Karkloof Blue
- ariadne
- Erschienen: Januar 2015
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- Hamburg: ariadne, 2015, Seiten: 288, Übersetzt: Katrin Kremmler und Else Laudan, Originalsprache
Der schöne Schmetterling auf dem Buchcover trügt
Enthüllungsjournalistin Maggie Cloete ist zurück in Pietermaritzburg. Nicht ganz freiwillig hat sie hier eine Stelle als Nachrichtenleiterin bei der örtlichen "Gazette" angenommen. Einen Schreibtischjob fernab des journalistischen Treibens auf der Straße. Doch nach fast zwanzig Jahren ist ihr Bruder Christo wieder aktiver Teil ihres Lebens; zuvor war er in einer psychiatrischen Klinik. Christo schließt sich einer Gruppe von radikalen Umweltaktivisten an, die gegen den Papierkonzern Sentinel kämpfen, der ein uraltes Waldstück namens Karkloof Sektor 7 abholzen will, um hier das für ihre Arbeit so wichtige Kiefernholz zur Papiergewinnung anzupflanzen. Doch die Monokultur wäre zugleich der Tod für viele Tierarten, darunter ein vom Aussterben bedrohter Schmetterling.
Bevor die Rodungsarbeiten beginnen sorgt zunächst ein vermeintlicher Selbstmord für kurzes Aufsehen. Am Grunde des Howick Falls, einem beliebten Ausflugsziel für Touristen, wurde die Leiche von Dave Bloom gefunden. Für die Polizei ein klarer Fall, doch warum sollte sich der lebensfrohe Familienvater und Mitarbeiter von Sentinel in einem Wasserfall zu Tode stürzen? Der Vorfall gerät schnell in Vergessenheit, denn die Arbeiten von Sentinel beginnen. Allerdings nur kurz, denn kaum haben die Bagger ihre Arbeit aufgenommen wird diese schon wieder eingestellt. Ein altes Massengrab kommt zu Tage und weckt dunkelste Erinnerungen an die Schrecken der Apartheid...
Auch der zweite Fall von Maggie Cloete überzeugt
Nach Balthasars Vermächtnis ist Karkloof Blue (wer mit dem Namen nichts anfangen kann, findet dessen Erklärung auf dem Buchcover) bereits der zweite Thriller der südafrikanischen Autorin, die inzwischen in Deutschland lebt. Bereits nach ihrem glänzenden Debüt wurde sie von mehreren Kritikern in einem Atemzug mit Deon Meyer und Roger Smith genannt. Vielleicht etwas voreilig in diesem frühen Schaffensstadium, doch Karkloof Blue bestätigt, dass hier eine große Autorin am Werk ist. Krimiautoren, die über Südafrika schreiben, gibt es mehrere, weibliche "Konkurrenz" ist hingegen kaum vorhanden. Immerhin wäre noch die großartige Malla Nunn zu erwähnen!
Zurück zu Karkloof Blue. Es ist ein bezeichnendes Bild, das ausgerechnet mit der Entdeckung des Massengrabes die Erinnerungen an die Apartheid wieder voll durchschlagen. So schlägt die Autorin gekonnt den erzählerischen Bogen von der Gegenwart in die Zeit der frühen 1990er Jahre und des damaligen Bürgerkrieges. Wer mit Kürzeln wie ANC, IFP oder NIS nichts mehr anzufangen kann, findet ein hilfreiches Glossar am Ende des Buches ebenso wie zahlreiche Hinweise auf weiterführende Internetseiten. Der Bürgerkrieg in Südafrika mag rund 25 Jahre her sein, seine Auswirkungen sind immer noch greifbar. Gewalt ist im Alltag nach wie vor ein beherrschendes Thema, genauso wie die Arbeit der Polizei und die grassierende Korruption. Hier kommt nun auch noch ein Industriegigant namens Sentinel hinzu, der für seine Ziele offenbar über Leichen geht. Greenwashing, der Versuch sich ein Öko-Mäntelchen überzustreifen um damit die Öffentlichkeit zu blenden, ist ein oft verwendetes Mittel der Unternehmens-PR. Was dies zur Folge haben kann zeigt der vorliegende Roman. Alte Naturwälder und -flächen werden vernichtet und durch Monokulturen ersetzt, die den bisherigen Tieren und Pflanzen den Lebensraum nehmen. Da muss natürlich mächtig Einfluss genommen werden auf die Lokalmedien, damit diese nicht allzu kritisch berichten. Mehr als einmal wird Maggie aufgefordert, keine Artikel über die Waldrodungsarbeiten zu veröffentlichen und schon gar nicht auf der Titelseite. Die Einblicke, die der Leser in den Alltag eines Journalisten beziehungsweise in die Arbeit einer Redaktion erhält, sind informativ und anschaulich.
Eine Fortsetzung der Serie muss sein!
Der Schreibstil ist flüssig, wenngleich mit einem wütendem Erzählstil. Ja, man merkt, dass Charlotte Otter, mit der Situation im Land mehr als unzufrieden ist und dieser Frust muss raus. Im Stile eines hard-boiled geht es munter zur Sache, wobei nicht nur die Bösen sterben. Ganz im Gegenteil. Harte Kost mit vielen Informationen über den Zustand eines Landes, der doch allzu vertraut erscheint und einen düsteren Ausblick auf das gibt, was den derzeit im Bürgerkrieg versinkenden Ländern im Nahen Osten wohl noch bevorsteht. Dass die Schönheit der Landschaft der an der Ostküste Südafrikas gelegenen Provinz KwaZulu-Natal ab und an durchscheint ist immer ein kleiner versöhnlicher Lichtblick. Ebenso wie die Hoffnung, dass es wohl weitere Fälle mit Maggie Cloete geben wird. Alles andere erscheint kaum denkbar, wenngleich die neuen Geschichten nicht mehr in Pietermaritzburg, sondern in Durban spielen dürften!
Charlotte Otter, ariadne
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