Eiskalt

  • Pendragon
  • Erschienen: Januar 2014
  • 2
  • New York: Putnam, 2003, Titel: 'Stone cold', Seiten: 323, Originalsprache
  • Bielefeld: Pendragon, 2014, Seiten: 336, Übersetzt: Bernd Gockel
Eiskalt
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Jochen König
82°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2014

Ich wandere in die Nacht, es ist der Morgen, den ich fürchte

Bei seinem vierten Auftritt bekommt es Polizeichef Jesse Stone mit einem "Thrill-Killer"-Pärchen zu tun und bemüht sich die drei Schuldigen einer Vergewaltigung zur Rechenschaft zu ziehen.

Gleichzeitig kämpft er gegen seine Alkoholabhängigkeit, besucht fleißig seinen Therapeuten Dix  und versucht seine Beziehung zu Ex-Frau Jenn auf die Reihe zu bekommen, wobei ihm Immobilienmaklerin Marcy und die beiden Anwältinnen Abby und Rita nicht nur körperlich immer wieder in die Quere kommen.

Was bei einem anderen Autoren zu einem höchst unerquicklichen Mix aus Serienkiller-Blutwurst und privater Nabelschau geraten könnte, wird durch Parkers meisterliches, lakonisches Understatement, gepaart mit kluger Beobachtungsgabe, zu einem so wenig plakativen wie spannenden Kriminalroman. Es herrscht eine latente Traurigkeit vor, die auch der gelegentlich vorkommende trockene Humor nie ganz beiseite wischen kann.

Jesse Stone ist bodenständiger als Parkers anderer und bekannterer Protagonist Spenser. Er begeht Fehler, selbst wenn er bei seinen Ermittlungen korrekte Schlüsse zieht. Seine Entwicklung zum Teamplayer geht nur schleppend vonstatten, auch wenn die Kollegen Molly  und Luther "Suitcase" Simpson an Profil gewinnen, bleibt Jesse Stone Mittelpunkt und individualistischer Entscheidungsträger. Was zu tödlichen Komplikationen führen kann. Glücklicherweise versagt Parker Jesse Stone (fast) jede Dirty-Harry-Attitüde. Er strebt nach Gerechtigkeit, lernt mit kleinen Siegen zu leben und Niederlagen wegzustecken. Wenn er doch einmal explodiert, geschieht das kurz, zielgerichtet und schmerzhaft für sein Gegenüber. Artet aber nicht in Hinrichtungsfantasien aus, was auch nicht zu Stone und seiner Rolle im und für das Gemeinwesen passen würde.

Parker stellt mit dem lustmordenden Killerpärchen den Typus des sich geistig überlegen glaubenden Serientäters vom Kopf auf die Füße. Denn mag die kriminelle Energie überdurchschnittlich sein, die Intelligenz der Mörder ist es nicht. Soziopathie, Arroganz und hohle Selbstbeweihräucherung führen gerne dazu, dass man seinen Gegner unterschätzt.

Es zeichnet Eiskalt aus, dass nicht nur dem Serienkillerpfad gefolgt wird, sondern die Vergewaltigung der sechzehnjährigen Candace ebenfalls im Fokus der Ermittlungen bleibt. Jesse Stone verteidigt diese Vorgehensweise stoisch und völlig zu Recht. Was die Darstellung diverser gesellschaftlicher und sozialer Implikationen erlaubt und mit einem unerwarteten, achselzuckenden Schlussakt endet. Nicht befreiend, aber realitätsnah und eindrücklich.

Wie der gesamte Roman. Parker zündet kein großes, buntes und lautes Feuerwerk ab, sondern hält seine Leser schnörkellos, gekonnt und – tatsächlich – mit leiser Poesie bei Laune. Feines Buch, das wie jeder der bisher auf Deutsch veröffentlichten Bände Lust auf die gesamte Jesse-Stone-Reihe macht.

Eiskalt

Robert B. Parker, Pendragon

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