Der steinerne Kreis
- Ehrenwirth
- Erschienen: Januar 2002
- 31
- Paris: Albin Michel, 2000, Titel: 'Le concile de pierre', Originalsprache
- Bergisch Gladbach: Ehrenwirth, 2002, Seiten: 383, Übersetzt: Barbara Schaden
- Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2004
- Augsburg: Weltbild, 2003, Seiten: 383
- Bergisch Gladbach: Lübbe, 2008, Seiten: 6, Übersetzt: Tanja Geke
300 Seiten Hochspannung 80 Seiten Fantasy-Quatsch
Diane Thiberge, junge und erfolgreiche Tierwissenschaftlerin, erfüllt sich ihren Traum: In Vietnam adoptiert sie ein Kind namens "Lü Sian", dass sie kurzerhand Lucien nennt und mit ihm zurück nach Frankreich kehrt. Kurze Zeit später hat sie einen verheerenden Autounfall. Sie überlebt nahezu unverletzt, doch um Lucien steht es nicht gut. Nach zwei Wochen Kampf um das Leben des Jungen geben die Ärzte auf. Bis ein deutscher Heilpraktiker auftaucht und Diane durch eine außergewöhnliche Behandlung wieder Hoffnung gibt. Doch der Arzt wird am nächsten Tag tot aufgefunden. Ermordet auf eine absonderlich brutale Weise.
Mit dem Mut einer jungen Mutter recherchert Thiberge auf eigene Faust und findet heraus, dass der Unfall keineswegs ein tragischer Zufall sein musste. Parapsychologie - gibt es das? Und kann sie tatsächlich einen lebensgefährtlichen Unfall herbeizwingen? An Lucien muss etwas besonderes dran sein, konstatiert Thiberge. Und tatsächlich: Der kleine Junge kommt nicht aus Vietnam, auch nicht aus Südostasien - sondern aus der mongolischen Steppe. Von dem kleinen Volk der Tsewenen, das schon so gut wie ausgerottet galt. Damit nicht genug: Lucien soll ein "Wächter" sein, ein Kleinkind ausgestattet mit übersinnlichen Fähigkeiten...
Je tiefer die junge Mutter forscht, desto mehr Leichen pflastern ihren Weg. Auch sie selbst gerät in Gefahr, kann einer hochtechnisierten Killergruppe nur knappstens entkommen. Das gelingt ihrem einzigen Vertrauten in dieser verzwickten Sache, Inspector Patrick Langlois nicht, den sie tot an seinem Schreibtisch im Büro auffindet.
Verfolgt, verwirrt und gehetzt will Thiberge nun endlich an die Wurzeln des Rätsels um Lucien. Und in Moskau beginnt sie zu verstehen: Es dreht sich alles um ein Tokamak, ein riesiger Atommeiler für Kernfusion, den "steinernen Kreis", in dem es 1972 einen enormen Störfall gegeben hat und große Teile des mongolischen Flachlands radioaktiv verseucht worden ist. Außerdem besagen Gerüchte, dass dort Tsewenen Opfer parapsychologischer Experimente geworden sind. Doch Thiberge ist nicht die einzige, die sich auf den Weg in die mongolische Steppe macht.
Bis dahin hat man dann gut und gerne 300 Seiten gelesen, ja gerade zu verschlungen. Wie die Protagonistin treibt es auch den Leser wie ein wildes Tier nach vorne. Das kann Grangé, zweifellos. Ein Meister des Thrillers. Je weniger es sich ausmalen lässt, was wirklich hinter dieser brutalen Story gemischt mit Parapsychologie steckt, desto spannender ist "Der steinerne Kreis".
Doch, und das ist das traurige an Grangés neuestem Werk: Dort, wo der Leser die Antworten auf seine Fragen erhält und Protagonistin Diane Thieberge dem Rätsel ihres Adoptivkindes auf die Spur (und damit in die Mongolei) kommt, zerplatzt diese riesige Blase aus parapsycholigischen Ereignissen, sowjet-russischer Spitzel und ostasiatischer Mythologie. Originell, diese Verknüpfung? Nein, unbefriedigend ist das. Irgendwie wirkt das Ganze dann völlig übertrieben, zu skurril, wie aufgezogen und nicht mehr anzuhalten. Und der Schluss - Action. Pure Action, die nicht mehr nachvollziehbar ist.
War die Auflösung in Der Flug der Störche als abartig kranke Phantasie noch annehmbar, in Die purpurnen Flüsse schon so verworren, dass der Leser lieber nicht darüber nachdachte und sich einer hervorragenden und spannenden Handlung erfreute, ist sie in "Der Steinerne Kreis" eine Zumutung. Sie ist Humbug. Schmarrn. Stuss. Ein Griff völlig daneben, der jeden Leser, der von einem Thriller wenigstens eine halbswegs logisch nachvollziehbare Auflösung erwartet, aufs tiefste beleidigt. 300 Seiten hochklassiger Thriller, 80 Seiten Fantasy-Wahnwitz. Irgendwie wird man das Gefühl auch nicht los, dass Grangés tatsächliche Reise in die Mongolei ihm nicht wirklich gut bekommen ist. Aller guten Dinge drei - nicht so bei Jean-Christophe Grangés drittem Thriller.
Jean-Christophe Grangé, Ehrenwirth
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