Die Zeitungsfrau
- Piper
- Erschienen: Januar 2016
- 3
- München: Piper, 2016, Seiten: 352, Originalsprache
Schmuggler, Spieler und Kunstsammler
Es war im Jahr 1991, als der junge Kommissar Proteo Laurenti es mit Diego Colombo zu tun bekam. Der italienisch-stämmige Argentinier war in Zeiten des Falkland-Kriegs desertiert, und über den Atlantik in die Heimat seiner italienischen Vorfahren gesegelt. In Triest machte er sich dann als cleverer Kunsträuber einen Namen, dem die Polizei allerdings nichts Konkretes nachweisen konnt. Außerdem machte er schmutzige Geschäfte mit Maresciallo Lino La Rosa von der Guardia de Finanza. Bei einer Explosion im Hafen von Triest wird Diego getötet, allerdings wird seine Leiche nie gefunden, und seine Yacht Esperanza ist spurlos verschwunden.
Seine Frau Teresa Fonda hat nach Diegos Tod noch zwei Kinder bekommen - sie sind ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Als dann ein Raubüberfall im Freihafen von Porto Vecchio die Handschrift von Diego Colombo zeigt, nimmt Laurenti neue Ermittlungen auf, weil er nicht sicher ist, ob Diego wirklich tot ist. Eine wichtige Rolle spielen dabei der mittlerweile pensionierte Maresciallo La Rosa, seine zwielichtige Tochter, die private Altenheime betreibt, in denen unsägliche Zustände herrschen - und die Kinder des Meisterdiebs.
Schmuggeln ist in Triest eine jahrhundertealte Tradition
Veit Heinichen hat mit Die Zeitungsfrau einen interessanten und durchaus lesenswerten Roman geschrieben. Spannung wird durch die kriminellen Handlungen einiger Protagonisten allerdings nur selten erzeugt. Dennoch vermag der ansonsten raffinierte Plot den Leser zu fesseln, denn es gibt interessante Protagonisten und spannende Einblicke in ein menschliches Beziehungsgeflecht, das in dieser außergewöhnlichen Hafenstadt ebenso vielfältig wie kompliziert ist.
Triest liegt am nord-östlichen Zipfel der Adria, und damit an der Nahtstelle zwischen dem Westen, wie er vor 1989 definiert wurde, und den Ost-europäischen und Balkan-Staaten. Schmuggeln ist hier eine jahrhundertealte Tradition, und dabei spielt die maritime Infrastruktur natürlich eine große Rolle. Dazu kommen noch neue Konflikte und Widersprüche, die Heimat von Commissario Proteo Laurenti ist also als Schauplatz eines Kriminalromans prädestiniert.
Ein Roman der eher leisen Töne
Veit Heinichen hat seinen Protagonisten in mittlerweile neun Bänden verschiedene Kriminalfälle in diesem interessanten Umfeld lösen lassen. Die Zeitungsfrau ist mein erster Laurenti-Roman, und - wie offenbar auch die Vorgänger - gespickt mit Informationen über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Triest und Umgebung. Das Buch ist dabei eher ein Roman der "leisen Töne", wie übrigens auch ein Kapitel überschrieben ist.
Dazu passen auch die Protagonisten. Laurenti ist kein dynamischer Ermittler, eher der Grübler und Kombinierer. Der Anti-Held in diesem Buch ist Maresciallo Lino La Rosa - verkrüppelt, versoffen und ohne Skrupel. Seine Tochter steht ihm nur wenig nach, auch Daria Bono ist eine mehr als zwielichtige Gestalt.
Im Zuge der Lektüre muss der Leser die verwinkelten Beziehungsgeflechte langsam für sich entwirren, denn er wird nur schrittweise über die vielfältigen Verstrickungen informiert. So bleibt auch bis zum Finale offen, ob der intensiv gesuchte Diego Colombo tatsächlich noch lebt, oder ob der aktuelle Kunstraub einen anderen Hintergrund hat. Das sorgt für ein wenig Spannung, aber ansonsten kommt der Roman doch schon etwas betulich daher. Nette Lektüre an einem verregneten Sonntag - aber etwas mehr Pep könnte nicht schaden. Es geht hier um Illusionen, Liebe und Enttäuschung, und auch um Mord und Betrug. Wer es ruhig und verwickelt mag, wird von Veit Heinichen bestens unterhalten. Wer eher auf Action und atemlose Spannung setzt, muss sich allerdings andere Lektüre suchen.
Veit Heinichen, Piper
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