Passagier 23

  • Lübbe Audio
  • Erschienen: Januar 2014
  • 61
  • Köln: Lübbe Audio, 2014, Übersetzt: Simon Jäger
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Lars Schafft
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2014

Eine Seefahrt, die ist (nicht) lustig...

Passagier 23, das ist das Synonym dafür, dass jedes Jahr im Schnitt 23 Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen verschwinden. Sicherlich eine bemerkenswerte Tatsache, da wohl niemand mit einer luxuriösen Kreuzfahrt Suizid oder noch Schlimmeres verbindet. Bestsellerautor Sebastian Fitzek greift diesen Fakt auf und stellt eigentlich nicht die Frage, was mit diesen 23 Menschen passiert ist, sondern was wäre, wenn dieser besagte Passagier 23 wieder auftaucht.

Das stellte nämlich die Reederei vor ein großes Problem. Wie viel des Urlaubs auf hoher See ist beabsichtigter Selbstmord und wie viel muss unter den Tisch gekehrt werden, um den Reichen dieser Welt diesen Luxus weiterhin unbeschwert zu gönnen? Tote während einer Kreuzfahrt sind geschäftsschädigend.

Frau und Kind sprangen von Bord

Aus diesem Grund wird Dr. Martin Schwartz aus Berlin an Bord der "Sultan of the Seas" gerufen. Das Verhängnisvolle daran: Vor fünf Jahren hat er selbst Frau und Kind verloren, die angeblich von einem dieser riesigen Schiffe in den Tod gesprungen sind. Und da kommt "Passagier 23" ins Spiel: Anouk, ein junges Mädchen, ist entgegen der Vermutung nicht mit ihrer Mutter in den Tod gestürzt und taucht ein halbes Jahr später an Bord der Sultan wieder auf. In der Hand den Teddy von Martins Sohn. Was geschah an Bord der "Sultan of the Seas"? Martin Schwartz muss in einem Fall ermitteln, der ihm persönlich näher geht, als ihm lieb ist.

Die Idee hinter Passagier 23 ist reizvoll, aber eigentlich auch alt. Es gibt einen Ort, von dem keiner entfliehen aber auch keiner hinzustoßen kann. Bei Agatha Christie war es ein abgelegenes Landhaus, jetzt ist es ein Kreuzfahrtkoloss mit 3.000 Passagieren. Natürlich, das sind deutlich mehr als im englischen Countryside, aber die Perspektive bleibt dieselbe: Der Täter ist unter uns und wir haben nur begrenzt Zeit, ihn zu finden. Dieses Schema hat Fitzek schön ins 21. Jahrhundert übertragen.

Wir können nicht abstreiten, der Autor ist ein Könner seines Fachs. Als Thriller funktioniert Passagier 23 optimal, es gibt nahezu keine Passagen, die langweilen, oder die man als Leser überschlagen möchte. Pageturner ist der Begriff, der hier perfekt passt.

Wo laufen sie denn?

Aber: Leider schafft es Sebastian Fitzek nicht, ein maritimes Flair zu erzeugen. 3.000 Passagiere, wo sind sie denn alle? Ein Großteil der Handlung findet im Unterdeck oder in Kabinen statt. Und ob der Kreuzer auf der Reise von Southampton nach New York ist, oder von Bremerhaven nach Bremen, man merkt es nicht.

Dazu kommt: Fitzek baut auf den ersten hundert Seiten viele Plots auf, von der alternden Thrillerautorin im Rollstuhl, über Zwangsamputationen bis dahin, dass Protagonist Schwartz sich als verdeckter Ermittler mit HIV infizieren lässt, um an einer Vergewaltigungsparty teilnehmen zu können. Das ist viel zu viel des Thrills, unnötig, und wird auch leider im Laufe des Buches kaum noch mal aufgenommen.

Fitzeks Versuch, alle Handlungsstränge letztendlich nach seinem Nachwort zusammenzuführen, wirken deswegen leider eher bemüht. Oder war es ein Gag des Autors, der dem Leser in der Form noch nicht untergekommen ist? Dazu möge sich jeder nach der Lektüre seine eigene Meinung bilden.

Schnelle Lektüre

Passagier 23 ist ein überaus spannender Thriller, der es im Sinne der Spannung mit allen internationalen großen Namen aufnehmen kann. Eine schnelle Lektüre, die einen gar nicht unbefriedigt zurücklässt. Zur Spitze fehlt aber Akribie, Figurenzeichnung und der ein oder andere Twist weniger.

Passagier 23

Sebastian Fitzek, Lübbe Audio

Passagier 23

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