Totenblick

  • Droemer Knaur
  • Erschienen: Januar 2013
  • 3
  • München: Droemer Knaur, 2013, Seiten: 528, Originalsprache
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Andreas Kurth
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2013

Der Meister der Phantastik im fremden Revier

Der Leipziger Kriminalhauptkommissar Peter Rhode und seine junge Kollegin Anke Schwedt werden an einen ungewöhnlichen Tatort gerufen. In einem alten Haus wurde eine Leiche geradezu künstlerisch drapiert. Ein Raum wurde eigens dafür restauriert, der Tote sitzt in einer Badewanne. Sein abgetrennter Kopf wurde vom Mörder mit Klebeband wieder fixiert, die Augen weit aufgerissen. Bei dem Mord wurde offenbar das Gemälde "Der Tod des Marat" von Jacques-Louis David nachgestellt. Es gibt merkwürdig formulierte Hinweise, und eine nachhaltige Warnung vor dem "Totenblick". DNA-Spuren finden die Ermittler nicht, nur diesen Verweis auf einen alten Aberglauben. Der Tote ist Armin Wolke, Sohn eines Leipziger Intendanten. Der Prominente nutzt seinen Status, um Druck auf die Ermittlungen auszuüben. Zusätzliche Verwirrung kommt auf, als die Polizisten, die Armin Wolke gefunden haben, unter merkwürdigen Umständen ums Leben kommen. Der "Bildermörder", wie der Killer nach den nächsten, ebenfalls inszenierten Morden genannt wird, hält die Polizei in Atem – ohne dass ihm die Ermittler näher kommen. Der Druck auf die Ermittler nimmt weiter zu, und es gibt noch etliches zu bewältigen, bis es zum dramatischen Finale kommt.

Totenblick ist der erste Thriller von Markus Heitz. Der siebenfache Gewinner des Deutschen Phantastik-Preises berichtet in seinem Nachwort, dass er schon lange Pläne für einen solchen Roman hatte, und die besondere Jubiläumsreihe des Knaur-Verlags bot ihm jetzt die Gelegenheit dazu. Wer seine High-Fantasy-Bücher und insbesondere seine Werke aus der Urban Fantasy kennt, findet hier den überaus dynamischen und fesselnden Schreibstil des Autors wieder. Bei Heitz gibt es keinen langen Vorlauf, er legt gleich mit Action und Spannung los. Wer erstmals ein Buch von Markus Heitz in der Hand hält, wird sich unter Umständen an seine überraschenden Wendungen und Finten für die Ermittler gewöhnen müssen.

Der Autor ist dafür bekannt, dass er seine Bücher von Anfang bis Ende konsequent durchplant, bevor er zu schreiben beginnt. Seine Detailverliebtheit führt auch bei diesem Roman dazu, dass man Lese-Kino vom Feinsten erlebt. Dabei gibt Heitz dem Bildermörder viel Raum, lässt diesen brutalen und zwanghaften Serien-Killer ausführlich zu Wort kommen und dem Leser seine Motive und Vorgehensweisen erklären. Daneben wechselt der Autor häufig die Perspektive, blickt vielen Protagonisten über die Schulter. Das reichlich bestückte Personal-Tableau ist ein Markenzeichen von Markus Heitz. Das muss nicht immer gut sein, auch in Totenblick übertreibt er es etwas – aber die Spannung leidet nicht darunter, also ist es eine verzeihliche Sünde.

Die Hauptfigur des Buches überstrahlt allerdings alle weiteren Protagonisten. Ares Löwenstein –der Name ist schon Programm –arbeitet als eine Art freischwebender Ermittler aus privaten Motiven an dem Fall mit, und er ist eine typische Heitz-Figur. Ambivalent in Verhalten und Persönlichkeit, Motorrad-Fan, Sport-Nerd, dunkle Stellen in der Vergangenheit und einiges mehr. Und wenn sich Markus Heitz dann richtig warm geschrieben hat, wird es immer schlimmer, brutaler und ausschweifender – ein oder zwei Tote reichen da auf keinen Fall. Das muss man nicht mögen, aber wer den Stil und den erzählerischen Aufbau des Autors in seinen Fantasy-Werken schätzen gelernt hat, wird auch von diesem Thriller begeistert sein. Die Kehrseite ist, dass man mit dem Buch durchaus Probleme haben könnte, wenn man bisher noch nichts von Markus Heitz gelesen hat. Insofern bin ich auf die Reaktionen der Leser wirklich mal gespannt. Aber auch wer den Autor bisher nicht kennt, sollte sich ruhig auf dieses Buch einlassen – es könnte eine angenehme Überraschung werden. Ich bin vor allem gespannt, ob Heitz das Genre so viel Spaß macht, dass er weitere Thriller folgen lässt. Es wäre keine schlechte Idee des Großmeisters der Fantasy.

Totenblick

Markus Heitz, Droemer Knaur

Totenblick

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