TaxiBar

  • BEBUG
  • Erschienen: Januar 2014
  • 2
  • Berlin: BEBUG, 2014, Seiten: 192, Originalsprache
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Lars Schafft
79°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2014

Bar jeden Humors

Bereits seit 16 Jahren schreibt Jörg Juretzka an seiner Reihe um den Ruhrpott-Marlowe. TaxiBar ist bereits der elfte Roman, doch nach seinen letzten Abenteuern mit Drogen, Mafias, Rockerbanden, Menschenhändlern und Kleinkriminellen hat Kristof Kryszinski die Segel gestrichen. Schluss mit dem Detektiv spielen, er fühlt sich rundum – naja: recht – wohl als Betreiber der TaxiBar, einer Kneipe, die rund um die Uhr geöffnet hat.

Und eigentlich könnte es Kryszinski richtig gut gehen, hat ihm doch der Zufall einen vermeintlichen Lottogewinn beschert. Ein kiloschweres Paket voll mit Heroin findet man schließlich nicht alle Tage an der französischen Atlantikküste. Nur wie macht man das H zu Geld? Juretzkas Protagonist wäre nicht derjenige, der Kultstatus genießt, wüsste er nicht auf die recht ungewöhnliche Fragestellung eine Antwort. Und damit gehen die Probleme los. Sein potentieller Abnehmer wird vor seiner Kneipe mit mehreren Schüssen niedergemäht. Belgische Drogenbosse und heimische Auftragskiller sind da fast Kryszinskis kleinste Herausforderungen.

Wenn man bereits so lange an einer Krimiserie schreibt, wie es Jörg Juretzka tut, muss die Frage gestellt werden, ob dem Autor noch etwas Neues einfällt. Oh ja, und das tut es erfreulicherweise. Der Kniff, seine Hauptfigur aus dem klassischen Krimiberuf herauszuziehen, ist durchaus gelungen, eröffnet dieser doch neue Perspektiven. Wenngleich: Kryszinski bleibt wie eh und je der sarkastisch zynische Lonesome Rider aus der Ruhrmetropole.

Das übrige Personal Juretzkas ist teils bereits bekannt, oft beliebt und manchmal auch neu, wie die skurrilen Gäste am Tresen der TaxiBar. Was aber schon in den letzten Romanen Juretzkas, insbesondere Freakshow und Rotzig & Rotzig, aufgefallen ist – das mag man gut oder schlecht finden: Der Autor hat mehr und mehr eine Ernsthaftigkeit in seinen Texten entdeckt, die weit entfernt ist von der Leichtigkeit und dem Slapstick seiner Werke der späten Neunziger.

Juretzka behandelt immer häufiger relevante Themen der heutigen Gesellschaft, wobei der Witz auch hie und da auf der Strecke bleibt und mancher Lacher – so abgefahren er auch sein mag – dem Leser doch im Halse stecken bleibt.

In TaxiBar geht es vor allem um den Niedergang der Ruhrgebietsstädte mit ihren Problemvierteln und Submilieus, so wie beispielsweise die Dortmunder Nordstadt oder Duisburg-Marxloh mittlerweile über die Regionsgrenzen hinaus durch die Medien zu wenig schmeichelhaftem Ruhm gelangt sind. Dies bezieht sich insbesondere auf Ghettos vollgestopft mit zugezogenen Südost-Europäern, oder um es politisch inkorrekt auszudrücken: Zigeunern.

Dass es diese Viertel tatsächlich gibt, und dass es bestimmt nicht besser darum bestellt ist, als Juretzka schreibt, sei unbestritten. Der schonungslose Blick, den der Autor darauf wirft, macht klar: Jörg Jureztka hat eine Message und die verheißt wenig Gutes.

Damit wird der Schriftsteller letztendlich doch zu dem, was ihm eigentlich unangemesserweise schon zu seinen ersten Kryszinski-Krimis attestiert wurde: Ein Ruhrpott-Chandler, "walking down those mean streets", irgendwo zwischen den schäbigen Hochhäusern von Oberhausen bis Lünen. Actionreich, lakonisch, bittersüß, ein Schuster der bei seinen Leisten bleibt, aber doch etwas zu routiniert, zu gewollt, und in eine neue Richtung driftend, die noch nicht bestimmt ist.

TaxiBar

Jörg Juretzka, BEBUG

TaxiBar

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