Russisches Poker
- Aufbau
- Erschienen: Januar 2003
- 6
- -: ?, 1999, Titel: 'Pikovyj valet', Originalsprache
- Berlin: Aufbau, 2003, Seiten: 192, Übersetzt: Renate & Thomas Reschke
- Freiburg im Breisgau: Audiobuch, 2005, Seiten: 5, Übersetzt: Johannes Steck
Ein Schelmenroman
Der Pikbube geht um. Im Moskau des ausgehenden 19. Jahrhunderts treibt ein gerissener Gauner sein Unwesen und nimmt die Reichen und Neureichen der Moskowiter Gesellschaft aus. Als das Haus des Generalgouverneurs Fürst Dolgorukoi ohne dessen Wissen mit Brief und Siegel an einen vermögenden, britischen Lord verscherbelt wird, platzt dem russischen Durchlaucht der Kragen und der mittlerweile zum Hofrat und Beamten für Sonderaufträge beim Generalgouverneur avancierte Fandorin wird auf den Ganoven angesetzt.
Dieser Pikbube, der gegenwärtig gerade auf den Namen "Momus" hört, ist ein gefinkelter Verwandlungskünstler. Äußerlich unscheinbar, gelingt es ihm immer wieder, in den diversesten Verkleidungen leichtgläubige Bürger durch sein gewinnendes Wesen zu betrügen. Sein nächstes Szenario wird eine wohltätige Lotterie sein, mit deren Erlös das Grabtuch Christi erstanden werden soll. Die Gewinne sind samt und sonders herrliche Anwesen in den schönsten Städten Europas, gestiftet von gläubigen Spendern.
So zumindest verlautet dies eine Annonce in der Zeitung "Russisches Wort". Fandorin lässt seinen neuen Adjutanten Anissi Tulpow täglich sämtliche Tageszeitungen durchstöbern. Jede Meldung, die nur irgendwie den Anschein des Absonderlichen hat, trägt Tulpow seinem Herrn vor und diese Lotterie scheint ein lohnendes Ziel für Fandorins geschultes Detektivauge zu sein.
Tatsächlich geht durch das engagierte Eingreifen des Hofrates und seines Angestellten der Coup des erfinderischen Pikbuben kräftig in die Hose. Was diesen natürlich erheblich wurmt. Aber auch Fandorin will endlich des Trickdiebes und seiner Mithelfer habhaft werden und schmiedet Pläne, um dem Meisterdieb eine Falle zu stellen.
Er gibt sich als indischer Potentat aus, dessen Turban ein sagenhafter Smaragd schmückt. Achmed Khan, natürlich kein Geringerer als unser Sowjet-James-Bond Fandorin, zieht mit seinem Hofstaat, darunter Tulpow als Eunuch, mit Pauken und Trompeten in Moskau ein. Selbstverständlich lässt dies Momus und seine Freundin Mimi nicht kalt. Verkleidet machen sie sich an Tulpow heran und schleichen sich in die Villa ein, in der Fandorin residiert. Und dieser schlägt zu, aber leider nicht so, wie er sich das gedacht hat. Auge in Auge mit dem Pikbuben entwischt ihm dieser doch.
Ab sofort ist es ein Kampf Mann gegen Mann, Intellekt gegen Intellekt, ein Schachspiel, bei dem jeder die Züge seines Gegners zu erahnen glaubt.
Boris Akunin hat mit "Russisches Poker" seinen fünften Roman über den Moskowiter Paradedetektiv Fandorin auf den deutschen Markt gebracht. Das im Aufbau Taschenbuch Verlag erschienene Bändchen mit seinen knapp 190 Seiten erinnert jedoch weniger an einen Krimi, sondern liest sich leicht und locker, wie ein Schelmenroman. Im Mittelpunkt steht das Verwirrspiel zwischen Jäger und Gejagtem, das zwar nicht groß hinter dem Ofen hervor locken kann, aber als amüsante Lektüre immer noch lesenswert ist.
Schreiberisch bewegt sich Akunin bei diesem Buch in eher seichten Gewässern. Wortwitz und Tempo kommen nicht ganz an seine Vorgänger heran. Die Szenerie wirkt gekünstelt und Fandorin weniger sympathisch als sein Jungspund Tulpow, der auch eher für leichtes Schmunzeln sorgen kann, als sein Vorgesetzter. Die Reichen des Landes werden als Bauerntölpel geschildert und die einfachen Menschen rundum sind durch die Bank armselige Kreaturen. Die Handlung wirkt reichlich konstruiert und an manchen Stellen hat der Faden deutliche Knoten. Irgendwie wirkt die Story hingeschludert und nicht ausgegoren, so als wäre das Buch ein Schnellschuss für einen Pflichtabgabetermin gewesen. Akunin hat dabei zwar nichts von seinen Fabulierkünsten verloren, aber so richtig vermag dieses Buch nicht mitzureißen.
Alles in Allem kann man "Russisches Poker" einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen, mit Ruhm bekleckert hat sich Akunin allerdings dabei nicht.
Boris Akunin, Aufbau
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