Eisenberg
- Argon
- Erschienen: Januar 2016
- 17
- Berlin: Argon, 2016, Übersetzt: Michael Schwarzmaier , Bemerkung: ungekürzte Ausgabe
Penner, Killer und eine überaus clevere Anwältin
Rechtsanwältin Rachel Eisenberg weist zunächst eine junge Obdachlose ab, die bei ihr juristischen Beistand sucht. Dann hört sie unter Kollegen vom Mord an einer Studentin, und der Festnahme eines Obdachlosen. Der Fall interessiert Eisenberg nicht wirklich, sie hofft aber auf ein gewisses Interesse der Medien. Es stellt sich heraus, dass sie ihren neuen Mandanten Heiko Gerlach aus der Vergangenheit kennt - sie hatte sogar eine kurzzeitige Beziehung mit ihm.
Eisenberg kennt ihn nicht wirklich gut, glaubt aber, ihn als Täter ausschließen zu können. Mit ihrem Team beginnt sie die dünne Beweislage zu analysieren - bis Gerlach bei einem Haftprüfungstermin den Mord plötzlich gesteht. Er entzieht Rachel das Mandat, aber die ermittelt mit ihrem Team trotzdem weiter.
Durch den Laptop des Mordopfers - der durch einen glücklichen Zufall in Rachels Hände gerät - ergibt sich eine ganz neue Sicht auf mögliche Zusammenhänge und Hintergründe. Aber für die hartnäckige Rachel ist es noch ein weiter Weg, bis sie die schockierende Wahrheit erfährt.
Föhr unterhält den Leser mit einer spannenden Geschichte
Neben der bei vielen Lesern recht beliebten Reihe um die ausgebufften bajuwarischen Polizisten Kreuthner und Wallner hat Andreas Föhr jetzt den ersten Band seiner neuen Serie um die clevere Rechtsanwältin Rachel Eisenberg vorgelegt. Der für den Leser verwirrende Beginn ist dabei ein Prolog, in dem der Tod der Titel-gebenden Top-Anwältin unvermeidbar zu sein scheint.
Der Roman führt in vielen Wendungen auf diese schwierige Situation hin, und Föhr unterhält darin den Leser mit einer spannenden und mit Rätseln gespickten Geschichte. Der wirklich gut konstruierte Plot bietet dabei viele Fragen und interessante Aspekte, die teilweise erst im überaus spannenden und dramatischen Finale aufgelöst werden.
Eisenberg ist eine ungewöhnliche und interessante Figur
Anwälte als entscheidende oder gar alleinige Ermittler sind in der Kriminal-Literatur mittlerweile recht weit verbreitet, aber mit Rachel Eisenberg hat Andreas Föhr eine in meinen Augen ungewöhnliche und interessante Figur geschaffen. Sie hat so einige Ecken und Kanten - und im komplizierten juristischen Betrieb lässt sie sich von Staatsanwälten und Richtern nicht unterbuttern.
Rachel Eisenberg greift dabei zu ziemlich ungewöhnlichen Mitteln, eckt mehr als einmal damit an - und sie hat auch privat so einige offene Fragen zu klären. Wie die energische Rechtsanwältin auf dem Schulhof einen Nachwuchs-Macho so richtig anzählt, damit der ihre Tochter künftig in Ruhe lässt - das hat schon Extra-Klasse. Es macht vor allem Spaß, ihr bei ihren Recherchen zu folgen, der Auftakt zur neuen Reihen von Andreas Föhr ist im Hinblick auf die Protagonistin mehr als vielversprechend.
Zusammenhänge bleiben bis zum Schluß undurchschaubar
Aber auch die Geschichte selbst hat es in sich. Da gibt es noch eine Nebenhandlung um eine Frau vom Balkan und deren Tochter. Dann ist der da noch der geheimnisvolle Retter einer jugendlichen Obdachlosen, ein paar merkwürdige Polizisten an der bayerischen Grenze - und eben der ehemalige Lebensgefährte von Eisenberg. Heiko Gerlach ist eine ziemlich komplexe Figur, die für den Leser lange Zeit undurchschaubar bleibt.
Überhaupt bleiben die Zusammenhänge lange Zeit absolut unklar, lassen sich bei der Lektüre allenfalls erahnen, und werden erst am Schluß deutlich - in der Rückschau ist dann alles glasklar. Ob man die einzelnen Ereignisse und Wendungen insgesamt für realistisch oder doch für zu konstruiert hält, muss jeder Leser am Ende für sich entscheiden. In meinen Augen zeigt Andreas Föhr auch in seiner neuen Serie, dass er ein guter Geschichten-Erzähler ist. Der Plot, die Hintergründe, die Haupt- und Nebenfiguren, und nicht zuletzt die authentischen Dialoge passen hervorragend und machen die Lektüre ebenso spannend wie kurzweilig.
Andreas Föhr, Argon
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