Baltimore Blues
- Rotbuch
- Erschienen: Januar 2003
- 4
- New York: Avon, 1997, Titel: 'Baltimore Blues', Seiten: 304, Originalsprache
- Hamburg: Rotbuch, 2003, Seiten: 384, Übersetzt: Gerhard Falkner & Nora Matocza
- Berlin: Aufbau, 2005, Seiten: 383
Ein würdiger Einstieg in die Serie
Was soll man nur machen, wenn man arbeitslos ist? Tess Monaghan lebt in den Tag hinein, seit der Star, eine der Zeitungen ihrer Heimatstadt Baltimore, geschlossen wurde und sie ihren Job als Journalistin verlor. Sie hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, hilft ihrem Onkel im Ressort für Betrug und Verschwendung, Pressetexte zu verfassen, und bei ihrer Tante Kitty im Buchladen. Ein eisernes Ritual gibt es jeden Morgen: Um 6 Uhr geht sie in den Ruderclub und trainiert. Und dort trifft sie sich oft mit Rock, Verzeihung, sein richtiger Name ist Darryl Paxton. Rock ist unglücklich, denn seine Verlobte Ava benimmt sich in letzter Zeit recht merkwürdig. Und er hat auch schon eine gute Idee. Tess hat doch den lieben langen Tag nichts zu tun, kann sie nicht Ava beschatten und in Erfahrung bringen, was mit ihr los ist? Da Tess immer an akuter Geldknappheit leidet und sie das von Rock angebotene Honorar gut brauchen kann, stimmt sie zu.
Ava arbeitet in einer der angesehensten Anwaltskanzleien Baltimores. Als Tess ihr in ein Hotel folgt, begegnet sie dort auch Michael Abramowitz, einem der Partner in der Kanzlei. Messerscharf schließt sie daraus, dass Ava ein Verhältnis mit Abramowitz hat. Was soll sie nun tun? Sie will nicht diejenige sein, die Rock davon in Kenntnis setzt. Also schmiedet sie einen tollen Plan. Sie will Ava dazu bringen, Rock selbst davon zu erzählen. Der Plan scheitert schmählich. Ava behauptet plötzlich, dass der erfolgreiche Anwalt sie zum Sex gezwungen hat und will dies nun Rock eröffnen. Und am Morgen darauf gibt es ein weiteres Problem: Abramowitz wird tot in seinem Büro aufgefunden und Rock war der letzte, der laut Besucherliste bei ihm war. Nun fühlt sich Tess schuldig und soll Tyner, dem Rechtsanwalt, der gleichzeitig auch Rudertrainer ist, ein wenig zur Hand gehen. Doch sie macht sich bei den Ermittlungen ein wenig selbstständig...
Keine Sorge bei dieser ausführlichen Inhaltsangabe. An diesem Punkt befinden wir uns exakt auf der 90. Seite von 384 Seiten und die Verdächtigen sind noch gar nicht aufgetaucht. Auch die ganzen Verwicklungen sind noch im Verborgenen. Laura Lippman schildert den zunächst banalen Fall und die gesamte Handlung recht detailliert, aber das führt keineswegs zu Langeweile, sondern bereitet großen Spaß. Im ersten veröffentlichten Buch in der Reihe um die Privatdetektivin Tess Monaghan (In einer seltsamen Stadt) war der Fall ein wenig ungewöhnlich, aber die Hautfigur nicht groß anders als viele andere Seriendetektivinnen. Im chronologisch ersten Band dagegen schafft es die Autorin, mit der Charakterisierung von Tess zu begeistern. Wie sie überhaupt dazu kommt, sich als Detektivin zu betätigen, das ist einfach amüsant und man kann an einigen Stellen auch Schmunzeln.
Auch die Spannung bleibt dabei nicht auf der Strecke, denn Tess Ermittlungen laufen zwar in verschiedene Richtungen, doch die richtige Spur findet sich erst gegen Ende mit einer interessanten Wendung des Ganzen. Dabei ist es zwar verwunderlich, dass außer ihr niemand tiefer in den Fall einsteigt, aber schließlich hat die Polizei ihren Verdächtigen schon verhaftet und hat dementsprechend auch kein Interesse, noch mehr Staub aufzuwirbeln. Und Kommissar Zufall spielt ebenfalls noch eine kleine Rolle, was jedoch nicht unrealistisch wirkt.
Laura Lippman ist mit "Baltimore Blues" eindeutig auf dem richtigen Weg, eine sympathische Serienheldin zu schaffen, die auch mit Schwächen ausgestattet ist und in der Riege der schon erfahrenen Kolleginnen (so z.B. McDermids Kate Brannigan oder Mullers Sharon McCone) ihren Platz behaupten wird, wenn man ihr eine Chance gibt. Schade nur, dass der Verlag bei der Veröffentlichung ihrer Abenteuer nicht chronologisch vorgeht. "Baltimore Blues" schlägt für mich "In einer seltsamen Stadt" bei den Sympathiepunkten auf jeden Fall und ist ein würdiger Einstieg in eine Serie.
Laura Lippman, Rotbuch
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