Allem, was gestorben war

  • List
  • Erschienen: Januar 2003
  • 16
  • Göteborg: Tre böcker, 1995, Titel: 'Till allt som varit dött', Seiten: 289, Originalsprache
  • München: List, 2003, Seiten: 378, Übersetzt: Angelika Kutsch
  • Berlin: Ullstein, 2005, Seiten: 378
  • Augsburg: Weltbild, 2004, Seiten: 379
Allem, was gestorben war
Allem, was gestorben war
Wertung wird geladen
Wolfgang Weninger
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2003

Deutlich merkt man, dass dies Edwardsons Krimidebüt ist

Göteborg erlebt den heißesten Sommer, so weit man zurück denken kann. Georg Laurelius aber schwitzt nicht mehr. Eine Mörderhand hat ihn mit einem Messer von hinten an eine Parkbank genagelt.

Jonathan Wide war früher mal Polizist. Jetzt fristet er als Privatdetektiv sein Leben. Seit wenigen Monaten geschieden, besteht seine Hauptbeschäftigung darin, sich im Suff zu versenken. Nur wenn er gelegentlich mit seinen Kindern auf den Rummel geht, hält er sich mit dem Alkohol zurück. Aber seine Reaktion ist nicht mehr die allerbeste und deshalb fängt er sich im Stiegenhaus einen Schlag auf den Hinterkopf ein, der ihm eine passable Gehirnerschütterung einbringt. Und eine Warnung, seine Nase nicht in fremde Angelegenheiten zu stecken.

Ein junger Taxifahrer bringt seinen weiblichen Passagier in die Notfallambulanz, nach dem sie sich die Seele aus dem Leib gekotzt hat und offensichtlich nach der Einnahme irgendeines Mittels am Abkratzen ist.

Lea Laurelius ruft Jonathan Wide zu Hilfe. Als Wide eintrifft, hat auch sie gerade einen Überfall überstanden, aber sie weiß angeblich nicht, warum. Und gerade als Wide sich mit ihr unterhält, verlangt ihr Mann sie am Telefon zu sprechen. Aber dessen Leiche wurde schon vorher von Kriminalkommissar Sten Ard und seinem Kollegen Ove Boursé begutachtet. Aber davon hat Jonathan Wide keine Ahnung.

Überall in Göteborg nimmt der Rauschgiftmissbrauch überhand. Heroin, Kokain, Crack, alles was man schlucken, schnupfen und spritzen kann überschwemmt Göteborg und irgendwie finden weder die Polizei, noch unser Schnüffler den richtigen Zugang zu all dem, was hier abläuft. Stehen diese Verbrechen in einem Zusammenhang?

Es stellt sich heraus, dass Lea Laurelius Tochter verschwunden ist. Eigentlich sollte sie in Großbritannien bei einer Gastfamilie weilen, aber dort ist sie abgehauen.

Und Sten Ards Kollegin Krista Lagergren verhört eine junge Künstlerin, die darauf hin ebenfalls durch Gewaltanwendung fast das Zeitliche segnet.

Wide beginnt in seiner Vergangenheit zu suchen. Aus Dänemark kommt Rauschgift, aus Dänemark kommen Wides Vorfahren, die unter dem Naziregime nicht gerade den rühmlichsten Eindruck hinterließen und aus Dänemark scheinen auch die Gewalttäter zu kommen, die hinter diesen Verbrechen stecken.

Auch Polizeichef Holte scheint nicht ganz koscher zu sein. Hat er seine Finger in diesem schmutzigen Geschäft.

Åke Edwardson spinnt in seinem neuen Krimi "Allem, was gestorben war" reichlich viele Fäden, die er kräftig verwebt. In der Übersetzung von Angelika Kutsch gewinnt die Handlung durch die Zerlegung in kleine Sequenzen (beim Film würde man es als rasanten Schnitt bezeichnen) deutlich an Spannung, aber diese verflacht zusehends, je weiter sich Jonathan Wide und Sten Ard in den Fall verbeißen. Nicht immer wird klar, worauf Edwardson mit seinen Gedankensprüngen hinaus will.

Die Darstellung von Jonathan Wide ist gelungen. Hier liefert Edwardson ein gutes Bild eines trunksüchtigen Einzelgängers ab, der trocken werden will, dies aber nicht immer schafft und für sein Seelenheil immer wieder ein Glas kippen muss.

Im Gegensatz dazu, wird Kriminalkommissar Ard als alternder Familienmensch präsentiert, der seine liebe Not mit dem eigenen Körper hat und darüber hinaus die ständige Aussichtlosigkeit polizeilichen Tuns in Frage stellt, vor allem, weil er praktisch keinen Schritt weiter kommt, obwohl er seinen Verdächtigen in Untersuchungshaft bringen kann.

Bis zur Hälfte des Buches ist der Krimi absolut stimmig, dann allerdings präsentiert uns Edwardson einige sehr an den Haaren herbei gezogene Spannungselemente, die dazu führen, dass besonders der Schluss des Romans mich nicht befriedigen konnte. Hier wurden zu viele uninteressante Nebeneffekte eingegliedert, die nur im Kontext als plausibel erkannt werden können, aber für die Handlung absolut unerheblich sind und störend wirken. Es wäre besser gewesen, nicht so viele Puzzleteile einzubauen und den Ablauf straffer zu forcieren.

Deutlich merkt man, dass dies Edwardsons Krimidebüt ist. Es kann mit den nachfolgenden Kriminalromanen leider nicht ganz mithalten. Trotzdem gehört "Allem, was gestorben war" noch immer zu den besseren Neuerscheinungen, die ich in der letzten Zeit gelesen habe. Wer Nordlandkrimis mag, in denen Selbsthinterfragung und persönliches Schicksal eine Rolle spielen, sollte durchaus zu diesem Buch greifen, dessen 379 Seiten trotz abflachender Spannung nie langweilig werden.

Allem, was gestorben war

Ake Edwardson, List

Allem, was gestorben war

Weitere Bücher der Serie:

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Allem, was gestorben war«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren