Feindesland
- Heyne
- Erschienen: Januar 2015
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- München: Heyne, 2015, Seiten: 368, Übersetzt: Alexander Wagner
Leaving New York never easy
Kann es noch schlimmer kommen? Irgendwie hat New York 9/11 überstanden, doch der US-Amerikaner Adam Sternbergh lässt dem Big Apple keine Ruhe. Seiner Prosa nach liegt die Metropole in Schutt und Asche und mitten drin Müllmann "Spademan". Den meisten Bewohnern hilft nur die Flucht in die Virutal Reality, die "Limnosphäre". Sie lassen sich verkabeln und von Krankenschwestern versorgen, um ungestört dort ihre Fantasien auszuleben. Genau dort kommt Sternbergh im zweiten Spademan-Thriller auf den Punkt: Kann jemand, der in der virtuellen Welt getötet wird, auch im echten Leben sterben? Und: Muss ausgerechnet der Mörder eine Burka tragen? Das sind die Key Facts, um die es in Feindesland geht.
Es kann nicht schaden, Sternberghs Erstling Spademan gelesen zu haben, um sich in die krasse Atmosphäre dieser Gedankenwelt einhüllen zu lassen. So wie der Autor New York beschreibt, fällt es schwer, glitzernde Hochhäuser, Konzerntower und Lounge-Bars mit dieser schillernden Weltmetropole in Verbindung zu bringen. Manhattan ist tot, ein Bürgermeisterwahlkampf steht vor der Tür – es geht um nichts anderes als die individuelle Sicherheit – und ausgerechnet Auftragskiller Spademan soll in dieser Situation für Aufklärung sorgen.
Typisch für einen Roman Noir - oder amerikanischer Schule: eben Hard-Boiled - gerät Spademan dabei zwischen alle Fronten. Ebenfalls genre-typisch: Mehr und mehr wird er zu dem moralischen Helden, den Dashiel Hammett und Raymond Chandler bereits vor Jahrzehnten erfunden haben, und tut auf der einen Seite das, was er tun muss, und hadert gleichzeitig mit sich selbst und seinen Empathien - insbesondere für seine Freunde und das junge Mädchen, das er in Spademan gerettet hat.
Sprachlich ist Sternbergh ein Virtuose, was durchaus Barrieren beinhaltet. Er schreibt in kurzen, staccatohaften Sätzen und die wörtliche Rede hat keine Anführungszeichen. Die Spademan-Reihe kann - das Ende macht klar, sie wird weitergehen - etwas ganz besonderes in der derzeitigen Krimilandschaft werden, da sie erzählerische Traditionen aufgreift und in eine neue Umgebung setzt, die fremd, aber gar nicht unrealistisch scheint. Feindesland ist nicht nur ein Ausblick auf den schlimmsten Albtraum Amerikas, sondern gleichzeitig ein Einblick in dessen tief erschütterte Verfassung. Und dies kombiniert mit einem spannenden Plot und kerniger Schreibe macht die zwei Spademan-Romane zu dem Innovatisten, was es derzeit in der Krimiszene gibt.
Adam Sternbergh, Heyne
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