Wenn ich dich hole
- DAV
- Erschienen: Januar 2017
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- Berlin: DAV, 2017, Seiten: 5, Übersetzt: Stefan Kaminski, Lotte Ohm, Bemerkung: Ungekürzte Lesung
Idealer Pageturner für eine längere Zugfahrt
Bendix Steensen ist auf dem Weg nach Niebüll, wo Mutter Grete, Frau Insa und sein neunjähriger Sohn Lewe auf ihn warten. Soweit die Theorie, denn Bendix sitzt am Londoner Flughafen fest, ein Unwetter verhindert weitere Flüge. Auch Grete und Insa sind nicht zuhause, denn nachdem sie einkaufen waren, gab es einen Unfall, sie landeten in einem Graben. Insa kann zwar verletzt aus dem Auto steigen, wird aber von einer unbekannten Person niedergeschlagen.
Derweil bekommt Lewe zuhause zunehmend Angst, bittet immer wieder seinen Vater per Handy um Hilfe, doch dann bricht der Funkkontakt zusammen. Bendix macht sich per Zug auf die stundenlange Heimfahrt über Brüssel, Köln und Hamburg, und bittet den Dorfpolizisten, nach seinem Sohn zu sehen. Dessen Angst ist mittlerweile berechtigt, denn eine zweite Person befindet sich im Haus ...
Kurzweilige, aber mitunter vorhersehbare Unterhaltung
Dass auf dem Buchrücken ausgerechnet Sebastian Fitzek zitiert wird, ist kaum ein Zufall, sondern ein gelungener Marketingzug. Denn in der Tat dürften sich Fitzek-Leser durchaus mit dem "außergewöhnlichen" Plot anfreunden können. Lewe, im einsam gelegenen Haus der Großmutter von der Außenwelt zunehmend abgeschnitten, allein zuhause mit einer unbekannten Frau, die sich manisch zu Bendix hingezogen fühlt. Nach und nach erschließt sich das wahre Ausmaß ihrer Obsession, die vor vielen Jahren ihren Anfang nahm und in Rückblenden aufgeschlüsselt wird.
"Wer sollte in das Haus seiner Mutter einbrechen? Da war doch nichts zu holen. Außer seinem Kind."
"Wenn ich Dich hole" ist durchaus packend, allein der Spannungsbogen ist und bleibt überschaubar, denn hat man erst den Grund für die Vorkommnisse verstanden, was recht früh geschieht, dann bleibt nur noch die Frage nach dem Showdown. Wer wird es trotz widriger Witterungsverhältnisse schaffen, rechtzeitig den kleinen Lewe zu retten - und wird es bis dahin weitere Tote geben?
Eine mehr als geeignete Reiseliteratur
Der Schreibstil ist flott, kurze Kapitel aus unterschiedlichen Perspektiven treiben voran und wer - sagen wir - von Köln nach Berlin mit dem Zug fahren möchte, findet hier durchaus eine mehr als geeignete Reiseliteratur. Man muss nicht nachdenken, die Handlung treibt einen durch die übersichtlichen 250 Seiten, und am Ende ist man froh, sich dem nächsten Buch widmen zu können.
Bis dahin beschäftigen einen die gewaltigen Wetterverhältnisse, die Handy- und Telefonnetze zusammenbrechen lassen, Personen, die mit der Situation nur bedingt zurecht kommen (wie der Dorfpolizist) und ein kleiner Junge, der trotz aller berechtigter Angst den Ernst der Lage gut erkennt. Unrühmlicher Höhepunkt: Kaum ist der Showdown, dem alle panisch entgegen gefiebert haben, vorbei, funktioniert auch prompt das Handynetz wieder, um einen Krankenwagen rufen zu können.
Anja Goerz, DAV
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