Trügerische Gewissheit

  • Folio
  • Erschienen: Januar 2016
  • 1
  • Turin: Giulio Einaudi editore, 2014, Titel: 'Una mutevole verità', Originalsprache
  • Wien: Folio, 2016, Seiten: 143, Übersetzt: Monika Lustig
Trügerische Gewissheit
Trügerische Gewissheit
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Jörg Kijanski
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2016

Kein Meisterwerk des großen Autors

Maresciallo Pietro Fenoglio hatte schon schwerere Fälle zu lösen. In seiner Wohnung wird die Leiche von Sabino Fraddosio gefunden, die durchgeschnittene Kehle beweist das Vorliegen eines Kapitalverbrechens. Fraddosio ist kein Unbekannter, zahlreiche Anzeigen wegen diverser sexueller Vergehen liegen vor. So gäbe es womöglich etliche Tatverdächtige, doch eine leicht schrullige Nachbarin hat aufgepasst. Zur vermeintlichen Tatzeit begegnete ihr im Hausflur ein junger Mann, der nicht ins Haus gehört und sich zudem verdächtig benahm. Sie notierte gewohnheitsmäßig das Kennzeichen seines Autos und so passen schnell die Indizien zusammen und mit Nicola Forneli ist der vermeintliche Mörder gefasst.

 

"Die Ermittlung war ein Traum. Alles perfekt, alles fügte sich zusammen wie eine gelöste Denkaufgabe. Warum also dieses Unbehagen? Warum dann diese vage Empfindung? Wie ein Wort, das dir auf der Zunge liegt. Wie ein schwacher Geruch in der Luft, den du nicht benennen kannst."

 

Forneli schweigt, gibt lediglich seine Freundin als Alibi an, doch diese sagt Fenoglio lediglich, dass sie von der Unschuld ihres Freundes überzeugt sei und er doch bitte mal den Hintergrund des Opfers prüfen solle. Eigentlich könnte Fenoglio den Fall in Ruhe zu den Akten legen, doch irgendetwas nagt an ihm. Ein Bauchgefühl sagt ihm, dass hier ein wichtiges Detail nicht stimmt. Wenn er nur wüsste welches?

Anleihen bei Sherlock Holmes - wem sonst?

Gianrico Carofiglio ist in der Krimilandschaft kein Unbekannter. Im Gegenteil: Seine Romane um den Anwalt Guido Guerrieri stehen überall hoch im Kurs und wurden mit etlichen Preisen ausgezeichnet. Nun also ein Stand-Alone um den Maresciallo Fenoglio, bei dem der Autor das zeigt was er mit am besten kann, nämlich lebensechte Figuren mit vielschichtigem Charakter darzustellen. Fenoglio besitzt im hohen Maße Einfühlungsvermögen und Empathie und so beschließt er der Anregung von Fornelis Freundin nachzugehen und über das Opfer zu recherchieren. Das Szenario des Falles erinnert ihn ohnehin an seine Lieblingsgeschichte von Sherlock Holmes "Silberstern". Diese erschien 1892 unter dem Originaltitel "Silver Blaze" und es ging um das Verschwinden des gleichnamigen Rennpferdes und den Tod seines Trainers. Damals bellte der Hund nicht, aber wir kommen vom Thema ab.

 

"Wie hatten Sie bloß begriffen, dass er bei der Bahn arbeitet?"
"Ableitungen, Details, winzige, weiterverarbeitete Einzelheiten. Jahrelange Erfahrung und Beobachtungen führen zu solch außerordentlichen Ergebnissen."
"Welche winzigen Einzelheiten?"
"Zum Beispiel das Jackett einer Bahnuniform am Kleiderständer in der Diele?"

 

Zurück nach Bari und hier wäre noch zu erwähnen, dass die Geschichte im Jahr 1989 spielt, was vor allem erklärt, warum die Ermittlungsmethoden nicht dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Die Geschichte ist, wie bei Carofiglio gewohnt, sprachlich gekonnt umgesetzt. Allerdings lässt der Spannungsbogen sehr zu wünschen übrig, da es hinsichtlich der (sicher nicht alle Leser begeisternden) Auflösung kaum Alternativen gibt. Daher stimmt hier vor allem das Buch-Preis-Verhältnis (knapp 130 Seiten für 14,90 Euro) leider nicht.

Trügerische Gewissheit

Gianrico Carofiglio, Folio

Trügerische Gewissheit

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