerfeldt nicht wirklich ernst nehmen. Bei der Lektüre hat man den Eindruck, der Autor wollte hier mal einen Gegensatz zu seiner Hauptreihe schaffen. Dabei scheint es vor allem die Perspektive des Täters zu sein, die Klaus-Peter Wolf ungemein fasziniert. Jedenfalls besteht das Buch vor allem aus der Geschichte von Bernhard Sommerfeldt, wie sich der falsche Arzt genannt hat.
Wenn man die Morde mal außer Acht lässt, drängt sich zudem der Eindruck auf, dass der Autor seinem Protagonisten einige Züge von sich selbst mitgegeben hat.
Auch Sommerfeldt schreibt seine Erinnerungen mit einem Füller in großen Kladden auf - das ist von Klaus-Peter Wolf ebenfalls bekannt. Er ist wie Wolf vom Ruhrgebiet und von Ostfriesland fasziniert. Das Café ten Cate ist sein Stammlokal - und vieles mehr. Ob es beim Thema Frauen ebenfalls Gemeinsamkeiten gibt, darüber wage ich allerdings nicht zu spekulieren.
Der Autor ist von seinem Killer offenbar fasziniert
Man merkt jedenfalls, dass dieser Mann, der in Ostfriesland untertaucht und dort eine neue Heimat findet, eine große Faszination auf den Autor ausübt - so positiv wie er ihn zeichnet. Da ist der ausgeprägte Sinn für Gerechtigkeit, der Sommerfeldt auf recht spezielle Weise zum Mörder werden lässt. Er tötet nicht aus Eigennutz, sondern immer nur, um zu helfen - so salbadert er jedenfalls vor sich hin. Da ist die Belesenheit des Mörders, der viel Sinn für gute Literatur hat. Fasziniert ist der Killer auch von seinem Rückzugsort im Ruhrgebiet, Gelsenkirchen wird leicht glorifiziert, aber lange nicht so wie Ostfriesland.
Seine Rachegelüste gegenüber seiner Ex-Frau, seiner Mutter und seinem Schwiegervater setzt Sommerfeldt so dilettantisch wie unentschlossen um. Dabei hindert ihn vor allem die Tatsache, dass er im Angesicht seiner Mutter zu einem stotternden, ängstlichen Bündel wird, dass so gar nichts von seinen anderen Identitäten hat. Er tappt dadurch im Laufe der Geschichte in einige Fallen, aus denen er nur mit viel Glück wieder herauskommt.
Wolf-Fans werden die Sommerfeldt-Reihe lieben
Klaus-Peter Wolf präsentiert dem Leser eine eher seltsame Story. Spannung kommt eigentlich erst in der zweiten Hälfte auf, davor geht es vor allem um Sommerfeldt und seine diversen Befindlichkeiten. Es ist ein durchaus amüsantes Psycho-Spiel, das da abläuft - zuweilen schreibt sich Wolf offenbar an seinen eigenen Formulierungen "besoffen". Das ist verzeihlich und geht auch anderen Autoren so.
Die erste Hälfte des Buches ist in gewissem Sinne recht selbstbezogen, dann wird es spannender und in meinen Augen auch ernsthafter. Fans von Klaus-Peter Wolf werden die Reihe um Dr. Bernhard Sommerfeldt vermutlich lieben, für Wolf-Einsteiger ist das eher nichts.
Immerhin, eine Geschichte gut erzählen kann Klaus-Peter Wolf. Mit viel Witz, aber auch einer guten Portion Zynismus und Sarkasmus hat der Autor hier einen Plot erdacht, der ihm selbst - aber auch seinen zahlreichen Fans - viel Spaß bereiten wird. Wer bereit ist, die kriminalistische Seite in die zweite Reihe zu stellen, wird hier gut unterhalten. Nur als Kriminalroman betrachtet, bleibt "Totentanz am Strand" weit hinter den sonstigen Romanen des Wahl-Ostfriesen zurück.
Klaus-Peter Wolf, Jumbo
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