Der eiserne Sommer

  • Der Hörverlag
  • Erschienen: Januar 2014
  • 3
  • München: Der Hörverlag, 2014, Seiten: 1, Übersetzt: Johannes Steck, Jens Wawrczeck und Kai Henrik Möller, Bemerkung: ungekürzte Lesung
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Andreas Kurth
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2014

Die ersten Leichen gibt es schon vor Kriegsbeginn

Der Münchener Kommissar Reitmeyer steht im aufgeregten Sommer 1914 vor schwierigen Ermittlungen. Während in Sarajevo der österreichische Thronfolger ermordet wurde, und Europa kurz vor dem Ausbruch des großen Krieges steht, muss er den Mord an einem jungen Mann aufklären. Nach erstem Augenschein war das Opfer stark betrunken und ist erfroren. In der Gerichtsmedizin zeigt sich jedoch nach einer zweiten Untersuchung, dass der Tote offenbar mit einer Spritze betäubt wurde. Die Nachforschungen Ermittlungen führen Reitmeyer schnell in ganz unterschiedliche gesellschaftliche Schichten. Problematisch wird es, als der Polizist feststellt, dass offenbar Soldaten in die Sache verwickelt sind. Allerdings darf die Polizei nicht gegen das Militär ermitteln. Eine merkwürdige Rolle spielt zudem der Vorgesetzte von Reitmeyer – in irgendeiner Form scheint er in die Vorgänge involviert zu sein, es wird schnell offenbar, dass er Ermittlungen geheim halten möchte. Es gibt zudem einen weiteren Mord, und Reitmeyer braucht die Hilfe von guten Freunden und Kollegen, um die Hintergründe der Morde schließlich doch noch aufzudecken,

Zahlreiche falsche Fährten für den Leser

Angelika Felenda hat sich für ihre lesenswerte Geschichte eine große Hintergrundkulisse ausgesucht. Es war für einen Polizisten im deutschen Kaiserreich ohnehin fast unmöglich, gegen einen Offizier des Heeres zu ermitteln, und die sich immer weiter aufheizende Atmosphäre nach dem Attentat von Sarajewo hat die Position von Kommissar Reitmeyer wohl noch deutlich verschlechtert. Die Autorin nutzt diese Gemengelage geschickt aus, um den Leser mit zahlreichen falschen Fährten zu verwirren. Eingestreut in die Handlung gibt es außerdem Tagebucheintragungen, Briefe und Mitteilungen aus militärischen Kreisen – heute würde man wohl Aktennotizen oder Memos dazu sagen – die dem Leser teilweise neue Informationen bringen, teilweise aber auch für weitere Verwirrung sorgen. Es dauert so einige Zeit, bis man diese beiden Dinge – Handlung und Memos – inhaltlich unter einen Hut bekommt. Das ist von der Autorin wahrscheinlich so gewollt, und trägt in meinen Augen ungemein zur Faszination des Buches bei.

Felenda ist eine gute Geschichtenerzählerin

Der gesellschaftskritische Ansatz dieses Romans wird mit der Handlung des Kriminalfalls hervorragend umgesetzt. Es geht um den verbreiteten Militarismus, die Homophobie der gesamten Bevölkerung, und um die latent vorhandene kriminelle Energie in bürgerlichen und Offizierskreisen. Angelika Felenda zeigt mit diesem Roman, dass sie eine wirklich gute Geschichtenerzählerin ist. Neben der gut "ausgemalten" Hintergrundkulisse sind es dabei die Protagonisten, die für viele Pluspunkte sorgen. Reitmeyer ist eine Ermittler-Figur mit ordentlichen Ecken und Kanten, seiner Zeit im Denken teilweise weit voraus. Er versteht es, die im Polizeiapparat und in der Gesellschaft auf ihn lauernden Fallen und Fettnäpfchen weitgehend zu umlaufen. Und wenn er dann doch in eine unliebsame Konfrontation gehen muss, steht er das mit breiter Brust durch. Neben dem verantwortlichen Ermittler spielt der Polizeischüler Rattler eine sympathische und durchaus wichtige Rolle. Aus dem vorwitzigen Jungen kann etwas werden, schon jetzt bringt er seinen älteren Kollegen gelegentlich gehörig ins Schwitzen. Dagegen verblassen in meinen Augen die anderen Figuren im Polizeipräsidium weitgehend. Die beteiligten Militärs sind von unterschiedlicher Relevanz für die Geschichte, Sympathien kann man in meinen Augen jedoch für keine dieser Figuren entwickeln.

Debüt macht Appetit auf mehr

Die Autorin baut von Beginn an einen guten Spannungsbogen auf. Aber auch die farbenprächtige Schilderung des gesellschaftlichen und politischen Klimas der damaligen Zeit fasziniert ungemein. Beklemmende Einzelheiten des Umgangs mit Homosexuellen sorgen für mehr als Stirnrunzeln – man ist froh, dass diese Zeiten überwunden sind. Die zarte Liebesgeschichte, die Angelika Felenda eingebaut hat, ist so dezent gestaltet, dass sie nicht stört. Vielmehr wird die Geschichte dadurch zuweilen vorangetrieben. Insgesamt also ein überaus gelungenes Debüt, das auf jeden Fall Appetit auf weitere Geschichten mit diesem Team macht.

Der eiserne Sommer

Angelika Felenda, Der Hörverlag

Der eiserne Sommer

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