Dunkel Land

  • HarperCollins
  • Erschienen: Januar 2017
  • 5
  • Hamburg: HarperCollins, 2017, Seiten: 384, Originalsprache
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Andreas Kurth
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2017

Wenn der Tod beim Blow-Job lauert

Verena Hofer hat ihre Arbeit als Literaturwissenschaftlerin aufgegeben, um sich nach dem plötzlichen Tod ihrer Schwester um ihre verwaiste Nichte zu kümmern. Sie muss irgendwie Geld verdienen, und nimmt den Job an, sich auf Gut Wuthenow bei Berlin um den Neffen der Hausherrin zu kümmern. Der ist allerdings weder Kind noch Jugendlicher, sondern ein ausgewachsener Profiler in Verenas Alter - der allerdings nach einem Unfall sein Kurzzeitgedächtnis verloren hat.

Rücksicht auf seine "Gouvernante" gedenkt Carl von Wuthenow nicht zu nehmen, und so schleift er Verena mit zu seinen Ermittlungen in die Hauptstadt. Dort unterstützt Carl Staatsanwaltschaft und Polizei bei komplizierten Ermittlungen im Stricher-Milieu. Verena wehrt sich zunächst, wird dann aber von der Faszination dieser Arbeit - und von ihrem Schützling - angezogen.

Autorin schickt eine starke und sympathische Frauenfigur ins Rennen

Roxann Hill hat ihre Karriere als Krimi-Autorin 2013 im Selbstverlag begonnen. Ihre Reihe um das ungleiche Ermittler-Duo Anne Steinbach (eine Ex-Polizistin) und Paul Wagner (ein Priester) umfasst mittlerweile acht Bände. Dunkelland ist ihr zweites Buch außerhalb der Serie, die weiterhin im Selbstverlag erscheint. Ihre ersten Einzelroman hat Hill bei Edition M verlegen lassen, mit Dunkelland ist sie nun bei HarperCollins gelandet.

Für ihre Geschichte um das merkwürdige Ermittler-Duo hat sich die Autorin Verena als Ich-Erzählerin ausgesucht. Das ist auch passend, denn die Protagonistin muss ihre schwierige Situation schildern, zu der auch ihre Nichte gehört, sowie ihre Verwirrung über ihre unerwartete Situation. In etlichen Situationen gerät Verena in Panik, meistert das am Ende aber alles. Mag dem einen oder anderen Leser zu dick aufgetragen erscheinen, aber letztlich hat die Autorin hier eine starke und sympathische Frauenfigur ins Rennen geschickt, was ich völlig in Ordnung finde.

In dieser Geschichte gibt es richtig knackige Überraschungen

Carl ist der zweite zentrale Protagonist. Verena steht durch ihre Erzähler-Rolle etwas mehr im Mittelpunkt, aber der Profiler aus dem brandenburgischen Land-Adel ist auch eine interessante Figur. Der Plot lebt natürlich davon, dass die beiden erst Katz und Maus spielen, sich dann aber doch hervorragend ergänzen. Das liegt auch daran, dass Verena öfter in Gesprächen vorprescht, dabei über ihren Schatten springt - und Carl mehrfach überrascht. Von Beginn an war mir klar, dass die Autorin den Honigtopf nicht umgehen kann. Die Bande der Sympathie zwischen Verena und Carl werden aber nur zögerlich stärker, Roxann Hill lässt dabei in meinen Augen das rechte Maß walten. Hätte sie in dieser Hinsicht zu dick aufgetragen, wäre mir der Spaß am Krimi vermutlich etwas verdorben worden, aber so war das völlig in Ordnung. Die weiteren Protagonisten, wie etwa die Staatsanwältin und der Kommissar, kommen über den Status von Randfiguren nicht hinaus. Das macht aber nichts, für die Geschichte ist nur das Ermittler-Duo wirklich wichtig - und natürlich die Verdächtigen. Da legt die Autorin einiges an Spuren aus, und es gibt richtig knackige Überraschungen. Der Plot ist relativ ruhig aufgebaut, aber dennoch mit einem tollen Spannungsbogen. Zum Ende hin wird es dynamisch, die überraschende Auflösung deutet sich erst kurz vor Schluss an.

Der Leser wird hier abwechslungsreich und spannend unterhalten

Die Konstellation der Hauptfiguren ist interessant und reizvoll, aber auch der Kriminalfall ist keineswegs langweilig. Ein junger Mann wird schwer misshandelt und getötet. Die auf dem Buchrücken angedeutete Spur ins rechtsradikale Milieu ist allerdings schnell eiskalt. Vielmehr brauchen die Ermittler einiges an Spürsinn und Hartnäckigkeit, um Zusammenhänge zu alten Kriminalfällen herzustellen. Dadurch werden aber nur neue Fragen aufgeworfen.

Roxann Hill erzählt hier im flüssigen Stil eine ziemlich spannende Geschichte, die immer wieder von ruhigeren Passagen unterbrochen wird. Action-Fans kommen eher weniger auf ihre Kosten, obwohl es auch durchaus härtere Passagen gibt, die aber die Ausnahme bleiben. Die Geschichte lebt von dem Rätsel, dass sich um die Mordfälle und die möglichen Täter spannt.

Das Ende hat mich dann doch überrascht, aber vielleicht waren die zuvor ausgelegten Spuren auch zu offensichtlich. Da mag jeder Leser eine eigene Bewertung finden. Roxann Hill ist auf jeden Fall eine gute Geschichten-Erzählerin, die den Leser mit ihrem Plot abwechslungsreich und spannend unterhalten kann. Das Ende ist im Hinblick auf die Protagonisten offen gestaltet - es könnte sich daraus also durchaus eine Serie entwickeln. Aus meiner Sicht wäre nichts dagegen einzuwenden, Carl und Verena haben noch Potenzial.

Dunkel Land

Roxann Hill, HarperCollins

Dunkel Land

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