Abpfiff
- ariadne
- Erschienen: Januar 2015
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- Hamburg : ariadne, 2015, Seiten: 240, Übersetzt: Andrea Stephani
- Paris: Rivages, 1998, Titel: 'Kop', Originalsprache
Fußball ist ein sauberer Sport – schon klar.
Vorab sei der Hinweis gestattet, dass Abpfiff bereits 1998 in Frankreich erschienen ist und im Jahr 1990 spielt, wodurch sich unter anderem erklärt, dass noch mit Francs bezahlt wird. Dass es seitdem in der Fußballwelt besonders fair zugeht, kann man angesichts aktueller Fifa-Skandale jedoch nicht behaupten. Aber der Reihe nach...
Drogenfahnder Romero wird zusammen mit der Prostituierten Nadine Speck in Levallois auf offener Straße durch mehrere Schüsse ermordet. Die Täter flüchten auf einem Motorrad, können jedoch wenig später verhaftet werden. Auch der Auftraggeber ist schnell ermittelt, doch wo liegt dessen Motiv und was hatte Romero mit der jungen Frau zu schaffen? Commissaire Théo Daquin vom Pariser Drogendezernat reißt die Ermittlungen an sich, obwohl Romero nicht nur sein Mitarbeiter, sondern auch sein Lieblingskollege war. Die Ermittlungen führen Daquin und seine Leute schnell zu dem aufstrebenden Fußballverein FC Lisle-sur-Seine, in dem Nadines Bruder Eric als Stadionwart arbeitet und, wie sich herausstellt, die halbe Mannschaft mit Drogen versorgt.
"Ich muss Ihnen wohl glauben, Monsieur Reynaud."
"Ich denke, das können Sie, Commissaire."
"Ihr Ziel, der Titelgewinn, ist nicht unbedingt vereinbar mit meinem, die Mörder der Geschwister Speck zu finden."
"Aber ja doch. Erst gewinne ich den Titel. Danach verhaften Sie die Mörder."
Der Verein, noch vor wenigen Jahren in der Amateurliga, wird von dem ehrgeizigen und zwielichtigen Bauunternehmer Reynaud geführt, der, auch als Bürgermeister des (fiktiven) Pariser Vororts, mit allen Mitteln die Meisterschaft gewinnen will. Doch dann verliert sein Team ausgerechnet gegen einen Abstiegskandidaten, der eigene Torwart wird brutal zusammengeschlagen und Eric ermordet ...
Ein mitreißender Fußball-Krimi (und noch viel mehr).
Dominique Manotti, die sich selbst vermutlich als desillusionierte Linke bezeichnen würde und James Ellroy sowie die 68er-Bewegung als ihre literarischen Grundlagen benennt, legt mit Abpfiff den dritten Band der Commissaire-Daquin-Reihe vor, in der der Protagonist nach Hartes Pflaster und Zügellos erneut mit unkonventionellen Methoden agieren darf. Eigentlich durch den Mord an seinem Mitarbeiter befangen, zieht Daquin die Ermittlung an sich und legt sich dabei mit einem übermächtig erscheinenden Bürgermeister an. Doch mit harten Bandagen zu kämpfen ist Daquin seit Jahren gewohnt. Bravourös spannt Manotti auf gerade einmal knapp 230, zudem recht großzügig bedruckten Seiten, einen ereignisreichen Erzählbogen. Und dies, obwohl die Mörder ebenso wie der Auftraggeber früh feststehen. So geht es schon bald nicht nur um mehrere Morde und ein manipuliertes Meisterschaftsspiel, sondern um internationalen Drogenhandel, Geldwäsche, Prostitution, Korruption, Schwarzarbeit, Banken und noch viel mehr.
"Ich habe Fußball immer verabscheut. Diese Brutalität, diese Spieler, die man kauft und verkauft wie Vieh, diese tobenden Massen, diese Leute, die sie manipulieren ... ein Sport ..."
"Fürs Volk, Herr Richter, fürs Volk."
Kurz und schnörkellos treibt die Autorin die Handlung voran und sorgt somit für einen hohen Lesespaß, zumal die Themenpalette ständig auszuufern droht. Dass sie mit ihren Romanen sämtliche Feuilletons querbeet durch alle politischen Schattierungen in Hochstimmung versetzt, ist seit Jahren bekannt. So befand der "Spiegel", dass die Kriminalromane Manottis zu den aufregendsten gehören, die man zurzeit findet. Und die "Welt" konstatiert, sie schreibe mit einem "literarischen Leuchtschwert", welches einem mit Abpfiff ein bisschen den Spaß am Fußball nehme (was der Rezensent der Zeitung nicht negativ meint).
Manotti spiegelt die Realität und ist für Krimi-, aber auch für aufgeschlossene Fußballfreunde ein Erlebnis, wenngleich – wie eingangs bereits erwähnt – der unerschrockene, homosexuelle und selbst tagsüber Cognac-trinkende Daquin vor 25 Jahren ermittelt.
Dominique Manotti, ariadne
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