In manchen Nächten
- btb
- Erschienen: Januar 2013
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- Oslo: Forl. Press, 2011, Titel: 'Den døde i Barentsburg', Seiten: 293, Originalsprache
- München: btb, 2013, Seiten: 349, Übersetzt: Ulrich Sonnenberg
Zäh und anstrengend
In manchen Nächten von Monica Kristensen erzählt davon, wie der Kommissar Knut Fjield in die russische Enklave Barentsburg auf Spitzbergen geschickt wird, um die Formalitäten eines tödlichen Arbeitsunfalls im dortigen Bergwerk abzuwickeln. Schon nach kurzer Betrachtung der Szenerie ist er sich allerdings sicher, dass es sich nicht um einen Arbeitsunfall, sondern um Mord handelt. Soweit der Hintergrund des Romans.
Trotz eines interessanten und sicherlich auch ausbaufähigen Hintergrundes schafft es die Autorin allerdings nicht den Leser zu fesseln. Nach Vorstellung aller beteiligten Charaktere ist leider nur allzu schnell klar, welches Motiv der Tat zugrunde liegt und auch der Täter ist schnell gefunden. Komplexe und mitreißende Handlung – Fehlanzeige.
Dabei beginnt die Erzählung durchaus spannend: Das erste Kapitel, in dem das heimliche Treffen eines Liebespaares geschildert wird, macht zunächst durchaus Lust auf die Geschichte. Die folgenden Kapitel jedoch haben inhaltlich nichts mehr mit dem ersten Kapitel zu tun, so dass ein verwirrter Leser zurückbleibt, der sich fragt, was das soll.
Dieser Trend setzt sich leider im ganzen Verlauf des Buches fort: Personen werden eingeführt, mit denen nichts anzufangen ist. Ebenso wird ein Nebenplot über Fangquoten manipulierende Fischerei aufgebaut, der erst am Ende des Buches und dort auch nur hölzern mit dem Hauptplot verwoben wird. Es werden Situationen geschaffen, die so aussehen, als hätten sie etwas mit der Handlung zu tun und Fragen aufgeworfen, die im Folgenden ausnahmslos ignoriert werden. Es wird dem Leser Komplexität vorgegaukelt, obwohl alles bereits nach wenigen Seiten so klar ist.
Der gesamten Handlung fehlt es an wichtigen Details, den Charakteren an nötigen persönlichen Hintergründen – ohne diese bleiben sie hölzern, starr, ausdruckslos und beziehen den Leser so gar nicht mit in die Handlung ein. Auch der unvermeidliche Versuch, durch die pikante Liason des Ermittlers mit der Witwe des Opfers etwas Würze in die Geschichte zu bringen, ändert daran nichts. Das führt leider unweigerlich dazu, dass die Geschichte flach und oberflächlich bleibt. Die Folge hiervon: Der Leser kann zwar sehr gut nachvollziehen, wie sich Knut Fjield bei seinen Ermittlungen fühlen muss, die nur sehr schleppend vorankommen, da sich alle Einwohner von Barentsburg dafür entschieden haben, zu schweigen, in die Handlung findet er trotzdem nicht leichter. Im letzten Viertel des Buches erfährt der Leser einige wenige Details und auch der Zusammenhang mit dem ersten Kapitel wird (endlich) erläutert. Kurz flammt die Hoffnung auf, dass endlich etwas passiert. Diese Hoffnung erlischt jedoch genauso schnell, wie sie aufgekommen ist.
Insgesamt ist die zugrunde liegende Idee zwar gut, jedoch nur mäßig umgesetzt. Die Story ist nicht homogen, die Figuren sind oberflächlich und zu klärende Fragen werden ignoriert oder hanebüchen erklärt. Das Lesen gestaltet sich daher zäh und anstrengend.
Für den hartnäckigen, buchverschlingenden Krimijunkie möglicherweise ok, für gemütliche Abende auf der (Krimi-) Couch leider nicht zu empfehlen.
Monica Kristensen, btb
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