Mord hält jung
- be.bra
- Erschienen: Januar 2013
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- Berlin: be.bra, 2013, Seiten: 302, Originalsprache
Nicht nur für Berliner unterhaltsam
Privatdetektiv John Klein liebt sein Viertel, den Prenzlauer Berg. Hier hat sein Tagesablauf eine feste Routine, allein, er müsste halt auch mal wieder ein bisschen Geld verdienen. Als er einem erneut ereignislosen Tag in seinem Büro entgegen sieht, erhält er plötzlich und unerwartet einen neuen Auftrag. Ein Nachbar, der als Regisseur ins Ausland reisen muss, bittet Klein für die kommenden drei Wochen auf dessen vierzehnjährigen Sohn Jonas aufzupassen, da auch seine Frau beruflich unterwegs ist. Schnell verdientes Geld, denn Klein soll Jonas nur zur Schule bringen und später dort wieder abholen.
"Fernsehen ist nur etwas für Leute, die mit dem wahren Leben nicht klarkommen und gerne Supermann sein wollen. Alles Kinderkacke."
"Meine Eltern machen keine Kacke. Sie haben zwei Grimme-Preise, den Bambi und die Goldene Henne gewonnen."
"Da könnt ihr bald eine Tierhandlung aufmachen."
Aber Jonas, der bereits wiederholt mit der Polizei in Kontakt geriet, hat andere Pläne und so entpuppt sich der vermeintlich leichte Job als große Herausforderung. Dabei ist der Drogenkonsum des Teenagers noch das kleinste Problem. Nachdem Jonas bei einer Schlägerei verletzt wird gibt es nur zwei Alternativen: Entweder Jugendheim oder Klein übernimmt eine Vollzeitbetreuung.
Als wäre der im Umgang mit Kindern und Jugendlichen unerfahrene Klein nicht schon genug gefordert, erhält er unerwartet einen Anruf von Lotti Frohwein, der Tante seiner verstorbenen Frau Lea. Diese lebt inzwischen in einem Altersheim, indem es in den letzten zwei Monaten fünf Todesfälle gab. Einige zu viel, wie die rüstige Rentnerin meint.
"Wer hier wohnt, hat nur noch eine neue Adresse … den Friedhof."
Klein sieht die Sache nicht ganz so bedrohlich, doch nur wenige Tage später muss er seine Meinung überdenken, denn Lotti ist tot. Erfroren, nachdem sie sich bei einem nächtlichen Spaziergang auf eine Parkbank gesetzt hat. Klein mag an diese Version nicht glauben und kämpft fortan an zwei Fronten…
John Klein war einst beim LKA, fiel dort aber die Karrieretreppe nach unten und musste nicht zuletzt aufgrund seines erhöhten Alkoholkonsums die Segel streichen. Nun verdient er sein bescheidenes Einkommen als Privatdetektiv; seine wichtigste Bezugsperson ist der Border Collie Seneca. Ein wenig heruntergekommen, übergewichtig, Alkohol und Zigaretten zusprechend, verkörpert Klein nicht gerade den sympathischen Typ, zumal er sich vor allem durch das Klopfen großer Sprüche bemerkbar macht. Als großer Freund von Literatur, Film und Musik haut er auf den 300 Seiten seines neuesten Falles Mord hält jung eine beeindruckend hohe Zahl an Zitaten heraus. Dies mag auf Dauer nerven, zumal die "Ermittlungen" nicht so recht vorankommen wollen.
Den fünften Grundzug der marxistischen Dialektik – nichts tun und den Zusammenbruch beobachten – hatte er in der DDR als nützlich erlernt, aber beim LKA als Ermittlungsstrategie nicht weiterentwickelt.
Der Tod von Tante Lotti wird schnell als Unfall zu den Akten gelegt, so dass er nur mit Hilfe eines befreundeten Pathologen einige kleinere Ermittlungsansätze zustande bringt. Leider vergisst der Autor hierbei, einen ausreichend großen Kreis an verdächtigen Personen aufzubauen. Der Personenkreis im Altersheim bleibt überschaubar und so dehnt eine vierköpfige Kartenrunde die Handlung ein wenig in die Länge. Hier hätte man mehr straffen und Tempo bringen können, doch Thomas Knauf ist ein guter, unterhaltsamer Erzähler, dem sein eigenbrötlerischer Protagonist und die Eigenschaften des Prenzlauer Berges wichtiger sind. Wer es mit dem Verhalten Kleins nicht so genau nimmt, der findet hier einen lesenswerten Krimi, in dem sich der alte Osten und der neue Westen gegenüber stehen. Nicht nur für Berliner einen Versuch wert.
Thomas Knauf, be.bra
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