Dein Tod wird kommen
- Scherz
- Erschienen: Januar 2017
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- London: Macmillan, 2015, Titel: 'You are dead', Seiten: 404, Originalsprache
- Frankfurt am Main: Scherz, 2017, Seiten: 448, Übersetzt: Irmengard Gabler
Mit mehr Inspiration wäre ein Treffer drin gewesen
Die Frage der "Unschuld in Not" ist immer wieder ein spannendes Thema für Krimi-Autoren. Offensichtlich kann kaum eine junge Frau unbehelligt über die Straße gehen, ohne von einem Unhold überfallen, außer Gefecht gesetzt und irgendwo - zur weiteren Verwendung - eingesperrt zu werden. Immerhin - in diesem Fall scheint der Übeltäter die mögliche Verwendung als Ware eines Mädchenhändlers relativ früh ausgeschlossen zu haben, erhalten die entführten Frauen doch ein Brandmal mit dem deutlichen Hinweis "Du bist tot".
Wer jetzt bemängelt, dass hier offensichtlich mit einem ernsten Thema mehr als flapsig umgegangen wird, der sieht sich natürlich im Recht. Andererseits ist es mittlerweile mehr als Routine, mal wieder von einem Serientäter zu lesen, der sich eine veritable Sammlung von Opfern - der hier beschriebene Bösewicht bezeichnet sie als "Objekte" - zugelegt hat.
Was macht eigentlich die Polizei?
Peter James folgt also hier mehr oder weniger ausgetretenen Pfaden. Die jungen, hübschen Opfer sind verschleppt und die Polizei tut ihr Mögliches. Kurioserweise fragt sich der Leser in diesem Roman immer wieder, was denn die Polizei eigentlich überhaupt macht, denn man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, dass die Handlung allenfalls in Trippelschrittchen weiter kommt.
Natürlich, Roy Grace verlässt jeden Morgen hoch besorgt sein Haus, kehrt jeden Abend zu spät und mit schlechtem Gewissen zurück - und überlässt die Führung seines mittlerweile aus Ehefrau Cleo und Sohn Noah bestehenden Haushalt mehr oder weniger der Angetrauten. Aber - was zum Teufel machen er und seine Kollegen den ganzen Tag?
Diese Frage bleibt Peter James mehr oder weniger schuldig. Genauso, wie die Frage nicht beantwortet wird, wie ein berufstätiger Mann es schafft, verschiedene Geiseln in einem Versteck zu füttern, zu überwachen und nicht zuletzt - hüstel - sauber zu halten. Ohne dass sein eigentlicher Beruf darunter leidet, und ohne dass seine Gefangenen allzu großen Grund zur Klage haben - lässt man geringe Beeinträchtigungen wegen juckenden Nasen, Wadenkrämpfen oder Unterzuckerungen außen vor.
Es bleiben viele Fragen offen
Fraglich bleibt auch, aus welchem Grund der Verlobte der verschleppten Logan partout nicht zugeben will, dass er genauso genommen der "Ex"-Verlobte ist, und ob er noch eine andere Rolle in diesem Verwirrspiel ausübt. Mit einem sehr großen Fragezeichen soll auch die eigentliche Auflösung der Kernhandlung versehen werden, denn auch wenn hier diverse Fragen zum Hergang geklärt werden, dürfte die Ausgestaltung dieser letzten Szenen doch den Einsatz eines Popeyes vorausgesetzt haben, der hier nach diversen Dosen Spinat tätig wurde.
Unklar bleibt vor allem aber auch, aus welchem Grund der Unhold seine "Objekte" mit dem Brandzeichen "Du bist tot" versieht. Da er in Kürze ohnehin vorhat, seine Opfer in diesen Zustand zu versetzen, fragt sich der Leser natürlich, warum hier noch einmal ein weiterer Haken eingebaut wird. Würde das Brandzeichen einen Besitzanspruch oder auch - für den Fall der Flucht - eine deutliche Warnung beinhalten, dann wäre der Fall natürlich klar. Aber so dient das Brandzeichen nur dazu, den Ermittlern endlich einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Tötungen zu eröffnen und es darf bezweifelt werden, dass der handelnde Verbrecher das beabsichtigte.
Gut erzählt sind dagegen die neuen Entwicklungen aus dem Leben des ermittelnden Detective Superintendent Roy Grace, der hier in seinem elften Fall erfährt, dass Geheimnisse nicht nur um seine berufliche Laufbahn ranken. Auch die ungeklärten Fragen aus seiner Vergangenheit - nämlich das ungeklärte Verschwinden seiner ersten Frau Sandy - werden hier neu befeuert und noch mit zusätzlichen Fragen belastet. Hier wäre es aber naiv, mit allumfassenden Antworten zu rechnen, da der Buchtitel ja nicht von Roy Grace's letztem Fall spricht.
Peter James bietet mit diesem neuen Fall solide Unterhaltung - und das ist vermutlich keine Überraschung bei bisher elf erfolgreichen Bänden. Aber ein inspirierter Krimi, der sieht schon ein bisschen anders aus.
Peter James, Scherz
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