Flugangst 7A
- Droemer
- Erschienen: Januar 2017
- 16
- München: Droemer, 2017, Seiten: 400, Originalsprache
Wenn der Wahnsinn sich als perfide Methode entpuppt
Mats Krüger ist ein deutscher Psychiater, der wegen seiner Flugangst vor Jahren - nach dem Krebstod seiner geliebten Frau - per Schiff nach Argentinien ausgewandert ist. Jetzt steigt er mehr als widerwillig an Bord eines Flugzeugs, wo er wegen der Flugangst sogar vier verschiedene Sitze reserviert hat, die in unterschiedlichen Flugphasen besonders sicher sein sollen. Er will und muss zurück nach Deutschland, weil seine Tochter Nele ein Kind bekommt - und ihn bei der Geburt dabei haben will.
Schon bald merkt Mats, dass er sich nicht vor den üblichen Gefahren eines Fluges fürchten sollte. Die gefährlichste Waffe an Bord sind offenbar Menschen. Eine unbekannte Person ruft ihn an und teilt Mats mit, dass ein ehemaliger Patient ebenfalls in der Maschine ist. Diesen soll er dazu bringen, das Flugzeug abstürzen zu lassen. Damit Mats dieser Forderung nachkommt, hat der Unbekannte seine Tochter Nele entführen lassen. Sie und das ungeborene Baby sollen sterben, falls die Maschine unbeschadet in Berlin landet. Ein Kammerspiel der besonderen Art beginnt.
Die Spannung wird langsam, aber sehr nachhaltig aufgebaut
Schon der zweiseitige Prolog zieht den Leser in den Bann, nicht nur bei Sebastian Fitzek ein mittlerweile überaus beliebtes Stilmittel. In Flugangst 7a wird erst nach und nach klar, worum es eigentlich geht, wer wichtig ist, und was die Protagonisten auszuhalten haben. Der Autor setzt auf seine bewährten Stilmittel, die Spannung wird langsam, aber nachhaltig aufgebaut.
Wichtig ist dabei, dass der Autor zwischen der Sicht des Vaters im Flugzeug, und den Erlebnissen der entführten Tochter pendelt. Nele ist in die Hände eines psychopathischen Veganers geraten, der an ihrem Beispiel zeigen will, wie schrecklich es ist, wenn Tieren ihre Kinder weggenommen werden, um sie der Nahrungsmittelproduktion zuzuführen. Eine schwangere Frau und später junge Mutter zu quälen, um seine - möglicherweise berechtigte - Kritik an der Milchproduktion einem breiten Publikum nahe zu bringen, ist in meinen Augen ziemlich abartig. Im Nachwort bemüht sich Sebastian Fitzek übrigens, sofort zu versichern, dass er nichts gegen Veganer habe. Dafür aber gegen die hier genutzte Methode, um die eigene Sichtweise durchzusetzen. Zwischen Nele und ihrem Entführer geht es deftig und brutal zu - wer etwas empfindlich oder selbst schwanger ist, oder eine schwangere Frau in seinem Umfeld hat, sollte darauf vorbereitet sein. Kalte Schauer auf dem Rücken sind das mindeste.
Fitzek nutzt erzählerischen Baukasten virtuoser und flüssiger als zuletzt
Aber auch bei der Schilderung der Vorgänge im Flugzeug kann dem Leser durchaus schwindelig werden. Man muss selbst keine Flugangst haben, um das Reisen in einer Metallröhre über den Wolken zumindest für fragwürdig zu halten. Mats lässt sich auf die Psycho-Spielchen ein, er hat schließlich keine andere Wahl - aber er verliert schnell jegliche Kontrolle über das Geschehen. Zunächst versucht er noch zu agieren, bald kann er nur noch reagieren.
Die Vorgänge im Flieger zeigen auf erschütternde Art und Weise, wie leicht die menschliche Psyche manipuliert und gereizt werden kann. Kleine Trigger reichen scheinbar, um jahrelange Therapien zu konterkarieren. Oder eben doch nicht?
Sebastian Fitzek baut dann auch noch viele kleine Cliffhanger und überraschende Wendungen ein. Seine Stilmittel sind natürlich nicht neu, nach so vielen Psycho-Thrillern hat er einen gut gefüllten Baukasten, aus dem er sich beim Schreiben bedienen kann. Aber das macht er virtuoser und flüssiger als zuletzt, Flugangst 7a gefällt mir beispielsweise deutlich besser als Das Paket. Und nicht jeder Leser hat schon wer weiss wie viele Psycho-Thriller hinter sich - und wird daher umso begeisterter sein.
Ein Autor muss dichterische Freiheit haben und soll sie auch nutzen
Leser und Kritiker äußern sich bei neuen Romanen gerne zu den Themen Glaubwürdigkeit und Realitätsnähe. Wer damit seine Probleme hat bei diesem Roman, darf Bücher von Fitzek gar nicht lesen, und sollte überhaupt von der Mehrzahl der Spannungsromane die Finger lassen. Ich lese auch gerne Thriller, die von vorne bis hinten dicht an der Realität sind, und bei denen ich Figuren und Handlungsverlauf für glaubwürdig halte. Aber ist das wirklich ein Qualitätskriterium? Für mich nicht.
Es sollten keine allzu offensichtlichen logischen Brüche drin sein, das verdirbt dann schon den Spaß an der Lektüre.
Sebastian Fitzek, Droemer
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