Der Rabbi und das Böse

  • Aufbau
  • Erschienen: Januar 2013
  • 1
  • Berlin: Aufbau, 2013, Seiten: 318, Originalsprache
Der Rabbi und das Böse
Der Rabbi und das Böse
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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2014

Nicht nur als Krimi empfehlenswert

Hochsommer in Tel Aviv. Fast vierzig Grad, eine ideale Zeit um Urlaub zu machen. Dies denkt sich auch Kommissar Assaf Rosenthal, der mit seiner Freundin Gili eine Friedensdemo in Jaffa besucht. Doch als der vermeintliche Star des Abends, Rabbi Zvi Ben Avraham, die Bühne betreten will, wird er von einem Mann niedergestochen. Schwer verletzt kommt er ins Krankenhaus, wo er wenige Tage später verstirbt. Assaf nimmt die Ermittlungen auf und stellt schnell fest, dass er hier in wahres Wespennest sticht. Zunächst ergibt die Autopsie, dass dem Rabbi seit längerer Zeit offenbar Arsen zugeführt wurde, so dass dieser ohnehin bald gestorben wäre. Dann finden Assaf und seine Mitarbeiter heraus, dass der Rabbi alles andere als ein wahrer Menschenfreund war. So führen die Spuren zu der arabischen Großfamilie Abu Najib, dem Immobilienhai Ari Yermiyahu sowie zu seiner früheren Lebensgefährtin Mary Palmer.

Assaf verkniff sich die Bemerkung, dass es wohl in den Nachbarländern oder auch nur unter den Palästinensern selbst sicherlich sehr viel mehr für Menschenrechte zu kämpfen gegeben hätte. Aber das war ja gefährlich, während Aktivisten in Israel tagsüber im Westjordanland fast gänzlich unbehelligt von Polizei und Militär die Welt verbessern und abends in Tel Aviv feiern konnten. Nicht umsonst sah man am Wochenende plötzlich überall in den Ausgehvierteln Tel Avivs weiße Jeeps mit dem schwarzen Aufdruck "UN" stehen, dachte Assaf abfällig.

Die Lage ist für Assaf schon vertrackt genug, denn da der Rabbi auch viele Freunde hatte, drängt sein Vorgesetzter auf eine schnelle Klärung des Verbrechens. Mitten im Fall droht die Lage völlig zu eskalieren, denn erstmals seit zwanzig Jahren heulen die Sirenen. Raketenangriffe bedrohen plötzlich nicht nur den Süden des Landes, sondern auf einmal auch Tel Aviv...

Der religiöse und politische Hintergrund des Settings ist hochinteressant

Der Rabbi und das Böse ist der zweite Teil der Assaf-Rosenthal-Reihe der deutschen Autorin Katharina Höftmann, die mit dem vorliegenden Fall die Serie kongenial fortführt. Naturgemäß treffen wir zahlreiche Bekannte aus dem ersten Teil (Die letzte Sünde) wieder, wobei es eine geradezu beeindruckende Neuigkeit gibt. Mit Gili Deutsch hat Assaf offenbar eine feste Freundin gefunden. Wer hätte das gedacht, zumal Gili gänzlich andere politische Vorstellungen als der Zionist Assaf hat? Wie schon beim Debütroman steht nicht nur ein vertrackter Krimiplot im Fokus, sondern eben auch das besondere Setting, wie es nur der Schmelztiegel Tel Aviv-Jaffa bieten kann.

 

"Wo warst du, als die Friedensdemo stattfand?"
"Zu Hause. Den Scheiß habe ich mir nicht angetan. Ich hab gezockt. Am Computer. Battlefield 3. So ziemlich das Gegenteil von einer Friedensdemo. Solltet ihr auch mal probieren, super Spiel."

 

So führt eine Spur die Ermittler zu dubiosen Immobiliengeschäften, die nicht auf Anhieb durchschaubar sind. Während die eine Seite bestrebt ist, mehr Menschen muslimischen Glaubens in Jaffa sesshaft zu machen, hat der Immobilienmogul Ari Yermiyahu genau entgegengesetzte Pläne. Dass der Rabbi kurz vor seinem Tod ausgerechnet von der Franziskanerkirche ein Grundstück kaufte, auf dem sich eine Moschee befand, macht die Sache nicht einfacher. Und auch das Privatleben des Rabbis birgt für Assaf und sein Team manch' böse Überraschung.

 

Der Kommissar trat einen Schritt an den Mann heran.
"Man hat nur Angst, wenn man mit sich selber nicht einig ist. Hermann Hesse. Wir sehen uns.
"Achi, seit wann zitierst du Hesse?", fragte Yossi erstaunt, als die beiden aus der Haustür traten und auf das Auto zugingen.
Assaf lachte heiser. "Ifat Abu Najib hat vorhin etwas von Einstein zitiert. Da dachte ich, das probiere ich auch mal."

 

Der Rabbi und das Böse bietet aus der Masse herausragende Krimiunterhaltung, bei der auch das Land Israel mit seiner besonderen religiösen und politischen Situation umfassend vorgestellt wird, ohne dass die Autorin für eine Seite Partei ergreift. So wünscht man sich einen kurzweiligen, spannenden und gleichzeitig lehrreichen Roman.

Der Rabbi und das Böse

Katharina Höftmann, Aufbau

Der Rabbi und das Böse

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