Das Kind im Wald
- Diana
- Erschienen: Januar 2016
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- New York: Bantam, 2014, Titel: 'Winter at the door', Seiten: 261, Originalsprache
- München: Diana, 2016, Seiten: 399, Übersetzt: Christiane Winkler
In den dunklen Wäldern von Maine lauert das Grauen
Detective Lizzie Snow von der Mordkommission Boston hat sich freiwillig einen neuen Job gesucht. Seit dem Tod ihrer Schwester vor einigen Jahren wird ihre Nichte Nikki vermisst - und nun soll sie im Norden von Maine gesehen worden sein. Lizzie heuert daher in der Gegend als Deputy Sheriff an und landet in Bearkill - einer kleinen Stadt in den schier unendlichen Wäldern von Nord-Maine. Ihr Boss, Sheriff Cody Chevrier, hat sie vor allem deshalb angeworben, weil es aus seiner Sicht eine Serie von Polizisten-Morden gegeben hat. Es sah jeweils nach Selbstmord aus, aber der Sheriff glaubt aus verschiedenen Gründen nicht daran. Lizzie beginnt neben ihrer tägliche Polizeiarbeit zu ermitteln, zweifelt aber zunächst an den Vermutungen ihres Chefs. Als der kleine Ort auch noch von Drogenfahndern aufgesucht wird, überschlagen sich die Ereignisse. Lizzie selbst ist in das Visier eines Killers geraten, und ob sie ihre Nichte in den weiten Wäldern finden wird, ist ungewisser als je zuvor.
Autorin entfaltet mit ihrer Geschichte eine eigentümliche Faszination
Vier tote Cops, ein lange vermisstes Kind, und eine erfahrene Ermittlerin aus Boston in der Einöde von Maine - Sarah Graves hat sich für ihren ersten Roman die richtigen Zutaten ausgesucht. Dabei spielt sie gekonnt ihre Ortskenntnisse aus, denn die Autorin lebt selbst in der Nähe des Schauplatzes ihrer Geschichte. Das Rätsel um die Mord-/Selbstmord-Serie, aber auch die Suche nach der schon so lange vermissten Nichte wird von Sarah Graves so gekonnt erzählt, dass der Leser nicht nur gefesselt wird, sondern von Beginn an selbst intensiv überlegt, was an der Sache dran sein könnte. Mit ihrer Art, die Geschichte zu erzählen, versteht es die Autorin, eine eigentümliche Faszination zu entfalten.
Dabei verliert sie keine Zeit, sondern Protagonisten und Leser werden von Beginn an von den rätselhaften Ereignissen in ihren Bann geschlagen. Graves schreibt in kurzen und knackigen Sätzen, was die Lesbarkeit in meinen Augen enorm erhöht. Authentische Dialoge und Figuren machen die Lektüre dieses Romans zu einer kurzweiligen Unterhaltung.
Lizzie Snow steht absolut im Mittelpunkt der Geschichte
Die Protagonisten, vor allem die im Mittelpunkt stehende Lizzie Snow, sind insgesamt durchaus interessant gezeichnet. Die Ermittlerin ist so stur wie clever, hat große Empathie für ihre Mitmenschen. Als Polizistin kann sie durchaus knallhart sein, privat ist sie dann auch mal ganz anders. Der Leser erfährt allerdings nur in kleinen Happen mehr von ihr - vermutlich hat sich die Autorin noch einiges für den zweiten Band mit Lizzie Snow aufgehoben.
Die Nebenfiguren sind wichtig, denn sie erfüllen vor allem spezielle Funktionen für den Plot. Da ist der Ex-Kollege, mit dem Lizzie auch eine Beziehung hatte. Da ist der Sheriff, der Lizzie vor allem als Mord-Ermittlerin geholt hat. Die alleinstehende Mutter, die familiäre Probleme hat, und mit der sich Lizzie im Laufe der Zeit anfreundet. Und nicht zu vergessen der tumbe Jüngling aus Bearkill, der sich am Ende als ziemlich schlimmer Finger entpuppt. Und da ist schließlich Lizzies zentraler Gegenspieler, über den ich aus dramaturgischen Gründen nicht mehr verraten darf. Sie alle sind im Grunde nur Randfiguren, über die der Leser nicht wirklich viel erfährt. Insgesamt stehen also, von Lizzie abgesehen, die Figuren nicht so sehr im Mittelpunkt - der Fortgang der Ereignisse erzeugt die große Spannung.
Auch in den Wäldern von Maine kann eine spannende Geschichte spielen
Der Spannungsbogen wird langsam aber stetig hochgeschraubt. Lizzie findet immer neue Puzzle-Teile, zudem gibt es die eine oder andere Überraschung - einschließlich falscher Spuren. Die Ermittlerin muss sich mit recht unterschiedlichen Fällen befassen, und es ist überaus schwierig, die tatsächlichen Verbindungen zu finden. Und so ist es auch für den Leser schwierig, den roten Faden zu erkennen - was in meinen Augen die Lektüre entsprechend reizvoll macht.
Bemerkenswert finde ich, dass die Autorin mit ihrem Schauplatz in der tiefsten Provinz gezeigt hat, dass spannende Kriminalfälle nicht nur in New York, Chicago oder San Franzisco spielen können - um mal in den USA zu bleiben. Auch in den Wäldern von Maine kann man eine spannende Geschichte anlegen, facettenreich, gut erzählt und wirklich lesenswert.
Sarah Graves, Diana
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