Dear Amy - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
- Argon
- Erschienen: Januar 2017
- 9
- London: Penguin, 2016, Titel: 'Dear Amy', Originalsprache
- Berlin: Argon, 2017, Seiten: 6, Übersetzt: Christiane Marx, Bemerkung: gekürzte Ausgabe
Wenn die Kummerkasten-Tante zur Ermittlerin wird
Lehrerin Margot Lewis ist Kummerkasten-Tante bei einer Tageszeitung. In ihrer Kolumne liefert sie gute Ratschläge zu Problemen, von denen ihr Leser geschrieben haben.
Katie, ein Mädchen aus ihrer Schule, wird seit Wochen vermisst, und das ungewisse Schicksal berührt Margot sehr. Da erhält sie plötzlich einen beunruhigenden Brief von einem Mädchen namens Bethan - adressiert an ihre Kolumne "Dear Amy". Ein Hilferuf in kindlicher, ängstlicher Schrift - und nach einigem Zögern zeigt Margot den Brief der Polizei. Dort wird sie nicht ernst genommen, der Fall Bethan ist längst abgeschlossen.
Doch es geht weiter, eine Botschaft nach der anderen wird an "Dear Amy" geschickt. Irgendwann meldet sich auch noch die Polizei bei Margot - offenbar ist Katies Leben in höchster Gefahr, und die Kummerkasten-Tante soll jetzt den Ermittlern doch bei der Aufklärung des Falls helfen.
Dear Amy ist absolut kein Psycho-Thriller
Helen Callaghan hat mit Dear Amy einen Roman vorgelegt, den man zwischendurch mal lesen kann. Eines ist das Buch jedoch nicht - ein Thriller, und schon gar kein Psycho-Thriller. Dafür plätschert mir die Spannung zu leise dahin, es fehlen die entscheidenden Wendungen, und das Ende ist irgendwann relativ deutlich erkennbar. Der Klappentext und der Aufkleber "Premium Crime" haben so einige Erwartungen geweckt, die aber leider nicht wirklich erfüllt werden.
Die Autorin schildert Gegenwart und Vergangenheit ihrer Protagonistinnen Margot, Bethan und Katie in kleinen Häppchen. Das weckt immerhin das weitere Interesse des Lesers, auch wenn tatsächlich nur mäßige Spannung aufkommt. Die Perspektiv-Wechsel sind immerhin durchaus gelungen, da jeweils auch die Ausdrucksweise wechselt.
Die Lösung ist leider irgendwann vorhersehbar
Einige Abschnitte und Fakten machen den Leser stutzig, und ähnliche Fragen kommen dann von der Polizei. Wenn man schließlich als routinierter Leser von Spannungsliteratur den Faden im Kopf etwas weiter spinnt, zeichnen sich mehrere Lösungsmöglichkeiten ab. Es ist dann relativ enttäuschend, wenn man am Ende merkt, sehr vorausschauend gewesen zu sein.
Und auch die Neben-Geschichten sind eher vorhersehbar und mit Stereotypen versehen. Normalerweise interessiert mich Realismus bei Spannungsromanen nicht so wirklich, aber dann muss der gesamte Plot in sich richtig stimmig und abgerundet sein. Das ist bei Dear Amy leider nicht der Fall, und nach dem durchaus noch akzeptablen Beginn im ersten Drittel des Buches lässt das Ganze doch stark nach.
Am Ende überwiegt irgendwie die Sympathie für die Protagonistin
Ihre Protagonistinnen hat die Autorin recht unterschiedlich gestaltet. Margot ist die Hauptfigur, und sie hat mehr als offensichtliche psychische Probleme. Bei der Beurteilung dieser Protagonistin schwankt man als Leser stark zwischen Sympathie und Mitleid. Am Ende überwiegt irgendwie die Sympathie, denn Margot ist so unermüdlich wie selbstkritisch.
Martin Forrester, über den Margot bei ihren Nachforschungen "stolpert", wünscht man irgendwie Erfolg bei seinen Aktionen, und bei seinem Werben um die leicht verschrobene Kummerkasten-Tante. Zwischendurch kann man ihn als Leser zeitweilig nicht so richtig einordnen, aber insgesamt ist er eine gelungene Figur.
Das Erstlingswerk von Helen Callaghan ist nicht so richtig gut gelungen, aber auch nicht wirklich schlecht - man merkt vielleicht, dass ich hin- und hergerissen bin. Die Erzählung vermag schon zu fesseln, in dem Sinne, dass man als Leser wissen möchte, wie es weitergeht. Aber die knisternde Spannung, die man von einem Psycho-Thriller erwartet, wird hier halt nicht erzeugt. An entsprechenden Elementen und Wendungen muss die Autorin für ihren nächsten Roman noch arbeiten, aber der Plot insgesamt war schon in Ordnung, nur konnte man die Lösung zu früh erahnen.
Helen Callaghan, Argon
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