Der Manipulator
- Heyne
- Erschienen: Januar 2015
- 3
- London: Little, Brown, 2014, Titel: 'The Bones Beneath', Originalsprache
- München: Heyne, 2015, Seiten: 464, Übersetzt: Irene Eisenhut
Psychoduell auf heiligem Boden
Stuart Nicklin ist ein perfider Serienkiller. Er hat zahlreiche Menschen getötet – Polizei und Staatsanwaltschaft wissen nicht genau, wie viele Opfer es tatsächlich waren. Der psychopathische Nicklin ist bereits seit zehn Jahren inhaftiert, und nun soll er die Polizei zu einer bislang unentdeckten Leiche führen. Auf einer schwer zugänglichen Insel - lokale Mythen berichten von einem heiligen Ort - war Nicklin einst Bewohner eines speziellen Erziehungsheims für jugendliche Kriminelle. Nun behauptet er plötzlich, bei seiner damaligen Flucht einen Mitinsassen getötet zu haben.
Die Polizei möchte die Leiche gerne bergen, damit die Angehörigen ihren Sohn beerdigen und sich würdig verabschieden können. Nicklins Bedingungen für sein Geständnis sind allerdings mehr als ungewöhnlich. Er fordert, dass Detective Tom Thorne ihn begleitet - dieser Polizist hat Nicklin vor über zehn Jahren verhaftet und somit für seine Verurteilung gesorgt. Und ein bestimmter Gefängnis-Kumpel soll auch dabei sein. Thorne weigert sich zunächst, weil er ahnt, auf was dieser Einsatz hinaus laufen könnte. Und kaum holt er mit seinen Kollegen Nicklin im Gefängnis ab, beginnt tatsächlich das enervierende Psycho-Duell zwischen Killer und Polizei.
Ein außergewöhnlicher Bösewicht steht im Fokus
Zwei Männer spielen die Hauptrolle bei diesem Psycho-Duell, das sich überwiegend auf der abgelegenen und schwer zugänglichen Insel entfaltet. Ein außergewöhnlicher Bösewicht steht im Fokus von Mark Billinghams neuem Buch Der Manipulator. Der Titel ist dabei Programm, denn Stuart Nicklin sagt oder tut nichts ohne eine bestimmte Absicht im Hinterkopf zu haben - er manipuliert Mitgefangene, Wärter und Polizisten. Jede seiner Äußerungen ist mit Bedacht gewählt.
Aus der Sicht von Inspektor Tom Thorne wird in dem durchaus lesenswerten Roman erzählt, wie sich die seltsame Gruppe aus Polizisten, verurteilten Verbrechern und Gefängniswärtern auf den Weg zur einsamen Insel vor der walisischen Küste macht. Von Beginn an wird Thorne von der Frage geplagt, was Stuart Nicklin vorhaben könnte. Der Inspektor kennt nur zu gut die manipulativen Fähigkeiten des Killers - aber dennoch bleiben ihm dessen wahre Absichten zunächst ein Rätsel.
Auf der Insel müssen sich die Polizisten der Erkenntnis stellen, dass sie in einer vollkommen rückständigen Welt gelandet sind. Kein Strom, kein Handynetz, die Fähre ist eher unzuverlässig. Es wird deutlich, dass die Polizisten offenbar auf Nicklin hereingefallen sind.
Schwerfällige Geschichte mit lahmen Psycho-Spielchen
Bis zur Ankunft auf der Insel ist die Geschichte allerdings überaus schwerfällig. Die Psycho-Spielchen sind eher lahm, jedenfalls für meinen Geschmack. Außerdem wird die Vorgeschichte recht mühevoll geschildert, es dauert also ziemlich lange, bis echte Spannung aufgebaut wird. Für ein psychologisch raffiniertes Kammerspiel ist mir der Plot etwas zu langatmig inszeniert. Um sich die Bezeichnung Thriller zu verdienen, müsste in dem Buch schon deutlich mehr Spannung aufgebaut werden.
Als Nicklin die Polizisten tatsächlich zum Grab des Jungen führt, den er vor einem Vierteljahrhundert getötet hat, scheint die Geschichte zu einem schnellen Ende zu kommen - aber jetzt dreht der Autor doch noch mal auf. Nicklin verändert mit weiteren Hinweisen die Spielregeln, und es wird doch noch turbulent.
Mark Billingham nutzt nun die speziellen Gegebenheiten auf der Insel, um die Atmosphäre für alle Beteiligten bedrohlicher zu gestalten. Das latente Gefühl einer drohenden Gefahr wird durch eingestreute Passagen verstärkt, in denen der Leser beispielsweise erfährt, wie Stuart Nicklin seine Mutter durch Briefe aus dem Gefängnis manipuliert hat.
Zusammenhänge werden im furiosen Finale verraten
Und es wird geschildert, wie ein Mann in seinem Haus überfallen, entführt und in einem Keller gefangen gehalten und brutal gefoltert wird. An sich ist es in Ordnung, mit solchen Rätseln mehr Spannung aufzubauen, aber auf mich hat das Ganze insgesamt dann doch eher wie sinnloses Stochern im Nebel gewirkt. Die Zusammenhänge werden dann im durchaus furiosen Finale verraten. Der "Abspann" ist dann wieder ziemlich merkwürdig, und der eher zwiespältige Gesamteindruck von dem Roman wird dadurch nicht verbessert.
Möglicherweise habe ich angesichts des Titels überzogene Erwartungen gehabt, aber das muss wohl jeder Leser für sich selbst heraus finden. Auf alle Fälle hätte man aus dem guten Plot deutlich mehr machen können.
Mark Billingham, Heyne
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