Gangsterland
- C. Bertelsmann
- Erschienen: Januar 2016
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- Berkeley: Counterpoint, 2014, Titel: 'Gangsterland', Originalsprache
- München: C. Bertelsmann, 2016, Seiten: 384, Übersetzt: Karl-Heinz Ebnet
Mafia und Mord, Talmund und Tora
1998: In Chicago passiert dem besten Killer der Mafia, Sal Cupertine, ein großer Fehler. Am Ende sind drei FBI-Beamte und ein mexikanischer Verbindungsmann tot. Normalerweise würde ihm die Familie nun dem FBI opfern, um eine Eskalation zu verhindern, doch sein einflussreicher Cousin Ronnie verhilft ihm zur Flucht nach Las Vegas. Dort angekommen muss er sich monatelang verschiedenen Operationen und Eingriffen unterziehen, um sein Äußeres zu verändern, denn der dortige Mafiaboss Bennie Savone hat groß Pläne mit Sal. Als neuer Rabbi David Cohen soll er gemeinsam mit Rabbi Kales die jüdische Gemeinde führen. Rabbi Kales ist der Schwiegervater von Savone und alles andere als koscher. Schnell kommt Sal alias Rabbi Cohen dahinter, dass er mit runderneuertem äußeren Erscheinungsbild vor allem seine alten Job nachgehen soll. Der neue Friedhof will gefüllt werden, mit richtigen Toten, aber auch mit Auftragstoten der Familie.
"Wir haben einige wohlhabende Kunden, die unsere Bestattungsdienstleistungen denen in ihrer Heimatstadt vorziehen."
"Diese Kunden leben in Chicago?"
"Manche. Manche leben in New York. Andere in Los Angeles. Wir haben einige neue Kunden in Cleveland gewinnen können. Detroit hat uns soeben neue Möglichkeiten eröffnet."
"Und das sind alles ... Juden?"
"Sobald sie unter der Erde sind, ja."
Sal war nie religiös, bemüht sich aber nach Kräften in seiner neuen offiziellen Rolle zurechtzufinden. Doch schon bald gerät Savones Haupteinnahmequelle, ein Strip-Club, ins Visier des örtlichen FBI und auch der vom Dienst freigestellte Special Agent Jeff Hopper kommt Sal bedrohlich nahe. Hopper leitete die Operation, der die drei Beamten in Chicago zum Opfer fielen. Nun sinnt er auf Rache und noch ein weiterer, großer Unbekannter scheint sich sehr aufmerksam für Sals neues Leben zu interessieren.
Packend, unterhaltsam, informativ
Ende des letzten Jahrtausends wächst Las Vegas unaufhörlich. Am Reißbrett entworfen entwickelt sich das Spielerparadies zur künftigen Metropole, deren Einwohner sich vor der Polizei fürchten und den Mobstern mit großem Respekt begegnen. Hier soll sich der Hit Man Sal Curpentine vor dem FBI verstecken und eine neue Existenz aufbauen. Dazu gilt es zunächst die eschatologische Literatur zu studieren; die Tora, den Midrasch, den Talmund. Mehr und mehr erfährt er von seiner wahren Aufgabe. Leichen verschiedenen Ursprungs sollen unter die Erde gebracht werden, denn welche Polizeibehörde käme auf die Idee, auf einem jüdischen Friedhof nach vermeintlichen Mordopfern zu suchen?
"Aber er ist nicht dumm, oder? Steht jedenfalls in den Akten."
"Ja. Zumindest hat er ein gutes Gedächtnis. Man nennt ihn Rain Man."
"Schön zu wissen, dass auch die Mafia ins Kino geht."
Der Protagonist Sal Curpentine ist nicht sympathisch, schließlich tötet er ebenso humorlos wie effizient seine Opfer bevorzugt durch einen Schuss in den Hinterkopf. Wie viele es genau sind, weiß er nicht mehr. Dagegen ist ihm nur zu schmerzhaft bewusst, dass er Frau und Sohn vermisst. Doch die Probleme werden immer größer. Neue Unbekannte mischen die Szenerie auf, das örtliche FBI ermittelt gegen seinen neuen Chef. Dessen Verhältnis zu seinem Schwiegervater ist rätselhaft und dann verschwinden nach und nach wichtige Zeugen. Jeff Hopper ermittelt eigensinnig und dennoch zielstrebig, sorgt ebenfalls für Unruhe. Nicht nur bei der Familie, sondern auch bei seinem bisherigen Arbeitgeber, der eine verkohlte Leiche auf einer Mülldeponie als jene von Sal ausgibt. Für das FBI ist der Fall erledigt, der vermeintliche Mörder seiner Strafe überführt. Derweil droht in Las Vegas die Situation weiter zu eskalieren, weitere Morde werden erforderlich.
"Weißt du, was Bugsy Siegel über Las Vegas gesagt hat? Die Stadt macht aus Frauen Männer und aus Männern Idioten. Wenn er die Stadt heute sehen könnte? Wahrscheinlich würde er glauben, er wäre in ein Irrenhaus geraten."
Tod Goldberg beschreibt faszinierend und eindringlich die Situation in Las Vegas im ausgehenden 20. Jahrhundert. Das Verhältnis von FBI und Familie sowie die Rolle anderer Verbrechersyndikate werden eingehend beleuchtet. Die Gewaltszenen sind mitunter heftig, die Dialoge ätzend-giftig bis unterhaltsam. Auch die speziellen Eigenarten des jüdischen Glaubens werden gekonnt in die Handlung eingebaut. So entwickelt sich letztlich viel mehr als nur ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Cal und Hopper. Ein vielschichtiger Mafiaroman, der aus dem sonst üblichen Angebot deutlich hervorsticht.
Tod Goldberg, C. Bertelsmann
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