Glut und Asche

  • Random House Audio
  • Erschienen: Januar 2015
  • 3
  • New York: Simon & Schuster, 2011, Titel: 'Feast day of fools', Originalsprache
  • Köln: Random House Audio, 2015, Seiten: 2, Übersetzt: Dietmar Wunder, Bemerkung: Gekürzte Lesung
Glut und Asche
Glut und Asche
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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2015

Wie ein alles vernichtender, brutaler Orkansturm

Danny Boy Lorca lebt in der Nähe der texanisch-mexikanischen Grenze, in deren Wüste er Zeuge eines grausamen Mordes wird. Doch während des gewaltsamen Aktes gelingt es einem anderen Mann, vor der mehrköpfigen Mörderbande, angeführt von dem Menschenschmuggler Krill, zu fliehen. Sheriff Hackberry Holland und Chief Deputy Pam Tibbs haben derweil noch andere Sorgen. Der vom Hass gegen die Mexikaner erfüllte Reverend Cody Daniels macht ihnen zu schaffen und zudem sucht FBI-Agent Ethan Riser nach einem vermissten Bundesbeamten. War dies womöglich der Mann, der in der Wüste entkommen konnte? Doch Riser mauert mit seinem Wissen und so bekämpfen sich Holland und Riser anstatt sich gegenseitig zu helfen.

 

"So etwas macht nur jemand, der einen Hochofen statt eines Hirns im Schädel hat. Für uns sind diese Typen keine abstrakten Fälle, sondern Alltagsrealität. Wir leben hier an der Grenze mitten unter ihnen und müssen uns mit diesen Kerlen auseinandersetzen. Und Sie haben nichts Besseres zu tun, als uns Informationen zu diesen Mistkerlen zu verweigern, auf die wir Anspruch haben."

 

Schon bald drohen sich die Ereignisse vollends zu überschlagen. Der skrupellose Rüstungsunternehmer Temple Dowling, der als "Bürgersoldat" ebenfalls für Ordnung sorgen möchte, ist ebenfalls hinter besagtem Bundesbeamten her. Gleiches gilt für einen russischen Pornoproduzenten und zu guter Letzt taucht einmal mehr der seit Jahren gesuchte Massenmörder Preacher Jack Collins auf. Dieser hätte vor einem Jahr beinahe Holland und Tibbs erschossen ...

In jeder Hinsicht ein mächtiges Werk.

Glut und Asche ist die gelungene Fortsetzung von Regengötter, der 2015 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde. Wie bei Fortsetzungen üblich, gibt es ein Wiedersehen mit bekannten Figuren und im vorliegenden Fall stellt sich zudem die Frage, ob dem amerikanischen Erfolgsautor ein weiteres "Meisterwerk" geglückt ist. Eines vorab: Was der im Jahr 1936 geborene James Lee Burke hier auf seine Leser ablässt ist starker Tobak. Wer bei der kurzen Einleitung schon den Überblick verloren hat, dem könnte eine größere Belastungsprobe bevorstehen, um den Überblick zu behalten. Ach ja, eine mysteriöse Chinesin namens "La Magdalena", die ebenfalls eine zentrale Rolle spielt, ist noch gar nicht erwähnt worden.

Der Roman lebt von der rauen, kargen Landschaft mit ihrer Wüste, den Felsplateaus in der Grenzregion von Texas und Mexiko. Das viele Illegale über die Grenze zu fliehen versuchen, da sie sich ein besseres Leben erhoffen, ist manch einem Texaner ein Dorn im Auge und so gehen sie schon mal nachts heimlich auf die Jagd. Die Landschaft und die kulturellen Unterschiede zwischen Gringos und Wetbacks - vor allem auf der unteren Ebene der Gesellschaftsskala - sind zwei der Hauptthemen dieses Romans. Aber auch die mitunter skurril anmutenden Figuren sind in ihrer (Über-)Zeichnung durchaus von Interesse. Allen voran der Protagonist Hackberry Holland. Ein alter Kriegsveteran, dem seine lange Gefangenschaft in Nordkorea noch immer schlaflose Nächte bereitet; Navy Cross und Purple Heart hin oder her. Mittlerweile ist er zu einer Art Gutmensch mutiert und hat weitgehend seinen Frieden mit der Menschheit geschlossen, was ihm ein ums andere Mal lange Diskussionen mit seiner resoluten Partnerin Pam Tibbs einbringt. Allerdings kann der bald 80-jährige Sheriff nach wie vor ganz andere Seiten aufziehen, was gleich mehrere seiner zahlreichen Gegner zu spüren bekommen. In seine von Selbstmitleid und -ekel geprägte Gedankenwelt passt, dass er ein ambivalentes Bild zu Frauen hat.

Aber auch alle anderen Figuren sind stark überzeichnet oder besser gesagt, haben ganz ordentlich einen an der Klatsche. Und was hilft in solchen Fällen? Na klar, eine dicke Wumme. Eine Pistole ist da eher was für Schlappschwänze, das MG schon lange erfunden. So mangelt es an Gewaltorgien in diesem Buch nicht und wie so oft ist nicht unwesentlich der schnöde Mammon Schuld. Hier geht es konkret um die Wahrung eines Militärgeheimnisses, welches nicht in die Hände von al-Quaida fallen soll, womit das Durcheinander vollends komplettiert wäre. Großartig einmal mehr ist übrigens die völlig undurchsichtige Figur des Preachers Jack Collins, der den Lesern Albträume bescheren dürfte.

 

"Wer hat das getan?"
"Der Mann, der sich selbst als die linke Hand Gottes bezeichnet."
"Das ist Blasphemie."
"Jack Collins ist eine Beleidigung für den gesamten Planeten."

 

Sprachlich und inhaltlich ist Glut und Asche ein gewaltiges, ein gewalttätiges Werk. 700 Seiten, reichlich Schlägereien und Schießereien, körperliche Misshandlungen von Minderjährigen (vor allem in den mexikanischen Slums und deren Bordellen) und nicht zuletzt eine Sprache, deren Vulgarität und Explosivität nichts zu wünschen übrig lässt. Ist Glut und Asche somit nur ein weiterer Schmöker der Kategorie "Gewaltpornografie"? Nein, denn der betagte Autor hält seinen Landsleuten lediglich den Spiegel vor. In einem Land, wo jeder Vollidiot sich eine Waffe kaufen kann, wo "Stay my ground" zur Faustregel geworden ist und dem Gott des Kapitalismus alles untergeordnet wird, da scheint nicht mehr viel zu retten. Der "American Way of Life" in seiner düstersten Version, das ist Glut und Asche. Jeder gegen jeden, Egoismus pur und wenn die Argumente ausgehen oder gar nicht erst vorhanden sind, dann wird geprügelt und geballert. Dunkle Zukunftsvisionen ziehen auf. Aber James Lee Burke hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Erde noch zu retten sei. Ein grandioses Werk mit kleineren Ungereimtheiten, das aber vor allem zu umfangreich ausgefallen ist und dadurch etliche Längen hat. 200 Seiten weniger wären am Ende deutlich mehr gewesen.

Glut und Asche

James Lee Burke, Random House Audio

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