Schwarzwasser

  • Argon
  • Erschienen: Januar 2017
  • 3
  • Berlin: Argon, 2017, Übersetzt: Michael Schwarzmaier, Bemerkung: gekürzte Ausgabe
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Andreas Kurth
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2017

Wenn Leichen-Leo ein Schäferstündchen plant

Polizeiobermeister Leonhardt Kreuthner ist mit allen Wassern gewaschen, und er verfügt durchaus über eine gewisse Portion krimineller Energie. Aber aktuell hat er eine üble Pechsträhne. Seine illegale Schnapsbrennerei brennt, und das Wohnhaus wird ebenfalls beschädigt. Durch den hinterhältigen Einsatz seines missgünstigen Kollegen Greiner wird Leo auch noch den Führerschein los. Das will er natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Aber zunächst ergibt sich für ihn bei einer Faschingsfeier in der berüchtigten Mangfallmühle die Chance, eine rassige Frau abzuschleppen, auf die er schon lange scharf ist.

Da er nicht fahren darf, engagiert er unter einem Vorwand den betagten Vater von Kommissar Clemens Wallner. Leo dirigiert das Trio in ein leer stehendes Haus. Aber statt eines Schäferstündchens gibt es eine böse Überraschung. Eine Leiche liegt im Schlafzimmer, und eine verwirrte junge Frau schießt auch noch mit der Tatwaffe auf Kreuthner. Leo steckt gemeinsam mit Wallner plötzlich in einem Mordfall, der den Kriminalisten einiges abverlangt, bevor sie die ebenso komplizierte wie überraschende Lösung finden.

Intellektueller und Holzfäller sind ein echt starkes Duo

Andreas Föhr hat sich mit seinen Romanen um die Miesbacher Polizisten Clemens Wallner und Leonhardt Kreuthner eine stabile Fan-Gemeinde erarbeitet. Seit 2009 gibt es jährlich einen neuen Band, zuletzt sind die Abstände auf zwei Jahre gewachsen. Das mag auch daran liegen, dass Föhr mit Rachel Eisenberg eine junge Münchener Anwältin neu ins Rennen geschickt hat, um eine zweite Serie zu schreiben, die in der bajuwarischen Landeshauptstadt angesiedelt ist. Die Wallner & Kreuthner-Reihe wird von den Lesern der Krimi-Couch regelmäßig mit Durchschnittsbewertungen weit jenseits der 80 Grd bedacht - und der neue Fall Schwarzwasser dürfte sich dort ebenfalls einreihen.

Mancher Leser und Rezensent wird Föhr reflexartig in die Schublade Regionalkrimi stecken. Das ist zwar auch richtig, wird den Werken des versierten Drehbuchautoren aber nicht annähernd gerecht. Nicht umsonst hat er für den Auftakt seiner Reihe den Friedrich-Glauser-Preis bekommen. Ein Faktor des Erfolges ist in meinen Augen das ungleiche Duo Wallner und Kreuthner. Man könnte auch sagen - angesichts der bevorzugten Vorgehensweisen der beiden Polizisten - der Intellektuelle und der Holzfäller. Die übrigen Polizisten sind jedenfalls eher als Statisten einzustufen, auch wenn sie bei den Ermittlungen zuweilen wichtige Funktionen erfüllen.

Identität der Leiche muss aufwändig geklärt werden

Die Turbulenzen im aktuellen Fall beginnen damit, dass Leichen-Leo, wie er von seinen Kollegen gerne genannt wird, ausgerechnet mit Wallners Großvater Manfred und einer scharfen Braut im Schlepptau mal wieder über einen Toten stolpert - und auch noch um ein Haar selbst erschossen wird. Die folgenden Ermittlungen stellen Wallner und sein Team vor einige Herausforderungen, weil es die Leiche im Grunde gar nicht gibt. Weder im Internet noch in behördlichen Akten findet sich etwas über Klaus Wartberg. Die Kriminalisten müssen also aufwändige Recherchen anstellen, um hinter die Identität des Toten zu kommen.

Neben den Ermittlungen zu dem mysteriösen Mord in der bayerischen Provinz präsentiert der Autor seinen Lesern einen zweiten Handlungsstrang, der im Berlin des Jahres 1996 spielt. Der junge Anwalt Dieter Sitting ringt im Bezirk Wedding um jeden Mandanten - und lässt sich dann auf einen mehr als zwielichtigen Geschäftsmann ein. Der Versuch des Anwalts, wieder auszusteigen, wird brutal unterbunden. Der Leser ahnt, dass beide Perspektiven zusammen gehören, aber Andreas Föhr versteht es gut, den Spannungsbogen durch kleine Informations-Häppchen ganz langsam ansteigen zu lassen.

Kreuthner gibt der Geschichte gerne einen neuen Spannungsschub

Wie gewohnt erzählt Andreas Föhr, seine Gesichte flüssig, humorvoll und doch enorm spannend. Der polterige Leonhardt Kreuthner wird immer dann eingesetzt, wenn die Geschichte eine neue Wendung oder einen kleinen Spannungsschub braucht. Dramaturgisch sehr geschickt gemacht. Der Autor hat mit Wallner und Kreuthner wirklich ein Duo konstruiert, dass er beliebig agieren lassen kann - immer schön im Wechsel zwischen amüsanten Einlagen und ernsthaften Ermittlungsschritten. Die Dialoge wirken dabei auch auf den norddeutschen Leser authentisch, und sorgen bei aller polizeilichen Professionalität für ausgezeichnete Unterhaltung.

Um Wallner den ausgemachten Fans der Reihe etwas näher zu bringen, wird seine Familiengeschichte im neuen Band weiter entwickelt. Der vor Jahren verschwundene Vater taucht wieder auf, was Clemens und Manfred Wallner in große Verwirrung stürzt. Bei diesen Nebengeschichten hält sich Andreas Föhr angenehm zurück, dennoch werden auch Leser bedient, die gerne mehr über die Protagonisten wissen möchten. Schwarzwasser knüpft ausgezeichnet an seine Vorgänger-Bände an. Nochmals sei betont: In meinen Augen sind die Bücher um das ungleiche Duo Wallner & Kreuthner keine typischen Regionalkrimis. Dafür sorgt schon die ausgeklügelte Konstruktion der Fälle, und auch sprachlich hebt sich Andreas Föhr deutlich von der großen Masse der deutschen Krimi-Autoren ab. Ausgezeichnete und spannende Unterhaltung - zum genießen und mitlachen.

Schwarzwasser

Andreas Föhr, Argon

Schwarzwasser

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