Spreewaldgrab

  • Ullstein
  • Erschienen: Januar 2016
  • 4
  • Berlin: Ullstein, 2016, Seiten: 352, Originalsprache
Wertung wird geladen
Andreas Kurth
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2016

Good Cop - bad Cop

Nach einer gescheiterten Beziehung und mit einem nervigen Tinnitus belastet lässt sich Polizistin Klaudia Wagner aus dem Ruhrpott in den vermeintlich ruhigen und beschaulichen Spreewald süd-östlich von Berlin versetzen. Doch statt hier zur Ruhe zu kommen, muss sie in Lübbenau gleich in einem komplizierten Fall ermitteln, denn ein Unternehmer wird tot aufgefunden - und seine Geliebte ist verschwunden. Wagner und ihre Kollegen recherchieren im persönlichen Umfeld desToten, denn die Ehefrau verhält sich merkwürdig.

Als jedoch bei der Suche nach der Geliebten ein seit vielen Jahren vergrabenes Frauenskelett gefunden wird, haben die Ermittler einen zweiten Fall, der ähnlich rätselhaft ist. Klaudia Wagner und ihre Kollegen müssen ihren ganzen Spürsinn einsetzen, um die merkwürdigen Rätsel zu lösen - und geraten dabei selbst in höchste Gefahr.

Nebengeräusche werden übermäßig aufgebläht

Nach zwei Kriminal-Romanen, die in Magdeburg und im Ruhrpott angesiedelt waren und viel mit der Fußball-Szene zu tun hatten, nun also ein Spreewald-Krimi von Christiane Dieckerhoff. Im ersten Drittel gibt die Autorin ihrer Protagonistin viel Raum - Klaudia Wagner wird ausführlich vorgestellt. Der Leser erfährt, warum sie gesundheitliche Probleme hat. Die Geräusche im Kopf, volkstümlich Tinnitus genannt, treten mal lauter und mal leiser auf.

Es wird auch eine Erklärung dafür geliefert, dass sich eine junge Polizistin aus dem quirligen Ruhrgebiet an die polnische Grenze versetzen lässt. Sie wollte der unschönen Vergangenheit entfliehen, hat aber gleich wieder Probleme im neuen Umfeld. Sie wohnt bei ihrem Kollegen Uwe in einer Einliegerwohnung - und gerät bei dessen Eheproblemen prompt zwischen die Fronten. Die sich daraus ergebenden Verwicklungen sind jedoch nur unscheinbare Nebenkriegsschauplätze. Die Turbulenzen in der Dienststelle sind ungleich größer - hier gibt es Zoff mit einem Kollegen, der Klaudia ständig ungefragt fotografiert. Ihr Teampartner Tang hat mit seiner übergewichtigen Frau ganz andere Probleme. Diese Aspekte - allesamt nur Nebengeräusche - werden für meinen Geschmack viel zu ausführlich ausgebreitet, der Fortgang der Geschichte und vor allem die Spannung leiden gewaltig darunter.

Gute Ansätze verlaufen leider im Nichts

Christiane Dieckerhoff hat gute Ansätze in ihrem Plot, die aber im Sande verlaufen. Da wird beispielsweise ein Gutachten zu CCS - Carbon, Capture and Storage - ins Spiel gebracht, man hofft auf hochaktuelle politische Aspekte des Wederstands gegen die Kohglendioxid-Speicherung - und wird bitter enttäuscht. Wer die persönlichen und familiären Verhältnisse der Protagonisten interessanter findet als die Kriminalgeschichte, wird hier gut bedient, für alle anderen Leser dürften diese Passagen viel zu langatmig sein.

Die ungewöhnliche Protagonistin mit Ecken und Kanten vermag dagegen zu punkten, da ihre persönlichen Befindlichkeiten für den Fortgang der Ereignisse durchaus eine größere Rolle spielen. Mehr sei hier aus dramaturgischen Gründen nicht verraten.

Die junge Polizistin hat es wahrlich nicht leicht. So hat man als Leser schon Mitgefühl, als ihr von der neuen Lebenspartnerin ihres Ex-Freundes kommentarlos Ultraschallbilder eines Embryos auf das Handy geschickt werden. Klaudia ist dem Zusammenbruch nahe, muss die bittere Erkenntnis verarbeiten, dass ihre Jahre in der alten Beziehung wie Schall und Rauch ohne Perspektive vergangen sind.

Am Auserzählen eines guten Plots muss die Autorin noch arbeiten

Christiane Dieckerhoffs Roman ist dennoch eine adäquate Lektüre für ein verregnetes Wochenende, denn Land und Leute und die merkwürdige Stimmung im Spreewald vermag sie durchaus gut zu schildern. Und im letzten Drittel zieht die Spannug auch noch richtig an, die Ermittler kommen der überraschenden Lösung des Falles nur schrittweise und unter persönlicher Gefahr näher - sogar Action-Fans kommen noch auf ihre Kosten. Im Endspurt punktet der Roman kräftig, aber insgesamt muss die Autorin künftig nachhaltig daran arbeiten, wie sie ihren Plot erzählt. Die Ansätze sind gut - aber es ist noch viel Luft nach oben.

Spreewaldgrab

Christiane Dieckerhoff, Ullstein

Spreewaldgrab

Deine Meinung zu »Spreewaldgrab«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren