Bald stirbst auch du
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2017
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- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2017, Seiten: 384, Originalsprache
Paralleler Erzählstrang
Schon der Prolog ist spannend erzählt, als Jeremy Dunn seine Freundin 1986 blutüberströmt in der Badewanne findet. Für den Leser bietet dieser Auftakt eine Reihe von Fragezeichen: War es wirklich Selbstmord? Wie brutal ist Jeremy, und wie weit würde er gehen? Was hat es mit ihm psychisch angerichtet, als er in das blutbesudelte Badezimmer kam?
30 Jahre später leitet Liz Montario den Workshop in Liverpool, aber sie lebt in einem kleinen Dorf in der Umgebung. Ein Mann dringt in ihr Cottage ein und hinterlässt ein "Geschenk", eine tote Schlange. Liz will sich keine Angst machen lassen, aber es wird nicht bei einem toten Tier bleiben. Hat sie einen Stalker?
Zur gleichen Zeit wird Georg Stadler zu einem Tatort gerufen. Ein junges Mädchen wurde mit einem tiefen Schnitt am Hals getötet, ausgeblutet und am Ufer der Erft abgelegt. Während der Leser den Wissensvorsprung hat, dass der Fall, den Zoe für den Workshop gefunden hat, Parallelen zu diesem aufweist, beginnt Stadler mit seinem Team die Ermittlungen, indem Familie und Freunde befragt werden.
Die Erzählung springt zwischen diesen Szenarien hin und her, manchmal nimmt sie sich nur wenige Seiten Zeit, um den aktuellen Status zu berichten. Diese Dynamik sorgt für große Spannung und den Trieb weiterlesen zu wollen. Allerdings darf die Aufmerksamkeit dabei nicht schwinden, denn alles könnte von Relevanz sein.
Verflechtung der Handlungen
Als eine zweite Leiche gefunden wird, will Georg Stadler Liz Montarios Rat einholen und reist nach England. Karen Sander gelingt es nicht nur, die Handlungen nebeneinander herlaufen zu lassen, sondern auch diese logisch miteinander zu verknüpfen.
Während ihrer Gespräche mit Georg stellt Liz die Theorie auf, dass es sich um mehrere Nachahmungstäter handeln könnte, die Jeremy Dunn nacheifern. Allerdings meint nicht nur Miguel, dass "Psychopathen normalerweise sehr spezifische Vorstellungen von ihren Taten haben". Würden mehrere Menschen exakt gleich töten wollen, ohne ihre eigenen "Bedürfnisse" befriedigen zu können?
Zoe forscht unterdessen weiter und findet einen weiteren Fall, diesmal in Schweden. Könnte es der erste Mord gewesen sein, bei dem nicht alles so reibungslos verlief, wie der Mörder es sich gewünscht hätte? Ist nur ein Täter verantwortlich oder doch mehrere?
Nachvollziehbare Entwicklung
Die Charaktere sind schlüssig dargestellt, selbst die Nebenfiguren sind präzise entworfen, ohne überzeichnet zu sein. Auch wenn man die drei vorangegangen Teile dieser Serie um Profilerin Liz Montario und Kommissar Georg Stadler nicht kennt, kommt man gut in die Geschichte hinein und kann sich ein komplexes Bild von den Personen und ihrer Beziehung untereinander machen.
Nicht nur die Entwicklung der Protagonisten, wie zum Beispiel die von Zoe Fischer, die sich immer mehr in den Fall verbeißt und schließlich auf eigene Faust handelt, was sie in große Gefahr bringt, sondern auch die der Handlung ist logisch aufgebaut, so dass man ab der Mitte des Buches sich kaum davon lösen kann, weil sich immer wieder neue Aspekte ergeben und die Kapitelenden so geschickt konstruiert sind, dass man weiter- und weiterlesen muss.
Die erste Hälfte ist keineswegs langweilig, aber es kommen ein paar überraschende Wendungen, Anzeichen und Betrachtungsweisen hinzu, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hat.
Klassischer Krimi
Karen Sander hat mit Liz Montario und Georg Stadler ein sympathisches Ermittlerteam geschaffen, um das herum weitere ausgeklügelte Figuren agieren. Auch der vorliegende Fall - der insgesamt vierte für dieses Team - ist gut recherchiert und klar aufgebaut. Wer klassische Krimis mag, die ein wenig Lokalkolorit aufweisen, kann bedenkenlos zugreifen.
Sabine Klewe, Rowohlt
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