Inselgrab
- Piper
- Erschienen: Januar 2014
- 5
- Stockholm: Wahlström & Widstrand, 2013, Titel: 'Rörgast', Seiten: 455, Originalsprache
- München: Piper, 2014, Seiten: 456, Übersetzt: Kerstin Schöps & Susanne Dahmann
Theorin vollendet sein Öland-Quartett.
Mittsommer bedeutet Hochsaison auf der Insel Öland, die von Gästen überrannt wird. Hiervon profitiert vor allem das Ferienparadies Ölandic Resorts, das der Familie Kloss gehört. Zu ihr gehört der dreizehnjährige Spross Jonas, der eines Abends mit seinem Schlauchboot in den Sund hinausfährt, wo ihm plötzlich ein großes Schiff begegnet. Sein eigenes Boot geht unter und nur mit Mühe kann er auf das fremde Schiff klettern, wo er in einen Alptraum gerät. Die Besatzung ist tot und ein Mann geht mit einer Axt auf ihn los. Gerade noch kann er sein Leben retten und ans Ufer schwimmen, wo er bei dem Nachbar Gerlof Davidsson Zuflucht findet.
"Zumachen. Schließen Sie die Tür ab! Die verfolgen mich."
"Wer denn?"
"Die Toten. Vom Schiff."
Gerlof ist irritiert über die klopfenden Geräusche an seiner Tür, muss er doch oft an einen jahrzehntelang zurückliegenden Vorfall denken. 1930 wurde Edvard Kloss beerdigt. Gerlof war damals aus Aushilfstotengräber dabei als plötzlich aus dem bereits in die Erde gelassenen Sarg Klopfgeräusche kamen. Der Sarg wurde geborgen und geöffnet, aber der Arzt konnte erneut nur den Tod Edvards feststellen.
Jetzt, fast sieben Jahrzehnte später, gerät das Leben der Familie Kloss aus den Fugen und Gerlof erkennt, dass jemand eine sehr alte Rechnung zu begleichen hat. Jemand, der in seinem Leben schon zu viel Gewalt erlebt hat...
Ein bisschen Familien-Saga, russische Zeitgeschichte und zahlreiche Morde.
Nach Öland, Nebelsturm und Blutstein beendet Johan Theorin sein sogenanntes Öland-Quartett mit dem vorliegenden Inselgrab auf beeindruckende Weise. Zunächst geht es noch gemächlich zu wie schon bei den Vorgängern, in denen oftmals die Natur die Hauptrolle übernahm (so die Große Alvar in Nebelsturm). Nach und nach zieht Theorin das Tempo an und so gibt es in Inselgrab mehr Leichen als in den drei vorherigen Romanen zusammen. Dies liegt allerdings auch an dem Lebensweg von Aron Fredh, der als kleiner Junge bei der eingangs erwähnten Beerdigung im Jahr 1930 dabei war. Aron war ein Nachbar der Kloss und fuhr mit seinem Stiefvater Sven in das "neue Land", wo er als Sheriff Geld verdienen und schnell wieder zu seiner Mutter zurückkehren wollte. Doch Sven ist ein glühender Sozialist und so führt die beiden Männer ihr Schicksal nicht über den Atlantik, sondern in die Sowjetunion, wo ein neuer Arbeiterstaat aufgebaut werden soll.
Ein 84-jähriger Protagonist stielt allen die Schau.
Aron und Sven geraten in den totalitären Überwachungsstaat, in dem schon bald die Jagd nach Ausländern und Systemgegnern eröffnet wird. Ein Vorgeschmack auf die folgenden Ereignisse im Dritten Reich. Stalin und der Gulag werden zu prägenden Erlebnissen und nehmen einen umfangreichen Teil der Erzählung ein.
Die aktuellen Geschehnisse werden immer wieder aus wechselnden Perspektiven dargestellt, wobei der Leser meist weiß, wer gerade was macht. Die Frage ist also nicht, wer sich hier auf Rachetour befindet, sondern wo die Ursachen darin liegen? Nach und nach werden die Geheimnisse der Familie Kloss (und viele andere) wie beim Häuten einer Zwiebel offen gelegt. Dies ist dank der erzählerischen Kraft des Johan Theorin ein mitreißendes Erlebnis. Was geschah mit Aron und Sven in der Sowjetunion? Warum sein Hass auf die Familie Kloss? Wie kam es zu den seltsamen Klopfgeräuschen 1930? Kann Gerlof, inzwischen 84 Jahre alt, die Eskalation der Gewalt verhindern und wer wird am Ende überleben? Gerade die sympathische Figur des Protagonisten Gerlof macht Inselgrab – wie schon seine Vorgänger – zu einem großartigen Erlebnis; hier kombiniert mit einigen Einblicken in die russische Zeitgeschichte.
Inselgrab ist ein würdiger Abschluss des Öland-Quartetts, welches zu den Highlights skandinavischer Krimiliteratur gezählt werden darf. In zarten Anspielungen gibt es kleine Rückblenden zu den ersten drei Romanen der Serie und so empfiehlt es sich unbedingt, die oben bereits erwähnte Reihenfolge einzuhalten. An der Börse würde man sagen: Ein klarer Kauf!
Johan Theorin, Piper
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