Teufelskälte

  • Hörbuch Hamburg
  • Erschienen: Januar 2017
  • 13
  • Bergen: Vigmostad Bjørke, 2015, Titel: 'Helvete åpent', Seiten: 429, Originalsprache
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2017, Seiten: 2, Übersetzt: Detlef Bierstedt
Teufelskälte
Teufelskälte
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Andreas Kurth
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2017

Wer kennt sich schon in den Abgründen der Psyche aus?

Im eiskalten Winter 1988 wird in einem Wald bei Oslo die brutal verstümmelte Leiche einer jungen Frau gefunden. Der junge Kommissar Tommy Bergmann folgt einer Spur in den hohen Norden - und der Täter wird gefasst. Bergmann erwirbt sich dann im Laufe seiner Polizeikarriere den Ruf, auch schwierige Fälle zu lösen. Aber sein erster Mordfall verursacht noch immer Alpträume. Als es dann zu einem Mord an einer Prostituierten kommt, hat Bergmann die Befürchtung, den falschen Mann eingebuchtet zu haben. Denn der neue Fall trägt die Handschrift des damaligen Mörders - und der sitzt im Hochsicherheitstrakt einer psychiatrischen Klinik. Die Polizisten um Tommy Bergmann fragen sich nun, ob der falsche Mann verurteilt wurde und ein brutaler Mörder noch immer herumläuft. Als der Verurteilte sein Geständnis von damals widerruft und den Mord von 1988 plötzlich bestreitet, schlingert Tommy Bergmann in eine ernsthafte Krise.

Der eigentliche Kriminalfall kommt zuweilen etwas zu kurz

"Teufelskälte" ist ein spannender und lesenswerter Roman, reicht an den Vorgängerband "Der letzte Pilger" allerdings nicht heran. Während in Sveens erstem Roman die hochgradig komplizierte Geschichte im Vordergrund stand, geht es hier in weiten Passagen vor allem um die Person Tommy Bergmann. Das ist gar nicht negativ gemeint, aber der Kriminalfall kommt mir in einigen Passagen etwas zu kurz.

Bergmann ist eine durchaus sympathische Figur, der Leser bemitleidet den Kommissar zuweilen sogar. Oft wirkt es so, als sei er dem Beruf nicht mehr gewachsen, weil er die vielen Grausamkeiten, mit denen er sich befassen muss, nur schwer verarbeiten kann. Das ist kein Wunder, denn auch die in allen Einzelheiten beschriebenen Tatorte der aktuellen Morde - es gibt nämlich weitere Tote - erfordern starke Nerven bei Lesern und Ermittler. Dadurch wirkt der Plot aber durchaus realistisch und authentisch.

Tommy Bergmann hat aber auch eine dunkle Seite. Er ist gewalttätig gegenüber Frauen, und muss deshalb regelmäßig zu Therapie-Gesprächen. Es ist ja groß in Mode, dass Ermittler einen Knacks haben, meist sind sie Alkoholiker, hatten eine schwere Kindheit oder haben familiäre Probleme. Bei Bergmann liegt das Übel in seinem Charakterzug, über die Ursachen lässt sich der Autor allerdings kaum aus. Möglicherweise hat sich Gard Sveen das für einen späteren Roman der Reihe aufgehoben.

Bergmann leistet trotz seiner Probleme akribische Polizeiarbeit

Die Ermittler haben es mit einem Cold Case aus dem Jahr 1988 und und mit aktuellen Morden in 2004 zu tun. Tommy Bergmann wurde bei seinem ersten Mordfall offenbar traumatisiert, der Täter wurde überführt und verurteilt - aber jetzt kommen mehr als ernsthafte Zweifel an der damaligen Ermittlungsarbeit auf. Für einen Polizisten muss das ziemlich heftig sein, wenn seine Überzeugungen so in ihren Grundfesten erschüttert werden. Tommy Bergmann wird nach der Zulassung der Revision im Mordfall von 1988 von tiefgehenden Selbstzweifeln geschüttelt, die seine Ermittlungsarbeit und sein ganzes Handeln fortan prägen.

Die Tatmuster der Morde damals und heute sind zu ähnlich, um von einem Zufall auszugehen. Und gerade deshalb ist nun akribische Polizeiarbeit gefordert, und die leistet Bergmann mit Mühe und mit großen psychischen Problemen. Bei den zähen und schier unendlich wirkenden Ermittlungen bekommt er entscheidende Unterstützung von einer Kollegin, die er eigentlich nur für Laufburschen-Arbeit akzeptiert hat. Am Ende muss er der jungen Kommissarin jedoch für die Unterstützung dankbar sein.

Abgründe der menschlichen Psyche sind ziemlich erschütternd

"Teufelskälte" ist durchgängig von einer melancholischen, düsteren Stimmung geprägt. In dieser Hinsicht ist das Buch "skandinavischer" als "Der letzte Pilger". Der Leser lernt die Figur des Tommy Bergmann noch besser kennen, und durchaus auch schätzen. Der Kommissar ist kein Draufgänger, sondern durchaus selbstreflexiv und nachdenklich.

Die Abgründe der menschlichen Psyche, in die Gard Sveen seine Leser blicken lässt, sind ziemlich erschütternd. Die Suche nach der Wahrheit führt zu Menschen, deren Inneres für Polizisten und Therapeuten nur schwer zu entschlüsseln ist.

Ansonsten zeigt Gard Sveen auch in seinem zweiten Roman um Tommy Bergmann, dass er eine Geschichte spannend und lesenswert erzählen kann. Es gibt überraschende Wendungen, Sackgassen bei den Ermittlungen, gute Dialoge. Kurzum - fesselnde Krimi-Lektüre wie sie sein sollte.

Teufelskälte

Gard Sveen, Hörbuch Hamburg

Teufelskälte

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