Die Spur des Lichts (Commissario Montalbano 19)
- Lübbe Audio
- Erschienen: Januar 2017
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- Palermo: Sellerio Editore, 2012, Titel: 'Una lama di luce', Originalsprache
- Köln: Lübbe Audio, 2017, Seiten: 4, Übersetzt: Bodo Wolf, Bemerkung: gekürzte Ausgabe
Inspiriert und phantasievoll, die Fülle von Ideen würde für mehrere Romane reichen.
Commissario Salvo Montalbano besucht eine neue Kunstgalerie in dem sizilianischen Küstenstädtchen Vigàta und lernt dabei die schöne Besitzerin Marian kennen, eine geschiedene Frau von Anfang vierzig. Er verabredet sich für den nächsten Abend und beginnt eine Affäre. Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer, denn ein älterer Herr, Ingegnere Pedicini, kauft ihr nicht nur alle Bilder ab, sondern beauftragt sie auch, umgehend nach Mailand zu fahren und dort den Galeristen Lariani zu kontaktieren, um ihm ein wertvolles altes Gemälde zu beschaffen. Das Arrangement erscheint Montalbano seltsam, ebenso Larianis Verhalten, das erst seine Eifersucht, dann sein Misstrauen weckt.
Ablenkung verschafft Montalbano der Fall eines wohlhabenden Supermarktbesitzers aus Vigàta. Salvatore di Marta bringt einen Raubüberfall auf seine junge Ehefrau Loredana zur Anzeige. Nach einem Besuch bei ihrer Busenfreundin Valeria Bonifacio wollte Loredana spätabends noch die Tageseinnahmen zum Nachttresor bringen, als sie von einem bewaffneten Mann überfallen wurde. Der Mann raubte ihr das gesamte Geld und einen Kuss. Montalbano glaubt, dass Loredana etwas verschweigt. Von Pasquali, dem kriminellen Sohn seiner treuen Haushälterin Adelina, bekommt er Informationen, denen zufolge tatsächlich etwas faul an der Geschichte ist. Bei der Befragung findet er heraus, dass der Räuber Loredana offenbar auch vergewaltigt hat. Der Verdacht richtet sich gegen den Kleinkriminellen Savastano, einen zwielichtigen Charakter, mit dem Loredana vor ihrer Heirat liiert war. Kurz darauf wird auf einem abgelegenen Stück Land ein ausgebrannter Wagen mit einem Toten gefunden, eine Hinrichtung ganz in Mafia-Manier.
Ein weiterer Fall beschäftigt Montalbano. Der Bauer Intelisano meldet einen mysteriösen Vorfall. Jemand hat in einem verlassenen Häuschen auf seinem Land in der Contrada Spiritu Santo eine Tür eingebaut. Als Montalbano sich die Sache ansehen will, ist die Tür weg. Montalbano entdeckt in der Nähe geköpfte Mandelbäume und Munitionssplitter. Offenbar wurde das Häuschen als Zwischenlager für Waffen benutzt. Die Terrorabwehr in Montelusa übernimmt den Fall. Montalbanos heimliche Parallel-Ermittlungen führen ihn in seine Vergangenheit und konfrontieren ihn und Livia mit einem unersetzlichen persönlichen Verlust.
Die Sache mit François
In Andrea Camilleris neunzehntem Kriminalroman um den sizilianischen Commissario, 2011 unter dem Titel "Una lama di luce" erschienen, gerät Montalbano weniger beruflich als privat an seine Grenzen.
Er verliebt sich ernsthaft in eine andere Frau. Es ist nicht das erste Mal, dass er seine Verlobte Livia betrügt. Doch diesmal ist es anders. Seine Gefühle für die schöne und elegante Marian stürzen ihn in Verwirrung und machen ihm Angst. Das bleibt trotz aller Dramatik nicht ohne komische Momente, wenn Montalbano vor lauter Verliebtheit die Sprache verliert oder seine Geliebte versehentlich mit dem Namen seiner Verlobten anspricht. Natürlich muss man als Leser das Schlimmste befürchten, denn es wäre nicht das erste Mal, dass er auf die Reize einer attraktiven Frau hereinfällt. Seine Liebe zu Marian stellt seine Beziehung zu Livia in Frage, und die Zeichen weisen darauf hin, dass er sich diesmal gegen seine Verlobte entscheidet.
Überschattet wird das Liebesdrama von einem Drama weitaus größeren Ausmaßes. Es geht um François, einen tunesischen Waisenjungen, den Montalbano und Livia 1996 vorübergehend bei sich aufgenommen hatten. Livia wollte ihn adoptieren, doch Montalbano konnte sich nicht dazu durchringen. Und so kam der Junge schließlich auf den Bauernhof von Mimì Augellos Schwester, wo er wie ein Sohn behandelt wurde. Mit einundzwanzig verschwand François spurlos. Das war vor vier Jahren.
François weiteres Schicksal kündigt sich bei Montalbano in einem Alptraum, bei Livia mit bösen Vorahnungen an, eine poetische Lizenz, die Camilleri nicht zum ersten Mal einsetzt und die der Geschichte zusätzliche Dramatik verleiht. Lange Zeit wundert sich Montalbano, warum Sposìto, der Chef der Terrorabwehr, ihn unbedingt aus dem Fall heraushalten will. Am Ende erkennt er den Grund und plötzlich versteht er, was es mit dem Lichtstrahl auf sich hat, der ihn in der Contrada Spiritu Santo blendete.
Der Raubüberfall auf die schöne Loredana ist zwar eine knifflige Angelegenheit, clever eingefädelt von den Tätern, die die Polizei hinters Licht zu führen versuchen. Doch Montalbano, mit dem unbestechlichen Blick fürs Detail, dem Verstand eines herausragenden Polizisten und der Phantasie eines Künstlers ausgestattet, zeigt sich dem Gegner überlegen und stellt ihm seinerseits eine Falle. Um der Wahrheit auf den Grund zu gehen, bedient er sich eines Kleinkriminellen und seiner Haushälterin, seines Journalistenfreundes und seines Stellvertreters Mimì Augello, der sich als angeblicher Anwalt tarnt.
Der Kriminalfall ist clever konstruiert, unterhaltsam und spannend. Camilleri trumpft am Ende mit einer Überraschung auf, die sich passgenau ins Bild fügt. Gewohnt virtuos jongliert er mit seinen Figuren und Erzählsträngen, erzählt knapp und pointiert und hat mit Montalbano eine Figur, die lebendig und trotz - oder gerade wegen - ihrer Schwächen und Fehler teuflisch menschlich ist.
Fazit
Mehr als ein spannender Kriminalroman, denn diesmal geht es nicht nur um zwei wahnsinnig verzwickte Fälle, sondern um die aktuelle politische Lage (arabischer Frühling) und ein persönliches Drama, das von Montalbano ein großes Opfer verlangt, will er als Mensch vor sich selbst bestehen. Inspiriert und phantasievoll, die Fülle von Ideen würde für mehrere Romane reichen.
Andrea Camilleri, Lübbe Audio
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