Küstenstrich
- dtv
- Erschienen: Januar 2016
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- München: dtv, 2016, Seiten: 400, Originalsprache
- Berlin: Der Audio Verlag, 0, Seiten: 6, Übersetzt: Sascha Rotermund
Temporeicher zweiter Fall führt erneut in die Normandie
Ein halbes Jahr ist vergangen, seit Personenschützer Nicolas Guerlain einen Einsatz mächtig in den Sand setzte. Inzwischen ist er vom Dienst befreit und seine Sitzungen beim Psychotherapeuten gehen in die entscheidende Phase. Wird er wieder in seinen alten Job zurückkehren können? Doch dann erhält er einen überraschenden Anruf seines früheren Teamleiters Gilles Jacombe.
"Die Frage ist: Willst du weiter Spielchen spielen und den ganzen Tag hier rumsitzen? Oder willst du wieder als Personenschützer arbeiten?"
"Ich gehe immerhin zum Therapeuten. So, wie ihr es wolltet."
"Das reicht nicht. Willst du oder willst du nicht?"
In Deauville erhält der Comte Aristide de Tancarville seit einigen Tagen Morddrohungen und in Kürze soll er einen Empfang für Minister Francois Faure geben. Jenen Minister, auf den Nicolas vor sechs Monaten aufpassen sollte und der als der kommende Präsident gehandelt wird. Nun soll Nicolas den Comte beschützen und so geht es für ihn zurück in die Normandie, dort wo damals alles anfing und aufhörte. Noch bevor er den Comte aufsucht, findet Nicolas eine Leiche. Irgendwo erschossen und später mit einem Seil befestigt von der Pont de Normandie geworfen. Nahezu zeitgleich finden Luc Roussel und seine Mitarbeiter vom Kommissariat Deauville in einem Hinterhof eines berüchtigten Nachtclubs die Leiche eines minderjährigen Mädchens, die hier offenbar als Prostituierte arbeiten musste. Roussel ist über das Wiedersehen mit dem Personenschützer alles andere als begeistert, doch die Fälle hängen zusammen ...
Der Dschungel von Calais wird geräumt
Nach dem erfolgreichen Roman Strandgut, der gleichzeitig den Serienauftakt für Personenschützer Nicolas Guerlain darstellt, folgt nur mit Küstenstrich der zweite Fall, in dem sich Autor Benjamin Cors seinem Stil mehr als treu bleibt. Es geht von Paris wieder in die Normandie, dort gibt es ein Wiedersehen mit Roussel und Kollegen sowie Claire Cantalle, die von Nicolas als Haushaltshilfe im Anwesen des Comtes eingesetzt wird, um dort für ihn die Ohren offen zu halten. Minister Faure spielt ebenfalls wieder eine wichtige Rolle, genauso wie dessen persönlicher Referent und der bereits erwähnte Personenschützer Jacombe.
Die Geschichte spielt in zwei Zeitschienen: Heute und vor zwei Jahren. Damals wurde das Flüchtlingslager, der berühmte Dschungel von Calais, geräumt und zwei minderjährige Mädchen aus Afghanistan verschwanden. Im Lager lernten sie Christian kennen, der für eine Menschenrechtsorganisation dort zu helfen versuchte und der nun, heute, am Ende des Seils von der Pont de Normandie hängt. Bei einem geplanten Empfang zu Ehren des Ministers und womöglich zukünftigen Präsidenten Faures, soll der Comte ermordet werden. So besagt es die letzte Drohung, die nicht alle beteiligten ernst zu nehmen scheinen.
Das Flüchtlingsdrama von Calais bildet den Hintergrund der vorliegenden Geschichte, in der man auch umfangreiche Einblicke in die Arbeit eines Personenschützers erhält. Dazu ein ebenso reinrassiger wie arroganter Adeliger, ein machthungriger Politiker und ein mitunter unausstehlicher Polizist, dessen Lieblingswort mit Sch... anfängt, fertig sind die wichtigsten Nebenfiguren. Der Schreibstil ist sehr flüssig, das Tempo von Anfang an hoch und so liest sich Küstenstrich zügig durch. Allein die ständige Suche nach Julie, die Nicolas vor dreieinhalb Jahren verlassen hat und von der seither jedes Lebenszeichen fehlt, mag manchem Leser ein bisschen übertrieben erscheinen, da diese vor allem die Seiten füllt, nur um vorrangig zu erklären, warum Nicolas einige Fehler unterlaufen, da er - in Gedanken an Julie - oftmals abgelenkt ist. Der Plot ist intelligent aufgebaut und ein wenig verschachtelt, daher empfiehlt es sich, auf die Ort- und Zeitangaben zu Beginn der Kapitel zu achten. Zwei zentrale Wendungen zum Finale runden den positiven Gesamteindruck ab.
Küstenstrich ist, wenn man es so lesen möchte, ein etwas anderer Blick auf die Flüchtlingskrise.
Benjamin Cors, dtv
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