Der Commissaire kocht
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2016
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- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2016, Seiten: 320, Originalsprache
Portugiesische Galeeren sind tödlich
Commissaire Lucien Lefevre ist gemeinsam mit seiner aktuellen Partnerin Sophie bei Colette Viard zum Essen eingeladen. Nicht irgendein Essen, denn Viard gewann unlängst eine landesweit erfolgreiche Kochsendung und erfüllte sich mit dem damit verbundenen Preisgeld den Traum vom eigenen Restaurant. Nun steht die Eröffnung an und hochrangige Vertreter der Kochbranche sowie der Medien sind zu Gast. Star des Abends ist der ebenso berühmte wie berüchtigte Starkritiker Raul Da Silva, dem Viard maßgeblich den Gewinn der Show zu verdanken hat. Schon die Bezeichnung der Vorspeise "Portugiesische Galeere" lässt die Gäste aufhorchen, doch natürlich gibt es keine echten Quallen zum Verzehr. Tödlich ist die Speise trotzdem, zumindest für Da Silva, der nach kurzem Todeskampf verstirbt. Lefevre übernimmt die Ermittlungen, die sich als schwierig erweisen, da Da Silva zahlreiche Feinde hatte ...
Viele Verdächtige, aber in mancher Hinsicht enttäuschend
Der Commissaire kocht ist zunächst vom Titel her irreführend, denn Lucien Lefevre kocht allenfalls vor Aufregung anlässlich der Unfähigkeit seiner Mitarbeiter. Weder Lieutenant Yves Dubertrand noch Lieutenant Francois Chevalier verstärken beim Leser nachhaltig den Eindruck, dass sie für den Polizeidienst geeignet sind. Auch wenn die Handlung in Contis, Auqitanien, spielt und die kleine Polizeiwache in dem verschlafenen Lit-et-Mixe liegt, ein bisschen mehr Fachwissen wäre schon nicht schlecht. So tragen sie mit ihrem teils kindischen Verhaltensmustern lediglich ein bisschen zur Verwirrung bei.
Verwirrend sind zudem etliche Floskeln und Phrasen, mit denen die Autorin zu Werke geht. Nicht nur, dass zahlreiche banale Aussagen auf Dauer langweilen, es wird vor allem nicht dadurch besser, dass Julie Masson auch noch explizit auf diese hinweist. Unzählige Male wird der Protagonist gebeten, Aussagen und Hinweise vertraulich zu behandeln, was nicht nur den Ermittler selber nervt. Sprachlich ist Der Commissaire kocht ein Leichtgewicht und daher am ehesten als Sommerlektüre für den nächsten Strandurlaub geeignet. Die Vielzahl verdächtiger Personen sorgt immerhin dafür, dass der Spannungsbogen bis zum Schluss ordentlich ausfällt.
Zudem ist die Hauptfigur der Reihe, im Gegensatz zu seinen Mitarbeitern, durchaus sympathisch. Einst in besseren Kreisen verkehrend, hat Lefevre der hektischen und mitunter brutalen Polizeiarbeit in Paris den Rücken gekehrt und sich in das beschauliche Contis am Atlantik zurückgezogen, wo vor allem Kapitalverbrechen kaum vorkommen. Nach der Scheidung von seiner Frau, versucht er nun eine neue Beziehung mit der in Berlin lebenden Sophie. Diese mag allerdings nicht von der deutschen Hauptstadt auf Dauer in die ländliche Peripherie ziehen, so dass hier noch eine "Fortsetzung" folgen dürfte.
Im Sog der populären Frankreich-Krimis von Jean-Luc Bannalec wäre es sicher von Vorteil gewesen, auch im vorliegenden Fall die Landschaft an der französischen Küste in die Handlung einzubeziehen. Ist diese bei Bannalec der heimliche Star und mit Garant für den Erfolg der Reihe, so findet diese hier nur beiläufig Erwähnung. Auch hätte man anlässlich des gewählten Grundthemas einen intensiveren Einblick hinter die Kulissen von Kochsendungen geben können. So bleibt vieles oberflächlich und Der Commissaire kocht nur ein laues Krimilüftchen, welches aus der Masse der Neuerscheinungen nicht hervorragt.
Julie Masson, Rowohlt
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