Quercher und das Seelenrasen
- Grafit
- Erschienen: Januar 2016
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- Dortmund: Grafit, 2016, Seiten: 320, Originalsprache
Forscher, Flüchtlinge und ein großer Haufen Kohle
Eine Niere im Fressnapf eines Hundes, manipulierte Bremsen an einem Automobil - die Bedrohung der Pharma-Erbin Nina Poschner ist im Grunde nicht zu übersehen. Der mitunter recht kantige Polizist Max Quercher greift zuweilen zum Joint, wird wegen Drogenkonsums suspendiert - und will trotzdem in dieser Angelegenheit weiter ermitteln. Denn er sieht eine Verschwörung, seine Vorgesetzte, LKA-Chefin Constanze Gerass hält das allerdings mal wieder für Unsinn. Quercher bleibt sich aber treu, kann nicht still sitzen und ermittelt trotz seiner zunehmenden Wahn-Vorstellungen und Panik-Attacken munter weiter. Unterstützung bekommt er dabei einmal mehr von seinem pensionierten Vorgesetzten und Freund Pollinger - aber auch reichlich Kritik. Schrittweise kommt heraus, was Nina Poschner mit ihrem Internat für Flüchtlinge vorhat, aber Max erfährt auch Details aus ihrer dunklen Vergangenheit in Afrika. Es gab ungenehmigte Medikamenten-Versuche mit anschließenden Todesfällen - alles wurde geschickt vertuscht. Der vermeintliche Selbstmord einer wichtigen Zeugin zeigt Quercher und Pollinger, dass sie sich in einem Wettlauf gegen die Zeit befinden, denn wichtige Verträge sollen schon bald unterzeichnet werden - es geht um viel Geld.
Quercher-Geschichten sind gut und richtig spannend erzählt
Quercher und das Seelenrasen ist der vierte Fall für den ziemlich kauzigen, kantigen, und deshalb in meinen Augen so sympathischen LKA-Ermittler. Die Figur Quercher wird von Martin Calsow konsequent weiterentwickelt, und es macht mir richtig Spaß, das kontinuierlich zu verfolgen. Allerdings kann man mit diesem Roman auch neu einsteigen, ohne dass man die anderen Bände zuvor gelesen haben muss.
Max Quercher ist kein konventioneller Ermittler - das macht diese Roman-Reihe so lesenswert. Calsow greift aber auch aktuelle Themen als Hintergrund auf, doch die Ecken und Kanten des Protagonisten sind für mich ein ebenso wichtiger Grund, warum ich diese gut und richtig spannend erzählten Geschichten rund um den Tegernsee so gerne lese. Dazu passt in meinen Augen sehr gut, dass sich Calsow stets politisch angehauchte Themen vornimmt, Quercher und das Seelenrasen ist sogar ziemlich dicht am Genre "Polit-Thriller" angesiedelt, bleibt aber insgesamt ein Kriminalroman.
Quercher hat eine Schwäche für Frauen und ein flottes Mundwerk
Quercher ist ein Hundefreund, seiner Dackeldame Lumpi lässt er so einiges durchgehen, die stets präsente Hündin wirkt aber auch irgendwie besänftigend auf den zuweilen hektischen Ermittler. Er raucht mal einen Joint, ist alkoholischen Getränken nicht abgeneigt, hat eine große Schwäche für Frauen, ein ziemlich flottes Mundwerk - und ist als Ermittler so hartnäckig wie ein italienischer Verteidiger beim Fußball. Da stört es ihn auch nicht wirklich, dass er mal wieder die Drecksarbeit für die bayerische Staatskanzlei erledigen soll.
Die Dialoge zwischen Pollinger und Quercher gehören übrigens stets zu den Highlights in den Romanen der Reihe, sie kommen im aktuellen Band leider etwas kurz. Das liegt an der Geschichte, und mindert keineswegs den Lesegenuss insgesamt - Quercher ist der Star, sein Team nicht so involviert wie sonst.
Calsow setzt sich in den oberen Rängen der Krimi-Autoren fest
Mit zwei Oberthemen reichert Calsow seinen aktuellen Roman an. Es geht um die Flüchtlinge und Geschäfte mit ihrer Situation. Und es geht vor allem um dreckige Machenschaften und Übernahme-Kämpfe in der Pharmaindustrie. Das erste Thema ist aktuell, bei den Pillendrehern gab es derartige Dinge schon immer - hier werden sie grell beleuchtet. Durch die illegale Testreihe in Afrika hat sich eine perfekte Verbindung mit dem Zustrom von Flüchtlingen in Bayern ergeben, der Plot insgesamt ist ausgezeichnet.
Dafür dürfte Martin Calsow umfangreich und intensiv recherchiert haben, und er zeigt hier mal wieder, dass er Geschichten gut und unterhaltsam erzählen kann. Ein ungewöhnlicher und sehr individueller Protagonist, eine spannende Handlung mit politischem und wirtschaftlichem Hintergrund - Calsow setzt sich langsam in den oberen Rängen der deutschen Krimi-Autoren fest.
Martin Calsow, Grafit
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