Die Einsamkeit des Todes
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2017
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- München: Blanvalet, 2017, Seiten: 509, Originalsprache
Der Plot wird bedächtig aufgebaut
Der Roman beginnt am 30. August 2014, als Andy und Laura heiraten. Die alte Clique, zu der auch Max und seine schwangere Verlobte Sarah gehören, ist zusammen gekommen, um gemeinsam zu feiern. Das Fest wird allerdings gesprengt, als bei einem Streit zwischen Tobi und Sarah deren Verhältnis ans Licht kommt. Max muss sich fragen, ob das Kind überhaupt von ihm ist und verlässt wutentbrannt das Fest.
Langsam fügen sich die Hintergründe und Informationen zu einem Gebilde zusammen. Dank der Datumsangaben als Kapitelüberschriften weiß der Leser, in welchem Zeitraum die Geschichte gerade spielt, denn zeitgleich mit den Ereignissen rund um die Hochzeit verschwindet auch Josef Greindl, dessen Sohn ebenfalls als Gast eingeladen war.
Wenige Wochen später wird Greindls Leiche in einem Maisfeld gefunden. Dorthin werden Hauptkommissarin Jenny, gerade zur Stellvertreterin befördert, ihr mürrischer Kollege Vinzenz und ihr penibler Vorgesetzter Leo gerufen. Während letzterer trotz der Umstände von einer natürlichen Todesursache ausgeht, beißt Jenny sich fest und leitet Mordermittlungen ein, die allerdings ins Leere laufen.
Viele Fragezeichen und große Rätselfreude
Etwas mehr als zwei Jahre später erhält Max eine mysteriöse SMS, die auf den 31. August 2014 verweist, mit den Worten "ich weiß, was du an dem Tag getan hast". Noch ehe er länger darüber nachdenken kann, erfährt er von dem Tod seiner Mutter. Diese wollte immer eine Versöhnung zwischen ihren Söhnen, die sich seit dem Streit auf der Hochzeit kaum gesprochen haben. Deshalb verfügt sie in ihrem Testament, dass Max und Tobi zusammen mit ihrem Onkel Wolf Weihnachten und Silvester zusammen feiern sollen. Ansonsten würden sie enterbt werden.
Also kommen die beiden in ihrem Elternhaus am Chiemsee zusammen und treffen ihre Freunde wieder, die sie schon länger nicht gesehen haben. Nur Sarah fehlt und nach und nach erfährt nicht nur der Leser, sondern auch die Clique, dass sie sich seit über zwei Jahren bei keinem mehr gemeldet hat.
Es bauen sich im Verlauf der Geschichte viele Fragezeichen auf, auch logische: wie konnte Sarah noch in Kontakt mit einer Freundin treten, wenn sie angeblich seit der Hochzeit tot war? Hat sich niemand gewundert, dass sie nur kurze Nachrichten geschickt hat, aber kein Treffen mehr stattgefunden hat oder sie niemanden mehr angerufen hat? Kann es wirklich unbemerkt geblieben sein, dass sie seit zwei Jahren verschwunden ist?
Aber keine Handlung ist zufällig, alles greift schlüssig ineinander und jede Szene hat ihren Sinn und Zweck, nichts ist überflüssig oder unnötig. Es wird Verwirrung gestiftet, wodurch neue Fragen aufkommen.
Die Schilderungen der Mimik und Gestik der Personen sind explizit und regen zum Grübeln an, ob nicht doch der ein oder andere etwas zu verbergen hat. Jeder hat sein kleines Geheimnis, seine Eifersüchteleien und seinen Groll anderen gegenüber, vor allem innerhalb der alten Clique gibt es nicht nur eitel Sonnenschein. Manches ergibt im Moment des Lesens keinen Sinn, erscheint kryptisch, so dass man nicht weiß, was wirklich dahinterstecken könnte. Das bereitet große Rätselfreude.
Wohltuender Schreibstil
Der Text liest sich flüssig, ist ohne abgehobene Wortwahl verfasst, macht auch vor der ungeschönten Wahrheit nicht halt, wenn etwa der offene Beinbruch eines Pferdes beschrieben wird, wirkt aber dennoch nicht plakativ. Von der vermeintlich leichten Sprache sollte man sich nicht täuschen lassen: hinter jedem Satz könnte ein wichtiger Hinweis stecken.
Eine kurze Charakterisierung der einzelnen Figuren ergibt ein hilfreiches Bild, ohne aber zu viel zu verraten. Im Verlauf des Romans lernt man die Hauptpersonen näher kennen - in all ihrer Vielschichtigkeit, so auch aus der Perspektive von anderen (wie der Hauptkommissarin Jenny), so dass die Darstellung nicht einseitig ist.
Besonders schön waren ungewöhnlichere Adjektive, etwa die "heiße bratenduftige Wolke", was ich einer promovierten Mathematikerin als Autorin nicht zugetraut hätte. Allerdings hat Petra Johann schon etwas Übung, denn dies ist ihr vierter Roman, von denen aber zwei nur noch antiquarisch oder elektronisch verfügbar sind.
Bitte nicht stören!
Fragen und Ungereimtheiten, die während des Lesens aufkommen, werden nach und nach auseinandergenommen und geklärt. So kann man selber Ermittler spielen und mit den Bröckchen jonglieren, die die Autorin einem hinwirft. Entweder lösen sich diese in der weiteren Fallentwicklung in Wohlgefallen auf - oder sie ufern weiter aus.
Die zweite Hälfte steigert sich in ihrer Spannung dermaßen, dass ich das Buch nicht mehr weglegen konnte und keinesfalls gestört werden wollte, bis ich endlich genau wusste, wie die Auflösung war, die mich zudem überrascht hat. Ich hatte auf einen anderen Täter getippt.
In der Danksagung meint Petra Johann, dass "ein Kriminalroman - im Gegensatz zu einem mathematischen Beweis - weder perfekt noch fehlerfrei sein kann", allerdings kommt sie mit "Die Einsamkeit des Todes" sehr nah dran.
Petra Johann, Blanvalet
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