Spionin in eigener Sache

  • Eichborn
  • Erschienen: Januar 1995
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  • Frankfurt am Main: Eichborn, 1995, Seiten: 243, Übersetzt: Helga Herborth
  • München: dtv, 1997, Seiten: 191
  • München: dtv, 1999, Seiten: 191
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Sabine Reiß
30°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2003

Nicht modern, aber auch kein Klassiker

Die Literaturprofessorin Kate Fansler und Ihr Mann Reed Amhearst liegen in ihrem Urlaubssemester nicht auf der faulen Haut. Da Reed als Juraprofessor eine Gastdozentenstelle an der Schuyler Law School angenommen hat, wird Kate zusammen mit einem Kollegen ihres Mannes ein interdisziplinäres Seminar abhalten, das Literatur und Recht miteinander verbinden soll. Schon vor Beginn des Semesters wird Kate von der Sekretärin der Schule aufgesucht, die ihr eine merkwürdige Geschichte erzählt. Sie sei selbst Dozentin gewesen, habe allerdings ihr Leben und ihre Identität aufgegeben, was nicht schwer gewesen sei, da auf ältere Frauen eh niemand achte. Unter einem anderen Namen hat "Harriet" sich in der Institution eingeschlichen. Sie bittet Kate Fansler, die sich schon einige Male als Spürnase betätigt hat, den Tod von Nellie Rosenbusch zu untersuchen. Diese war die erste und auch einzige weibliche Dozentin an der Law School, einer anscheinend durch und durch chauvinistischen und auch konservativen Lehranstalt. Ihr Unfall, bei dem sie vor einen Laster gefallen ist und an den Verletzungen sofort verstarb, hat Zweifel bei einigen (wenigen) Leuten gesät, dass es sich um einen natürlichen Tod gehandelt hat.

"Spionin in eigener Sache" umfasst knappe 200 Seiten und auch diese erwecken den Eindruck, dass sie nicht besonders mit Spannung vollgepackt sind. Bis weit über die Hälfte passiert gar nichts, der Leser weiß nicht mehr als am Anfang auch schon und es zeichnet sich auch keine Spannung ab. Stattdessen plätschert die Handlung einfach so dahin. Und am Ende der Lektüre: Man wartete die ganze Zeit darauf, dass etwas passiert, aber es passierte tatsächlich NICHTS. Ich hoffe, ich habe mit dieser Aussage nicht schon zu viel verraten. Wir haben hier keinen Krimi vor uns, sondern eine Aneinanderreihung von Begebenheiten und die zwei Handlungsstränge, die eigentlich recht vielversprechend von Amanda Cross angelegt wurden, verlaufen tatsächlich im Sand. Unglaublich! Noch nie habe ich ein Buch gelesen, auf dem sogar schon auf dem Cover "Kriminalroman" steht und das diese Bezeichnung absolut nicht verdient.

Wenn man sich dem Stil der Autorin zuwendet, muss man zunächst wissen, dass Amanda Cross selbst Literaturprofessorin ist. Getreu dem Motto: 'Schreibe über das, was du kennst', hat sie bei der Erfindung von Kate Fansler gehandelt, doch das reicht bei weitem nicht aus, um einen lesenwerten Krimi zu erschaffen. Bei Amanda Cross hat ihre Profession zu einem Schreibstil geführt, der den Eindruck einer gewissen Arroganz hinterlässt. Gewissermaßen doziert die Hauptfigur in Stellvertretung der Autorin, in erster Linie über den Feminismus, die Frauenbewegung und über Gleichstellungsanfragen, meist anhand der Schilderung der Verhältnisse an der Lehranstalt. Da kommt es einem schon fast merkwürdig vor, wenn man eine solche Passage liest (zuvor hat ein Schüler den Seminarraum abgeschlossen, damit niemand fliehen kann):

 

"Ich habe die Nase voll von dem Scheißdreck, den Sie hier verzapfen", brüllte der junge Mann, "und jetzt zeig ich Ihnen mal, wie sich ein richtiger Mann benimmt. Wenn's eins gibt, was ich noch mehr hasse als Schwule, dann Heteros, die sich von Frauen herumkommandieren lassen." ... "Mir reicht es jetzt mit dieser ganzen Scheißpropaganda. Wieso werden Männer wegen Vergewaltigung verurteilt, nur weil die dämlichen Ziegen nicht wissen, was sie wollen, und einen schmoren lassen, bis einem die Eier blau anlaufen..." (S. 118 f.)

 

Und das ist nicht das einzige Klischee, das aufs Tapet gebracht wird. Zudem werden auch juristische Sachverhalte derart vermittelt, dass eine Person einer anderen einen kleinen Vortrag darüber hält. Und sogar die Beschreibung der Kücheneinrichtung wird in Romanform beschrieben, was sich über eine halbe Seite hinzieht: "Stell dir vor, wie ich in einem Roman in diesen Raum komme und dich Speck braten sehe." (S. 24) Um den Stil zu beurteilen, muss man jedoch wissen, dass Amanda Cross 1926 geboren wurde. In welchem Jahr die Handlung angesiedelt ist, das kann man kaum erkennen, den beschriebenen Zuständen nach vielleicht in den 70er Jahren, die Veröffentlichung datiert allerdings aus dem Jahr 1995, was "Spionin in eigener Sache" gleichermaßen antiquiert und auch modern erscheinen lässt - eine merkwürdige Zusammensetzung. Vielleicht sind ihre Romane, die sie zu Beginn ihrer Karriere veröffentlichte, weniger zwiespältig.

"Spionin in eigener Sache" ist trotz der Kritikpunkte lesbar, sofern man den Gedanken im Hinterkopf behält, in welchem Kontext das Buch entstanden ist und sich nicht an der fehlenden Spannung stört. Nicht modern, aber auch kein Klassiker! Eine Leseempfehlung gibt es hier allerdings nicht...

Spionin in eigener Sache

Amanda Cross, Eichborn

Spionin in eigener Sache

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