Blutinsel

  • Radioropa Hörbuch
  • Erschienen: Januar 2015
  • 7
  • .: Radioropa Hörbuch, 2015, Seiten: 2, Übersetzt: Jürgen Holdorf , Bemerkung: ungekürzte Ausgabe
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Andreas Kurth
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2014

Brutale Morde auf einer vom Sturm umtosten Insel

Im Prolog wird geschildert, wie 1971 ein Schiff samt Besatzung und Passagieren vor der kleinen Atlantik-Insel "Hell's Kitchen" vor der Küste von Maine im Sturm untergeht. Fast vier Jahrzehnte später entkommen vier Strafgefangene bei einem Transport ins Krankenhaus - während es auf Hell's Kitchen einen überaus brutalen Mord gibt. Der pensionierte Leuchtturmwärter der Insel wird gekreuzigt, und mit einem Schauerhaken werden ihm die Augen ausgestochen. Anschließend ist auch seine Frau spurlos verschwunden.

Die frisch ins Morddezernat versetzte Ermittlerin Cathy Ronsted wird gemeinsam mit ihrem Kollegen Brian Stockwell auf die Insel geschickt, um dort den Mörder zu finden.

Während zwei der vier entflohenen Häftlinge auf dem Weg nach Hell's Kitchen sind, passieren dort weitere Morde - ebenso brutal und blutig wie der erste. Als Farbige und Frau hat es Cathy bei den zähen und schwierigen Ermittlungen unter den konservativen und misstrauischen Bewohnern der Insel nicht leicht, zumal auch ihre Kollegen ihre kriminalistischen Fähigkeiten eher kritisch sehen.

Nur Kenny Logan, der so genannte Master of the Island, eine Art Insel-Bürgermeister, hilft ihr bei der Mördersuche. Doch als einer der Strafgefangenen die Insel erreicht und es weitere Tote unter der verängstigten Bevölkerung gibt, droht die Lage komplett außer Kontrolle zu geraten.

Thriller mit großem Spannungsbogen und flüssigem Erzählstil

Auf den neuen Titel von Ulrich Hefner habe ich mich richtig gefreut, und die Lektüre hat gezeigt, dass die Vorfreude angebracht war. Denn hier ist die Bezeichnung Thriller wirklich angebracht. Der Autor braucht keine lange Anlaufzeit, vielmehr wird von Beginn an kräftig Spannung aufgebaut.

Dafür nutzt er seine abrupten Orts- und Perpektivwechsel, in meinen Augen ein Markenzeichen von Ulrich Hefner. Ich halte ihn für einen guten Geschichten-Erzähler - das mag mancher Leser natürlich anders sehen.

Aber nach meiner Auffassung hat er trotz des großen Spannungsbogens und der vielen schnellen und kurzen Szenen- und Perspektiv-Wechsel einen überaus flüssigen Stil. 543 Seiten, das ist ja nun kein dünnes Büchlein - aber Langeweile kommt in keiner Phase der Lektüre auf.

Vielmehr kann man der Handlung mühelos folgen, die Zeit- und Ortsangaben am Beginn jedes kleinen Abschnitts sind zudem wirklich hilfreich. Ein Personenverzeichnis und eine Karte der Insel im Umschlag - das wäre die perfekte Ergänzung gewesen. Hier sollte das Lektorat künftig hilfreich eingreifen.

Dynamische Ausbrecher-Jagd und dramatische Mörder-Suche

Die Handlung wird in zwei Erzählsträngen und an zahlreichen Schauplätzen geschildert. Die Flucht der Häftlinge beginnt mit einem Mord, und die Jagd des FBI nach den Ausbrechern hat einiges an Dynamik. Auf der Insel kommt es zwar ebenfalls zu einem brutalen Mord, aber dort hat die Verbrechersuche bei aller Dramatik zunächst eher ruhige Züge. Erst nach den weiteren Morden wird es auch hier ziemlich hektisch und dynamisch.

Hefner baut mit der Figur des Belfour, ein angeblicher Piraten-Geist, einige fantastische Elemente in seine Geschichte ein, die aber nur nettes Beiwerk sind. Der Klappentext ist übrigens - wohl aus Marketing-Gründen - etwas irreführend. Dort ist die Rede von einer Spur aus Blut und Gewalt, die die Häftlinge hinterlassen, und die schließlich nach Hell's Kitchen führen soll. Das stellt sich im Buch allerdings etwas anders da - mindert jedoch nicht den Lesegenuss.

Cathy Ronsted fällt als Ermittlerin deutlich aus dem Rahmen

Das Ermittler-Duo hat der Autor interessant komponiert. Die beiden sind zunächst eher Konkurrenten, raufen sich aber nach anfänglichem Misstrauen gut zusammen. Als dann ein weiterer Kollege Intrigen schmiedet, wird es zeitweilig unübersichtlich. Aber Cathy Ronsted fällt als Ermittlerin deutlich aus dem Rahmen. Sie ist eine Figur, die beim Leser aus verschiedenen Gründen Sympathie hervorruft. Als ehemalige Rauschgift-Ermittlerin muss sie sich erst in den Mordfall hinein denken, zeigt aber enormen Kampfgeist und setzt sich gegen die missgünstigen weißen Männer am Ende durch.

Ulrich Hefner lässt seine Leser lange Zeit im Unklaren, wie die Handlungsstränge zusammen finden. Denn wie gesagt, die mit dem Klappentext suggerierte Eindeutigkeit findet sich im Buch nicht wieder. Geschickt setzt der Autor ein Puzzle-Teilchen nach dem nächsten an die richtige Stelle. Auch die Bedeutung des Schiffsunglücks vor 36 Jahren wird erst im dramatischen Finale deutlich.

Der Leser rätselt also über verschiedene Dinge, neben dem Ziel des Häftlings, der auf die Insel fährt, sind Motiv und Person des ebenso geheimnisvollen wie brutalen Mörders lange Zeit absolut unklar. Dennoch hat der Leser durch die vielen unterschiedlichen Perspektiven einen Informationsvorsprung gegenüber den Ermittlern. Das kann zuweilen die Spannung mindern, bei Blutinsel hat es in meinen Augen eher die gegenteilige Wirkung. Ulrich Hefner hat hier einen Thriller geschrieben, der diese Bezeichnung wirklich verdient - Lesekino vom allerfeinsten.

Blutinsel

Ulrich Hefner, Radioropa Hörbuch

Blutinsel

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