Stumme Hechte

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2016
  • 3
  • Dortmund: Grafit, 2016, Seiten: 256, Originalsprache
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Andreas Kurth
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2016

Wenn Top-Bullen ihre Männerfreundschaft pflegen

Am Krossinsee, ganz im Südosten von Berlin, findet die Campingplatz-Betreiberin eine Leiche. In Sichtweite des Toten schlummern drei hochrangige Polizisten in ihren Schlafsäcken. Seit der gemeinsamen Zeit auf der Führungsakademie machen Lutz Büchler, Max Hartl, Steffen Reifenberg und René Walcha regelmäßig zusammen Urlaub - und nun liegt Walcha erschossen im Wasser. Kommissar Martin Nettelbeck und sein Team gehen angesichts der Umstände und der ersten Aussagen der drei Polizeidirektoren zunächst von Selbstmord aus, ermitteln aber dennoch auch in andere Richtungen. Als die Polizei erste Spuren findet, die doch auf einen Mord hindeuten, beginnen die drei Überlebenden zu mauern.

Nettelbeck will den Fall unbedingt aufklären, muss aber vorsichtig sein, da es sich bei den drei Verdächtigten um einflussreiche Polizisten handelt. Dramatisch wird es für den ehrgeizigen Ermittler, als zu allem Überfluss auch noch die Tochter seiner Lebensgefährtin Philomena entführt wird. Nettelbeck und seine Kollegen müssen alles geben, um die mehr als spezielle Situation zu bewältigen.

Rasanter Erzählstil ohne überflüssiges Beiwerk

Stumme Hechte ist für Rainer Wittkamp bereits der vierte Fall um den Berliner Ermittler Martin Nettelbeck. Der Einstieg in die Serie ist offensichtlich problemlos möglich, ohne die Vorgänger-Bände gelesen zu haben, jedenfalls habe ich das bei der Lektüre so empfunden. Wie bei einem Drehbuch-Schreiber nicht anders zu erwarten, erzählt Wittkamp seine Geschichte sehr dynamisch und flüssig. Er schafft es, 86 Kapitel in die 219 Seiten seines Romans zu packen. Das wird nicht jeder Leser mögen, mir hat dieser rasante Erzähl-Stil allerdings außerordentlich gut gefallen. Der Roman ist dadurch frei von überflüssigem Beiwerk, daran können sich manche Autoren mit ihren ausufernden Beschreibungen von Land und Leuten gerne ein Beispiel nehmen.

Rainer Wittkamp nimmt daher auch keinen langen Anlauf, sondern geht gleich in die Vollen. Neben dem Mord am Krossinsee wird dem Leser bereits zu Beginn eine leicht verschrobene Kleinkriminelle präsentiert, die ihrer Freundin dabei half, deren Mann zu töten. Da die Entführung der Tochter von Nettelbecks Lebengefährtin bereits auf der Buchrückseite angekündigt wird, ahnt der Leser schnell, welche Rolle die frisch aus dem Gefängnis entlassene Nadine Lemmnitz spielen wird.

Sarkastische Untertöne sorgen für gute Unterhaltung

Das gesamte Szenario des Romans ist in meinen Augen hochinteressant. Drei Polizeidirektoren als Verdächtige in einem Mordfall, bei dem ihr bester Freund das Opfer ist. Ein Ermittler, der mit seiner Patchwork-Familie so richtig gut zu Berlin passt - und durch die Entführung in eine echte Krise schlittert. Und dann noch die Kulissen am Rande und in den Nischen der Hauptstadt, die kurz und knapp, aber dennoch authentisch beschrieben werden. Man merkt bei der Lektüre, dass sich der Autor in Berlin bestens auskennt, und die Hintergründe für seinen Plot akribisch recherchiert hat. Sarkastische Untertöne sorgen - neben aller Spannung - für gute Unterhaltung. Alles zusammen führt dazu, dass der Leser von der Geschichte von Beginn an gefesselt wird, und wissen will, wie es in den verschiedenen Handlungssträngen weiter geht.

Ein stimmiger Plot und ganz viel Spannung

Ein Mord in hochrangigen Polizeikreisen und eine Entführung in der Familie des Ermittlers - das ist schon eine starke Kombination. Traditionelle Polizeiarbeit ist gefragt, bei aller Emotionalität, der sich Martin Nettelbeck natürlich nicht entziehen kann. Falsche Spuren und Verwirrungen heizen die Spannung noch zusätzlich an. Das Finale hat Rainer Wittkamp - wie bei einem Drehbuch-Profi zu erwarten - noch deutlich rasanter und dramatischer gestaltet. Ein bemerkenswerter Haupt-Protagonist, interessante und ungewöhnliche Neben-Figuren, ein stimmiger Plot und viel Spannung - diesen Kriminalroman legt man erst aus der Hand, wenn der Fall gelöst ist. Fazit: Überaus lesenswert.

Stumme Hechte

Rainer Wittkamp, Grafit

Stumme Hechte

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