Ostfriesenfeuer
- Fischer
- Erschienen: Januar 2014
- 40
- Frankfurt am Main: Fischer, 2014, Seiten: 528, Originalsprache
Feuer unter Ruperts Arsch
Ende gut, alles gut?
Da Klaus-Peter Wolf im Vorgängerband Ostfriesenmoor die Hochzeit von Hauptfigur Ann Kathrin Klaasen und ihrem Arbeitskollegen Frank Weller bereits ankündigte, konnte man davon ausgehen können, dass es so kommt. Eigentlich ein wunderbarer Schlusspunkt für eine der erfolgreichsten Krimiserien aus deutscher Feder der letzten Dekade.
Das Weiterschreiben seiner Ostfriesen-Krimis wurde von seinen Fans – wie sie Künstler aus der Literaturbranche eigentlich nicht kennen! - vehement eingefordert. Und weil der erfahrene Schriftsteller Wolf es nur zu gut weiß, dass Leser Leser sind und nicht nur reine Käufer, legt er mit Ostfriesenfeuer den achten Band der Ann Kathrin Klaasen Reihe nach.
Kleine Randbemerkung, bevor wir zur Tat schreiten: Vom Schreiberling dieser Zeilen ist in Ostfriesenfeuer ein Nachwort abgedruckt, weswegen er nicht gänzlich unbeteiligt an diesem Roman ist. Insofern wird an dieser Stelle auf eine Wertung, große Lobhudelei oder auch vielleicht übermäßige Kritik, größtenteils verzichtet.
Worum geht's?
Wie eingangs erwähnt, hat die Protagonistin der Reihe, Ann Kathrin Klaasen, Kriminalkommissarin bei der Kripo Aurich mit Wohnsitz in Norden, ihren Kollegen und Untergebenen Frank Weller geheiratet. Eigentlich wollen die beiden in wohlverdiente Flitterwochen aufbrechen, doch dann: eine Leiche im Osterfeuer am Norddeicher Strand. Pustekuchen mit der so sehr herbeigesehnten Auszeit für die Hauptakteure, denn es soll nicht bei dieser einen Leiche bleiben. Kurze Zeit später wird auf der ostfriesischen Insel Norderney eine weitere Tote gefunden – ähnlich zur Schau gestellt wie in Norddeich, dieses Mal aber unter einer Kinderhüpfburg. Ann Kathrin Klaasen hat es mit dem nächsten Serienkiller im beschaulichen Ostfriesland zu tun.
In meinem Nachwort zu Ostfriesenfeuer gehe ich auf die Begriffe plot-driven und character-driven ein, die dabei helfen sollen den Erfolg Klaus-Peter Wolfs zu erklären. Plot-driven bedeutet, dass der Roman vor allem von seiner Handlung lebt, character-driven hingegen von seinen Figuren. Letzteres habe ich dem Autor als Merkmal seiner SPIEGEL-Bestseller Reihe bereits vor über einem Jahr attestiert. Und in der Tat ist dies auch bei Ostfriesenfeuer der Fall. Die Story lebt von den Figuren, wobei Klaus-Peter Wolf die Klippe des Spannungsabfalls durch die Hochzeit von Klaasen und Weller zu Beginn des Romans umschifft, indem er Weller zum Statisten im vorliegenden Teil der Serie degradiert und Ann Kathrin einfach ihren Job machen lässt.
Die einzige Figur seines Ostfriesen-Ensembles, die mehr Raum bekommt, als ihr bisher zustand, ist Kripo-Depp Rupert. Der dösbattelt sich wie gewohnt durch aufreibende Nickeligkeiten zwischen Kollegen und Ehefrau, schießt auf eine Kaffeemaschine, signiert Brüste auf Mallorca und wird zur tragischen Figur, weil sich sein Sechser im Lotto aufgrund eines technischen Fehlers nicht als der wahre Hauptgewinn herausstellt.
Überzogen?
Ja, das ist es und vorrangig eine Reminiszenz an seine Leserschaft, die Rupert zu einer Kultfigur erhoben hat. Diese Rupert-Kapitel liest man mit einem netten Schmunzeln, sie tragen aber letztendlich wenig zur eigentlichen Story bei. Da auch die anderen Figuren charakterlich keinen großen Fortschritt erleben (Ausnahme: Chef Ubbo Heide), tendiert Klaus-Peter Wolf in Ostfriesenfeuer dazu, den Roman dann doch plot-driven zu gestalten. Es passiert sehr viel und das geografisch verteilt durch den kompletten Norden Deutschlands. Nehmen wir also zum Beispiel die erwähnten Passagen um Rupert heraus, gelingt Wolf ein durchaus spannender wie psychologisch glaubhafter Thriller, ein Page-Turner.
Die Überbetonung des Ostfriesischen kann an einigen Stellen hingegen durchaus nerven – so hat sogar Kleidung das "Blau des ostfriesischen Himmels" -, aber das wird dem großen wie treuen Publikum nicht als Passus auffallen. Denn unterm Strich bleibt Ostfriesenfeuer genau das, was sich Wolfs Leserinnen und Leser von ihm wünschen: Ein detailgenauer, routiniert wie nachvollziehbarer Spannungsroman, der viele auf den neunten Band der Reihe sehnsüchtig warten lassen wird und der die Balance zwischen Thrill und Slapstick gekonnt hält. Obwohl der achte Band zu den besseren der Reihe gehört, sei "Nicht-Wölflingen" dennoch zu einem Einstieg mit dem ersten Band Ostfriesenkiller geraten.
Klaus-Peter Wolf, Fischer
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