Hochland
- DVA
- Erschienen: Januar 2016
- 5
- München: Penguin, 2018, Titel: 'Hochland', Seiten: 304, Übersetzt: Tina Flecken
- Reykjavík: Mal og menning, 2011, Titel: 'Hálendið ', Seiten: 253, Originalsprache
- München: DVA, 2016, Seiten: 302, Übersetzt: Tina Flecken
Wenn Yuppies aus Reykjavik durch den Nebel touren
Vier junge Erwachsene brechen zu einer Abenteuer-Tour durch das unwirtliche isländische Hochland auf. Sie erleben ein paar schöne Tage, und fahren mit ihrem Geländewagen immer weiter hinauf in die Berge. Als es dann auf einer Sand-Ebene neblig wird, verliert die Gruppe völlig die Orientierung. Anstatt anzuhalten und eine Wetterbesserung abzuwarten, fährt die Gruppe weiter, in der Hoffnung, zurück auf die Schotterpiste zu finden. Doch dann prallt ihr Fahrzeug völlig unerwartet gegen eine Hausecke - und ein wahrer Alptraum beginnt.
Die vier Reisenden werden von einem skurrilen Ehepaar in dessen Haus aufgenommen. Dort machen sie nach und nach merkwürdige und beunruhigende Entdeckungen. Und ihre Versuche, zu Fuß eine Straße oder einen befestigten Weg zu erreichen, führen mehrfach in die Irre. Ein Horror-Trip der ganz besonderen Art.
Der Vergleich mit Stephen King ist eindeutig zu hoch gegriffen
Im Klappentext dieses Buchs wird Steinar Bragi als kommendes nordisches Thriller-Talent bezeichnet. Hochland sei von der Kritik gefeiert und mit den Horrorgeschichten von Stephen King verglichen worden. Nach der Lektüre muss man angesichts dieser Aussagen erstmal tief durchatmen. Schon über die Begriffe Horror und Thriller im Zusammenhang mit Hochland ließe sich trefflich diskutieren. Und der Vergleich mit Stephen King? An anderer Stelle habe ich schon geschrieben, dass ich solche Vergleiche generell für problematisch halte. Manchmal mögen sie zur Einordnung neuer Autoren hilfreich sein. Aber diesen Newcomer mit einem der amerikanischen Altmeister zu vergleichen, hilft Bragi auch nicht wirklich weiter.
Dafür bietet er dann doch zu viel Hausmannskost. Wobei viele Menschen Hausmannskost durchaus schätzen.
Zunächst muss man sich in dieser ungewöhnlichen Geschichte aber zurecht finden. Ohne Prolog ist der Leser mit den vier jungen Leuten im Auto auf dem kargen isländischen Hochland unterwegs. Handlung, Protagonisten und Erzählstil lernt der Leser dann relativ schnell kennen - ohne allerdings zu wissen, wohin diese Geschichte führen wird.
Alle vier Protagonisten können sich gegenseitig nicht leiden
Die Geschichte ist an sich flüssig geschrieben und lässt sich dadurch leicht lesen. Das Buch hat recht kurze Kapitel, deren Überschriften im Laufe der Lektüre verständlich werden - überflüssig sind sie dennoch. Inhaltlich muss man allerdings einige Probleme bewältigen. Da sind zunächst die Protagonisten. Irgendwie oberflächlich, gegenüber ihren so genannten Freunden ziemlich gleichgültig und teilweise auch unnahbar. Mit der Zeit kommt heraus, dass sie sich alle gegenseitig im Grunde nicht leiden können.
Das könnte einer der Gründe sein, warum sie es nicht wirklich fertig bringen, zusammen nach einem Weg zurück in die Zivilisation zu suchen - und das mit aller Kraft. Vielmehr räsonieren sie über ihre - teilweise gemeinsame - Vergangenheit. Sie kiffen, trinken Alkohol, schnüffeln in dem Haus herum. Und wandern durch die Gegend - wobei sie ihre skurrilen oder auch erschreckenden Entdeckungen meistens für sich behalten.
Steinar Bragi hätte aus seinem Plot deutlich mehr machen müssen
Die vier Reisenden sind allesamt unsympathisch, und es ist auch unklar, was sie beieinander hält. Und aus dem Ehepaar in dem Haus werden weder der Leser noch das Quartett so richtig schlau. Die Handlung ist immerhin so aufgebaut, dass man stets neugierig bleibt, wie es denn nun weitergeht, und was noch alles passiert. Bragi reiht so viele Episoden aneinander, löst das meiste aber nicht auf. Dem Leser ist viel Platz für eigene Phantasie gelassen - zu viel für meinen Geschmack. Dennoch ist das Buch durchaus unterhaltsam, man merkt beim Lesen, dass Steinar Bragi im Grunde ein guter Erzähler ist. Allerdings hätte er aus seinem Plot deutlich mehr machen müssen.
Das Finale ist dann nochmals zusätzlich kryptisch. Und am Ende bin ich irgendwie richtig unentschieden. Das Buch ist nicht langweilig, aber auch nicht das, was ich mir unter einem Horror-Thriller vorstelle.
Man wird schon irgendwie unterhalten, aber vermutlich muss man manches anders interpretieren, um wirklich gefesselt und fasziniert zu werden.
Steinar Bragi, DVA
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